Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
Vom Netzwerk:
diesmal vorsätzlich und schalkhaft. »Also sind Sie William Boot«, sagte sie. »Völlig ahnungslos im Kriegsgebiet der feinen Gesellschaft an der Riviera.«
    »Boot …« Bei der Erwähnung von Evelyn Waughs glückloser Romanfigur musste er zum ersten Mal an diesem Tag wirklich lächeln. »Vermutlich hätten Sie mit Recht etwas viel Schlimmeres sagen können.«
    Eine Frau betrat das Restaurant, einen knopfäugigen Hund an den üppigen Busen gedrückt. Sie ging mit matter Entschlossenheit zwischen den Tischen hindurch, als könne sie sich nicht erlauben, sich auf etwas anderes als ihr Ziel zu konzentrieren. Als sie sich nicht weit von ihnen an einen leeren Tisch setzte, seufzte sie erleichtert auf. Sie setzte den Hund auf den Boden, wo er mit eingezogenem Schwanz zitternd stehen blieb.
    »Also, Mrs Stirling …«
    »Jennifer.«
    »Jennifer. Erzählen Sie mir etwas über sich«, forderte er sie auf und beugte sich vor.
    »Sie sollen mir etwas erzählen. Vielmehr zeigen.«
    »Was?«
    »Dass Sie kein komplettes Arschloch sind. Wenn ich mich recht entsinne, haben Sie sich eine halbe Stunde gegeben.«
    »Ah. Und wie lange bleibt mir noch?«
    Sie schaute auf ihre Armbanduhr. »Ungefähr neun Minuten.«
    »Und wie habe ich mich bisher gemacht?«
    »Sie können unmöglich von mir erwarten, dass ich so schnell schon etwas verrate.«
    Dann schwiegen sie, er, weil er ausnahmsweise einmal nicht wusste, was er sagen sollte, sie, weil sie vielleicht ihre Wortwahl bereute. Anthony O’Hare dachte an die letzte Frau, mit der er etwas angefangen hatte, die Frau seines Zahnarztes, eine Rothaarige, deren Haut so durchsichtig war, dass er gezögert hatte, zu genau hinzusehen, um nicht am Ende wahrzunehmen, was darunter lag. Die lang anhaltende Gleichgültigkeit ihres Mannes hatte sie fertig gemacht. Anthony hatte fast vermutet, dass ihre Empfänglichkeit für seine Avancen wohl eher ein Racheakt als alles andere gewesen war.
    »Was machen Sie so den ganzen Tag, Jennifer?«
    »Ich habe Angst, es Ihnen zu sagen.«
    Er zog eine Augenbraue hoch.
    »Ich mache so wenig, was einen Wert hat, dass ich befürchte, Sie würden es zutiefst missbilligen.« Die Art, wie sie es sagte, zeigte ihm, dass sie ganz und gar keine Angst hatte.
    »Sie führen zwei Häuser.«
    »Nein. Wir haben Teilzeitpersonal. Und in London kann Mrs Cordoza den Haushalt viel klüger führen als ich.«
    »Womit verbringen Sie denn nun Ihre Zeit?«
    »Ich gebe Cocktailpartys, Dinner. Ich verschönere Dinge. Ich bin schmückendes Beiwerk.«
    »Das machen Sie sehr gut.«
    »Oh, es spricht der Experte. Es ist fachliches Können, verstehen Sie.«
    Er hätte sie den ganzen Tag lang anschauen können. Wie ihre Oberlippe sich ein wenig nach oben drehte und die weiche Haut unter ihrer Nase berührte, hatte etwas. Dieser Teil des Gesichts hatte einen besonderen Namen, und er war sicher, wenn er nur lange genug hinsah, würde es ihm wieder einfallen.
    »Ich habe getan, wozu ich erzogen wurde. Ich habe mir einen reichen Mann geangelt und mache ihn glücklich.«
    Das Lächeln geriet ins Wanken. Ein Mann ohne seine Erfahrung hätte es vielleicht übersehen, ein leichtes Nachgeben um die Augen, der Verdacht auf etwas Komplizierteres, als die Oberfläche vermuten ließ.
    »Ich werde tatsächlich einen Drink zu mir nehmen«, sagte sie. »Würde es Ihnen sehr viel ausmachen?«
    »Sie sollen auf jeden Fall einen Drink bekommen. Ich werde ihn indirekt genießen.«
    »Indirekt«, wiederholte sie und gab dem Kellner ein Handzeichen. Sie bestellte einen Martini mit viel Eis.
    Ein Erholungsgetränk, dachte er: Sie war nicht darauf aus, etwas zu verbergen, sich dem Alkohol zu ergeben. Er war ein wenig enttäuscht. »Wenn es Ihnen damit besser geht«, sagte er leichthin, »ich kenne nichts anderes als Arbeit.«
    »Oh, das glaube ich«, erwiderte sie. »Männer finden es leichter zu arbeiten, als sich mit etwas anderem zu beschäftigen.«
    »Etwas anderem?«
    Kurzes Schweigen.
    »Der Unordnung des Alltags. Menschen, die sich nicht so verhalten, wie man es gern hätte, und etwas empfinden, das einem nicht recht ist. Bei der Arbeit kann man Ergebnisse erzielen, Herr über sein Reich sein. Die Leute tun, was man sagt.«
    »Nicht in meiner Welt.« Er lachte.
    »Aber Sie können eine Geschichte schreiben und sie am nächsten Tag so an den Zeitungskiosken sehen, wie Sie sie geschrieben haben. Erfüllt Sie das nicht mit großem Stolz?«
    »Das war einmal. Nach einer Weile lässt es nach. Ich glaube, ich habe

Weitere Kostenlose Bücher