Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
könnte und aufgrund der fremden Umgebung verwirrt und ängstlich reagieren könnte, dass du heute hier bei ihr schläfst. Ich würde unter anderen Umständen vorschlagen, dass ein Dienstmädchen bei ihr bleibt, aber das wäre selbstsüchtig von mir. Sie wird dich brauchen. Morgen früh werden wir auf die Suche nach einem Kindermädchen gehen.«
Wenn sie sich nicht schon Hals über Kopf in ihren manchmal so geheimnisvollen Mann verliebt hätte, wäre es in diesem Moment passiert.
Darum küsste sie ihn. Ihre Hände glitten an seiner Brust hinauf zu den Schultern, und kurz sah Julianne in seinen Augen ein Flackern. Er verstand, was sie wollte, und gehorsam senkte er den Kopf, um seinen Mund auf ihren zu legen.
»Ich glaube«, murmelte er, seine Lippen dicht an ihren, »ich sollte mich jetzt schleunigst zurückziehen. Sonst vergesse ich meine noblen Absichten.«
Julianne nickte und trat einen Schritt zurück. Er hatte natürlich recht; Chloe hatte schon genug ertragen, und Julianne war wenigstens ein vertrautes Gesicht an diesem fremden Ort. Aber sie würde es vermissen, in Michaels Bett zu schlafen.
Sie würde ihn vermissen. Seine Arme um ihren Körper, sein leises Atmen in der Dunkelheit und das warme, sichere Gefühl seines Körpers neben ihrem.
»Wenigstens hat er nicht richtig getroffen, Colonel.« Fitzhugh hatte für Michaels provisorischen Verband nur einen abschätzigen Blick übrig. Er wickelte ihn ab und warf das blutige Stück Stoff beiseite. »Offensichtlich braucht Euer Widersacher Nachhilfeunterricht für die Tücken eines Mordversuchs an einem windigen Nachmittag und bei strömendem Regen.«
»Ich würde es bevorzugen, wenn Sie ihm keine Tipps geben.«
»Eine weniger ritterliche Zurschaustellung wäre auch angebracht gewesen. Ich bezweifle, dass es Eurer Genesung zuträglich war, die Marchioness die Treppe hinaufzutragen.«
»Es ist nur ein Kratzer«, murmelte Michael. Ohne Hemd saß er auf einem Stuhl in seinem Gemach. Er wusste, dass Julianne auf der anderen Seite der Verbindungstür zwischen ihren Schlafzimmern schlief. »Ich hätte den Mistkerl verfolgen sollen. Aber die Gefahr eines Hinterhalts war zu groß. Ich konnte ihn genauso wenig sehen wie er mich, um gut auf mich zielen zu können.«
»Ah, wir werden vorsichtig, kann das sein?«
»Habe ich denn eine Wahl? Abgesehen von meinen Eltern habe ich eine Frau, und offenbar habe ich heute auch ein Kind geerbt. Julianne hat mir gesagt, sie sei Ihnen dankbar für Ihr beherztes Eingreifen zur rechten Zeit. Das bin ich übrigens auch.«
Sein Diener zuckte bloß mit den Schultern und verband die tiefe Wunde neu. »Ich war nicht sicher, ob ich mich zeigen sollte. Aber Lady Longhaven war eindeutig sehr aufgeregt. Es schien mir daher das Beste, aus dem Schatten zu treten und ihr meine Hilfe anzubieten.«
»Ich werde ihr eine Erklärung liefern müssen, sowohl hierfür«, Michael zeigte auf seinen Arm, »als auch dafür, wieso Sie dort aufgetaucht sind. Sie war heute Abend zu müde und abgelenkt, um mich zu fragen. Aber allmählich kenne ich sie besser, und ich bin sicher, sie wird das Thema nicht ewig ruhen lassen.«
»Sie ist ein tapferes Mädchen.«
Es war nicht gerade einfach, sich Fitzhughs Ansehen zu verdienen, weshalb das eindeutig ein Kompliment war. Michael hob die Brauen. »Ah! Wie ich sehe, hat Julianne einen neuen Bewunderer.«
»Ihre Ladyschaft hat mir nach und nach die ganze Geschichte erzählt, als wir in einem Gasthaus mit eher fragwürdigem Ruf saßen und das kleine Mädchen aß. Schien die erste anständige Mahlzeit seit einiger Zeit für sie zu sein. Ich glaube übrigens nicht, dass Lady Longhaven unter normalen Umständen zu dieser Vertrautheit neigen würde. Sie war aufgeregt und hatte Angst, wie man sie hier wohl aufnehmen würde, wenn sie mit dem Kind heimkommt.« Fitzhugh zog die Brauen zusammen. »Ich mag es, wenn eine Frau Mitgefühl zeigt. Es macht sie schön.«
»Meine Frau ist auch ohne Mitgefühl schön.«
»Ah, jetzt habt Ihr’s selbst gesagt, Sir. Ich dachte mir doch, dass Ihr das Mädel hin und wieder bemerkt. Aber eine innere Schönheit ist nicht dasselbe wie äußere Schönheit, wenn Ihr mich fragt.«
»Jetzt sprechen Sie schon wieder mit diesem irischen Akzent.« Michael lächelte zynisch. »Sie machen das übrigens nur, wenn Sie mich ärgern wollen.«
Sein Leibdiener entgegnete nichts.
»Sie hat damit nur meine Mutter und meinen Vater geschützt.«
»Den Eindruck hab ich auch, Col…
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