Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
Schauspielerin.
Fassungslosigkeit beschrieb nicht annähernd, was Julianne empfand.
Der Duke wandte sich an Julianne. Er lächelte leise. »Du hast schon jetzt mehr als genug für unsere Familie getan, meine Liebe. Ich werde mich um diese unangenehme Sache kümmern.«
Damit war Julianne im Grunde aus der Verantwortung entlassen. Sie war so bestürzt über die neuesten Entwicklungen, dass sie einfach nur froh war, sich dem in diesen Worten mitschwingenden Befehl zu unterwerfen.
Welches Motiv kann denn jemand haben, sich als junges, verarmtes Schankmädchen auszugeben? ,fragte sie sich, als sie den Raum verließ. Ein Schankmädchen, das zudem ein uneheliches Kind zur Welt gebracht hat?
Kapitel 22
Der Pub Hare and Bottle war alles andere als ein angesehenes Gasthaus, aber es gehörte auch nicht zu den finstersten Spelunken, die diese Stadt zu bieten hatte. In einen abgetragenen Mantel gehüllt und mit seinen ältesten und dreckigsten Stiefeln an den Füßen stieg Michael aus der Mietdroschke. Die Krawatte hatte er schon im Innern der Kutsche abgelegt. Nun betrat er das Gebäude. Im Schankraum war die Hälfte der Tische besetzt, und der Wirt servierte den ziemlich stillen Kerlen selbst das Bier. Über den Tischen hing eine Rauchwolke, die von einem offenen Kamin ausging.
Im Grunde bezweifelte er, dass er irgendetwas Nützliches herausfinden konnte. Doch man konnte nie wissen. Zum Teil bestand seine Arbeit aus ermüdender Routine. Seit dem zweiten Angriff hatte er sich immer wieder mit Informanten getroffen, ohne etwas in Erfahrung bringen zu können.
Natürlich hatte er nach Roget Ausschau gehalten, aber inzwischen vermutete er, die ganze Zeit die falschen Fragen gestellt zu haben. Er hatte sich auf den falschen Gegner eingeschossen.
Michael entschied sich für einen Stuhl in einer Ecke. Als der Wirt zu ihm trat, sagte er lapidar: »Ich nehme einen Humpen. Aber eigentlich bin ich hier, weil ich einen Ratschlag brauche.«
Der Besitzer des Gasthauses war ein stämmiger Mann mit buschigem Vollbart und tief liegenden Augen, die ihn scharf beobachteten. Jetzt runzelte er die Stirn. »Das Bier kann ich bringen. Was aber den Ratschlag betrifft …«
»Ich habe gehört, wenn ich jemanden suche, der mir einen ganz bestimmten Gefallen tut, solle ich hierherkommen«, unterbrach Michael ihn sanft. »Sie wissen schon, was ich meine.«
»Da sollten Sie sich nicht so sicher sein«, erwiderte der Mann unverblümt. »Ich hol Ihnen das Bier.«
Dieses Spiel war Michael vertraut, deshalb lehnte er sich entspannt zurück und musterte die anderen Anwesenden. Er wartete. Vertrauen war schwer zu erwerben, und das wusste er vor allem deshalb, weil er es nicht zu leichtfertig verschenkte.
Als der Gastwirt zurückkam, stützte er sich, nachdem er den Krug abgesetzt hatte, auf den abgenutzten Tisch. »Was wollen Sie?«
»Wir haben einen gemeinsamen Freund. Sein Name lautet Everett.«
»Kenne ihn.« Obwohl der Wirt bestätigend nickte, beobachtete er Michael misstrauisch.
»Und ich weiß, welche Dienste er anbietet.« Michael nahm einen Schluck Bier, um den passenden Moment abzuwarten. »Ich will wissen, ob Sie gesehen haben, wie er sich hier kürzlich mit einer Frau traf. Man sagte mir, sie hat flammend rotes Haar.«
»Und wieso sollte ich mich daran erinnern?« Eine fleischige Faust ruhte auf dem Tisch.
»Weil das hier Ihr Laden ist«, sagte Michael eindringlich. »Ich wette, Ihr bemerkt fast alles, was hier vorgeht.«
Darauf antwortete der Wirt mit einem grimmigen Nicken.
»Everett?«, hakte Michael nach.
»Ein windiger Kerl, der’s nicht wert ist, ihn für seine Dienste zu bezahlen.«
»Was wissen Sie über die Frau? Ich zahle mit klingender Münze, aber das Geld gibt’s nur, wenn mir Ihre Informationen nützlich erscheinen.« Während seiner jahrelangen Karriere hatte Michael viele verschiedene Befragungen durchgeführt. Diese hier schien eine von der direkten, unverblümten Sorte zu sein.
Der Besitzer des Pubssah kurz so aus, als wollte er es ablehnen, sich bezahlen zu lassen. Aber dann wies er mit dem Kopf zu einer Tür. »Ich hab da eine zweite Stube, die leer ist.«
Ich gebe das nur ungern zu, aber ich muss Lawrence ziemlich dankbar sein ,dachte Michael. Er stand auf und nahm das nicht gerade besonders ansprechende Bier mit, als er dem Mann durch die Tür folgte.
Eine Viertelstunde später verließ er die Stube. Jetzt hatte er wenigstens ein paar Informationshäppchen, die für ihn hilfreich sein könnten.
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