Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
Wangen, und sie gab einen erstickten Laut von sich, als sie bemerkte, dass sie unter den feinen Bettlaken noch immer vollständig nackt war. Ihr Nachthemd lag neben dem Bett, ihr Morgenmantel noch unter dem Fenster, wo Michael gestanden hatte, als sie das Gemach betrat.
Während sie sich aufrichtete, sog sie zischend Luft ein, denn ein unangenehmer Schmerz schoss durch ihren Körper. Kein Zweifel: Sie war zwischen den Beinen empfindlich, und sie konnte eine klebrige Nässe an der Innenseite ihrer Schenkel spüren. Behutsam lehnte sie sich gegen die weichen Kissen. Auf dem Sims des offenen Kamins stand eine Kaminuhr, die in einem gleichmäßigen Rhythmus tickte. Ansonsten war es vollkommen ruhig.
Julianne musste feststellen, wie merkwürdig es sich anfühlte, im Bett eines Mannes aufzuwachen, den sie kaum kannte. Es war ja nicht so, als hätte sie nicht schon in dem Augenblick, da sie den Mittelgang der Kathedrale entlangschritt und ihre Hand vertrauensvoll in seine legte, begriffen, dass sie sich für jetzt und alle Ewigkeit an ihn band und sich ihr Leben unwiderruflich und grundlegend änderte. Aber es zu wissen und es dann tatsächlich zu erleben, waren zwei völlig unterschiedliche Dinge.
Auf der einen Seite, überlegte sie und starrte nachdenklich auf die Stelle, wo die Sonne versuchte, zwischen den Vorhängen hindurchzublinzeln, war ihre Hochzeitsnacht nicht so verlaufen, wie sie es sich ausgemalt hatte. Michael hatte sie mit einer gewissen Vorsicht berührt, wenngleich seine Berührungen äußerst skandalös waren. Aber sie musste sich eingestehen, dass es ihr rückblickend ein wenig peinlich war, wie schamlos sie sich diesen ungehörigen Berührungen hingegeben hatte. Das brachte sie wieder zu dem Problem, wie wenig sie im Grunde über ihn gewusst hatte, ehe er sie zum ersten Mal in die Arme nahm und sie küsste. Sie hätte ihn jedenfalls nicht für einen rücksichtsvollen Mann gehalten.
Julianne runzelte die Stirn. Nun, das war auch nicht ganz richtig. Sie konnte sich kaum vorstellen, wie er rücksichtslos war, denn er verhielt sich ihr gegenüber stets höflich und bewahrte Haltung, ohne steif zu wirken. Um seine Mutter war er stets besorgt, manchmal war er sogar regelrecht charmant zu ihr. Aber diese Respekt einflößende Aura eines Mannes, der sich immer unter Kontrolle hatte, war ohne Zweifel da.
Sogar in dem Augenblick, da sie spürte, wie er sich in ihr ergoss, hatte sie zugleich gespürt, wie sehr es ihm widerstrebte, auch nur eine Sekunde die Kontrolle über seinen eigenen Körper zu verlieren.
Sie hatte schon vor der Hochzeit vermutet, dass er ein komplizierter Mann war, und nun hatte er so manche Facette zu diesem Bild hinzugefügt, das sie sich von ihm machte und das sie doch immer wieder revidieren musste.
»Wie ich sehe, bist du schon wach. Möchtest du, dass ich nach deiner Zofe klingele?«
Da sie nicht gehört hatte, wie er die Tür öffnete, fuhr sie überrascht herum. Michael trug Reitkleidung – einen Mantel, ein weißes Hemd ohne Krawatte, dazu eine braune Reithose und polierte Stiefel – und machte auf sie wieder den Eindruck, ihr sehr fern, rätselhaft und abweisend zu sein. Trotzdem war er unglaublich attraktiv. Diese zurückhaltende, aristokratische Haltung und dazu das dichte, kastanienbraune Haar und die bemerkenswerten Augen …
Der zärtliche Liebhaber von gestern Nacht war verschwunden. Julianne hüstelte und spürte, wie sie errötete. Es war ihr unmöglich, nicht zu erröten. »Ich gehe sofort in mein Gemach und werde dort nach ihr klingeln, Mylord.«
»Gerne. Bitte entschuldige mich.« Er betrachtete sie kühl.
Sie erwiderte den Blick. Verwirrt hielt sie das Bettlaken umklammert, als wäre es jetzt noch wichtig, ihren Körper vor ihm zu verbergen, nachdem sie bereits nackt unter ihm gelegen und lüstern gestöhnt hatte. Er hatte bereits alles von ihr gesehen, was es zu sehen gab, und trotzdem drückte sie das Laken mit einer geradezu verzweifelten Züchtigkeit gegen ihre Brust.
Ihm entging das nicht. Sein Blick blieb an ihren verkrampften Fingern hängen. Wenn es ihn allerdings amüsierte, zeigte er es nicht.
Knapp erklärte er: »Ich fürchte, vor mir liegt ein arbeitsreicher Tag. Ich glaube, meine Mutter hat heute ein spätes Mittagessen geplant, weil so viele Gäste im Haus sind. Wenn es mir möglich ist, werde ich mich euch dort anschließen.«
Wenn es ihm möglich ist? Waren sie nicht erst gestern vermählt worden?
Das war also alles? Sie fühlte sich so
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