Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
verführerischen Brüste, als sie tief durchatmete. »Wann war es denn jemals wichtig, was ich will. Sag mir, Lawrence, wann?«
Die bittere Verzweiflung in diesem letzten Wort stach wie ein Messer in sein Herz.
Er hatte keine Antwort für sie. Außer vielleicht die, dass ihr Wille jeden Augenblick zählte – für ihn. Das Leben hatte ihr ein brutales Schicksal zugedacht, aber wenn er darüber nachdachte, war es auch ihm nicht besonders hold gewesen. Sie waren aneinander gefesselt. Wenn sie bloß sehen konnte, wie sehr! Longhaven hatte sie nie so sehr gebraucht, wie sie es sich ersehnt hatte. Er hatte sie nie so gewollt, wie Lawrence sie wollte. Sanft erwiderte er daher: »Es klingt in der Tat nach einem vernünftigen Plan. Johnson folgt dem Marquess, und du behältst seine Marchioness im Auge. Vielleicht bemerken wir so, wenn sich erste Hinweise auf drohende Gefahr zeigen.«
»Roget hasst ihn.«
Manchmal hasste Lawrence ihn auch. Allerdings war das ein Hass, der auf persönliche Motive gründete. Longhaven dagegen bewunderte er in vielerlei Hinsicht, aber natürlich verabscheute er das, was er für Antonia bedeutete. »Dann soll er ihn doch hassen. Sie waren schließlich damals Erzfeinde, nicht wahr? Sie haben nicht nur einen Krieg ausgefochten, sondern es war auch ein Wettstreit zweier kluger Männer. So einen Kampf verliert niemand gerne, besonders nicht ein Mann wie Roget. Longhaven hat sich große Mühe gegeben, ihn auszuschalten.«
Antonia schlang plötzlich die Arme um ihren Leib, als wäre ihr kalt. »Wir waren so sicher, er sei endlich tot.«
»Vielleicht ist er das auch«, betonte Lawrence. Für ihn war Roget tot. Warum nur musste dieses Thema immer wieder hochkommen? »Jemand anderes könnte seinen Namen benutzen. Wir wissen doch nichts mit absoluter Sicherheit. Longhaven nutzt zweifellos jede ihm verfügbare Quelle, nachdem du ihm die abgefangene Nachricht ausgehändigt hast. Wenn sie von Roget stammt, wird der Marquess es herausfinden.«
»Er kann sich aber nun mal nicht länger mit voller Aufmerksamkeit diesen Dingen widmen«, beharrte Antonia stur. »Er muss die Rolle als Erbe eines Herzogtums spielen, und jetzt hat er auch noch eine Ehefrau, die er beruhigen muss. Wenn er sich zwischen all diesen Aufgaben zerreißt, könnte er stolpern. Ich möchte ihm doch nur helfen.«
»Wenn er dich braucht, wird er dich schon fragen, Antonia. Jeder Mann hat Grenzen, und er ist bestimmt nicht so von sich selbst eingenommen, dass er glaubt, er sei eine Ausnahme.« Noch während Lawrence versuchte, sie zu beruhigen, fragte er sich insgeheim, ob sie vielleicht recht hatte. Er kannte den Grund, warum Longhaven jetzt, da der Krieg vorbei war, nicht aus dem Geheimdienst ausgeschieden war. Wenn er die Verantwortung in andere Hände legte, würde das einen Teil des britischen Spionagenetzes nachhaltig schwächen, da vieles auf den persönlichen Kontakt ankam. Außerdem wusste Longhaven Details, die anderen verborgen blieben, und auch wenn er nicht länger in Spanien arbeitete, war er für den Kriegsminister von unschätzbarem Wert, da er die Berichte zu deuten wusste, die sie vermutlich regelmäßig bekamen. Er verstand den Gegner und dessen Taktik. Lawrence vermutete zudem, Longhaven zögere seinen Abschied heraus, denn dann bekäme er keine Informationen mehr, was hinter den Kulissen passierte, während Europa noch immer versuchte, sich von den Folgen dieses langen Konflikts zu erholen. Rogets Ergreifung war also nur ein Grund von vielen für seine Arbeit.
Michael Hepburn würde auch nach seinem Rückzug ins Privatleben ein Ziel der Franzosen bleiben, bis die Feindseligkeiten der beiden Länder beigelegt wären. Und es war im Grunde egal, ob er noch seinem König diente oder nur den eleganten Aristokraten spielte. Um sich selbst zu schützen, musste er wissen, was seine Feinde vorhatten – und er hatte viele Feinde. Um aber an dieses Wissen zu gelangen, durfte er seine Arbeit nicht aufgeben.
Er steckte in einer ziemlich verzwickten Lage.
Lawrence würde an seiner Stelle dasselbe tun. Im Grunde hatte er sogar dieselben Vorkehrungen getroffen. Er würde sich niemals gänzlich zur Ruhe setzen; es sei denn, er verließ England. »Ich habe dir bereits gesagt, ich wünschte, du würdest dich aus der Sache heraushalten. Aber das war wohl eine vergebliche Hoffnung meinerseits … Ich glaube, das Problem ist auch, dass man nach der Gefahr süchtig wird. Man gewöhnt sich daran. Ich vermisse nicht die Entbehrungen des
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