Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
Kriegs, sondern das Duell mit meinen Feinden. Ich vermute, du leidest an derselben Krankheit, meine Liebe.«
»Das stimmt«, gab sie zu. Ihr Blick verfinsterte sich. »Ich habe meine Schlachten noch nicht geschlagen.«
Er neigte den Kopf zur Seite und betrachtete Antonia. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. »Ich vermute, wenn du für die hübsche Marchioness Kindermädchen spielen willst, kann es nicht schaden. Wir sind schließlich brave, kleine Spione und werden es immer bleiben, nicht wahr? Kompliziert bleibt es allemal. Du wirst sie beobachten, ich lasse ihn beobachten, und er lässt sie sicher auch nicht allein losziehen. Und irgendwo da draußen ist noch jemand, der vermutlich hinter ihm her ist. Das ist doch höchst befriedigend, wenn man es kompliziert mag. Wenn man dann noch Roget mit einbezieht, der sich bisher geschickt einer Verhaftung entzogen hat, wird die Angelegenheit zunehmend interessant.«
Das war wirklich eine vertrackte Lage, und sie musste ihren Ärger unterdrücken und lieber überlegen, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte. Julianne blickte den Leibdiener ihres Ehemanns offen an und erwiderte mühsam beherrscht: »Ich habe meine Zofe, die mich begleitet, Fitzhugh. Mehr brauche ich nicht.«
»Seine Lordschaft hat allerdings ausdrücklich darauf bestanden, dass ich Euch sicher überall hin begleite, wo Ihr hingehen wollt, Mylady.«
In seiner Stimme schwang etwas Unerbittliches mit, und ihr wurde klar, dass er sich nicht umstimmen ließ. Er war einer von den Männern, deren Alter sie nur schwer zu schätzen vermochte. Das breite Gesicht war von der Sonne gebräunt, das ergraute Haar kräuselte sich. Die kerzengerade Haltung ließ vermuten, dass er stets auf der Hut war. Vor allem aber der schwere irische Akzent verriet ihr etwas über ihn – nämlich woher er stammte –, und ihre Zofe hatte letztens erwähnt, Fitzhugh habe in Spanien unter Michael gedient und nach dem Krieg beschlossen, mit ihm nach England zu gehen und seinen derzeitigen Dienst im Haushalt anzutreten.
»Das ist nicht nötig«, beharrte sie.
»Meine Befehle waren eindeutig. Ihr wollt doch nicht, dass ich gemaßregelt werde, weil ich meine Pflicht nicht erfüllt habe?« In den maßgeschneiderten Kleidern wirkte Fitzhugh adrett, doch konnte dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sie mit einem stechenden Blick maß. Sie standen vor Southbrook House in dem kreisrunden Vorhof.
»Natürlich nicht.«
»Dann werdet Ihr mir wohl gestatten, dass ich Euch begleite.«
»Ich … ich will doch nur eine Freundin besuchen«, sagte sie lahm. Zugleich überlegte sie bereits, wie sie das Problem umgehen konnte. »Das kann Stunden dauern.«
Er öffnete mit einer höflichen Verbeugung den Kutschenschlag. »Ich bin ein Meister der Geduld und werde warten. Wollen wir?«
Jetzt hatte sie also nicht nur ihre Zofe, sondern auch ihn dabei. Das war ein Problem. Julianne stieg trotzdem in die Kutsche und dachte fieberhaft nach. Was soll ich jetzt tun? Eigentlich sollte sie als verheiratete Frau mehr Freiheiten genießen und nicht weniger. Sie faltete die Hände im Schoß über ihrem Retikül und saß stocksteif da. Eine Möglichkeit wäre, ihren geplanten Besuch einfach ausfallen zu lassen. Aber das war keine gute Idee. Das ohnehin schon sehr anfällige Gleichgewicht der Situation könnte außer Kontrolle geraten, und sie gab sich große Mühe, damit genau das nicht passierte. Außerdem barg Fitzhughs Begleitschutz die Gefahr, ihre wahren Motive zu enthüllen.
Sie beschloss daher, am ursprünglichen Plan festzuhalten. In der Vergangenheit hatte es so schließlich auch funktioniert, und sie hoffte einfach, niemand werde etwas bemerken. Camille wäre vermutlich kein Problem gewesen, doch Fitzhugh war etwas anderes. Sie hatte den Eindruck, er sei ein sehr aufmerksamer Beobachter.
Sie kamen pünktlich bei Melanie an, und Julianne wurde sogleich in den Salon geführt. Ihre Freundin stand auf und trat ihr entgegen. Das hellbraune Haar hatte sie zu Locken gedreht, die ihr Gesicht umtanzten, und sie lächelte warm, ehe sie Julianne rasch an sich drückte. »Ich habe mich ja so auf dich gefreut! Warte, ich lasse uns Tee kommen.«
»Ich kann aber nicht lange bleiben«, gab Julianne zu.
Die hübsche und gutmütige Melanie wirkte enttäuscht, doch machte sie Julianne keine Vorwürfe. »Das Schlimmste ist wohl, dass wir uns jetzt noch seltener sehen. Jeder glaubt, wir verbringen Stunden miteinander, aber in Wahrheit …«
»Ich weiß.«
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