Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
etwas über Roget in Erfahrung bringt.« Lawrence stand auf, verbeugte sich knapp auf seine spöttische Art und verließ das Zimmer.
Michael blieb nachdenklich sitzen und versuchte, seine dringlichsten Aufgaben neu zu ordnen. Natürlich stand Roget weiterhin an erster Stelle. Den berüchtigten Spion verfolgte er schon seit Jahren. Aber Roget arbeitete für die Franzosen, und Michael war inzwischen zunehmend davon überzeugt, dass sein Gegenspieler Engländer war und sich offensichtlich sogar in seiner unmittelbaren Nähe aufhielt.
Das müsste ihn ermutigen. Er war bereit, zu handeln und zum Gegenschlag auszuholen. Bereit, dieses tödliche Spiel endlich zu gewinnen.
Stattdessen grübelte er darüber nach, was seine hübsche Frau dazu brachte, ihn derart zu hintergehen. Dies war eine Ablenkung, die er nicht brauchen konnte.
Aber es war schließlich seine Spezialität, kleine Geheimnisse zu lösen.
Kapitel 13
Sie war inzwischen schon recht gut darin, dem wachsamen Fitzhugh zu entwischen. Dieses Mal begleitete Julianne ihre Mutter zu einer Freundin und erklärte, sie müsse später noch zu ihrer Schneiderin. Nachdem sie sich verabschiedet hatte, winkte sie die nächste Mietdroschke heran und nannte die Adresse.
Nicht mal der Butler ihres Mannes konnte darauf beharren, sie begleiten zu müssen, wenn Julianne mit ihrer Mutter unterwegs war.
Diese Befriedigung war jedoch nur von kurzer Dauer, als die Mietdroschke vor der bekannten Adresse hielt. Es war nicht so, dass sie sich nicht freute, Chloe zu sehen. Es war eher der Umstand, unweigerlich auch die Begegnung mit Leah über sich ergehen lassen zu müssen.
Als sie die Haustür erreichte, straffte sie ihre Schultern. Seit Monaten schon schlug sie sich mit dieser Frau herum. Sie konnte es auch ein weiteres Mal tun.
Auf ihr Klopfen wurde sofort reagiert. Also hatte Leah wieder nach ihr Ausschau gehalten. Das war im Grunde keine Überraschung, denn das Geld war der einzige Grund, weshalb ihr gestattet wurde, Harrys Tochter zu sehen. »Ihr kommt spät«, erklärte ihr die andere Frau heiser. Sie klang feindselig. »Ich habe schon gewartet.«
»Darf ich hereinkommen?« Julianne hatte das Geld in ihrem Retikül, doch sie hatte inzwischen ihre Lektion gelernt. Das Geld blieb, wo es war, bis sie Chloe sah. Nur ein einziges Mal hatte sie im Voraus bezahlt, nur um dann hören zu müssen, dass Chloe bei einer »Tante« sei. Da Leah ständig behauptete, sie sei ganz allein auf der Welt, war die Geschichte von der Tante ziemlich unwahrscheinlich. Aber Julianne hatte ihre Lektion gelernt und sorgte nun dafür, zumindest einen Fuß in der Tür zu haben, ehe sie Leah das aushändigte, was diese so sehr ersehnte.
»Wenn Eure Ladyschaft drauf besteht …« Leah trug ein schäbiges Kleid mit Spitzenbesatz am Mieder. Sie machte widerwillig einen Schritt beiseite. »Wie Ihr seht, hat mein Butler Urlaub genommen.«
Anscheinend war auch ihr Dienstmädchen nicht da, wenn Julianne die Unordnung im Flur richtig deutete. Aber sie sagte nichts. Der Staub und dieser Hauch von Vernachlässigung, der über dem ganzen Haus hing, war alles andere als ermutigend. Und es war schon gar nicht der richtige Ort für ein Kind, wenn man sie fragte. Ihre Schuhe machten auf dem schmierigen Boden schmatzende Geräusche, die Luft war abgestanden und schal. »Wo ist Chloe?«
»Wie geht’s denn so als neue Marchioness? Kümmert sich Seine Lordschaft gut um Euch?«
Diese taktlose Bemerkung hätte Julianne beim ersten Mal noch die Schamesröte ins Gesicht getrieben, aber inzwischen war sie Leahs giftige Bemerkungen gewohnt. »Wo ist Chloe?«
»Da drin«, gab die andere murrend zu und zeigte zur Tür.
Julianne trat behutsam durch die Tür zur guten Stube und sah das Kind auf dem Boden sitzen. Es war in ein Spiel mit ein paar bunten Bauklötzen vertieft. Chloe blickte auf. Sie lächelte nicht, aber das wäre auch zu viel erwartet. Ihre Augen weiteten sich, als sie Julianne erkannte.
Die Bauklötze stammten von ihrem letzten Besuch. Dieses Mal hatte Julianne eine Tüte mit Süßigkeiten aus Londons bester Confiserie mitgebracht. Sie traute Leah durchaus zu, dieses Geschenk sofort für sich zu beanspruchen, weshalb sie lieber wartete, bis sie mit dem Kind allein war. Knapp bemerkte Julianne: »Ich kann nur eine Stunde bleiben. Wer wird sich um sie kümmern, nachdem ich gegangen bin?«
Leah lehnte ihre Hüfte gegen den Türrahmen. Ihr Lächeln war humorlos. »Ach, müssen wir nach Hause, um uns für einen
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