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Eine hinreißend widerspenstige Lady

Titel: Eine hinreißend widerspenstige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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sank dann davor auf den Knien nieder und begann aufgeregt in den Papierstapeln zu kramen.
    „Herrin, was ist?“, fragte Lina.
    „So habe ich es nicht zurückgelassen“, sagte Mrs. Pembroke.
    „Woher wollen Sie das so genau wissen?“, meinte Rupert.
    „Weil ich an dem neuen Papyrus gearbeitet habe“, erwiderte sie. „Ich ordne meine Unterlagen auf eine bestimmte Weise an. Rechts der Papyrus, in der Mitte die Abschrift, darunter die Zeichentabelle, hier die Inschrift des Rosettasteins, daneben das koptische Wörterbuch, da die Grammatik. Ich habe eine ganz bestimmte Ordnung. Ohne Ordnung geht es nicht. Wenn man nicht systematisch vorgeht, ist es aussichtslos.“ Sie sprach immer lauter. „Der Papyrus und die Abschrift fehlen. All die Arbeit ... die Mühe, die ich mir gemacht habe ..."
    Sie erhob sich, etwas unsicher auf den Beinen. „Wo sind eigentlich die Dienstboten?“
    „Schauen Sie nach den Dienstboten“, sagte er zu Lina, und zu Mrs. Pembroke: „Beruhigen Sie sich. Zählen Sie bis zehn.“
    Sie sah ihn an - oder schien zumindest ihr Gesicht in seine ungefähre Richtung zu wenden.
    „Legen Sie den eigentlich nie ab?“, fragte er gereizt. „Er muss wirklich bemerkenswert gewesen sein, der verschiedene Gemahl, um so viel Trauer zu verdienen.“ Er deutete auf die schwarze Seide und den dichten Schleier. „Da drunter muss es heißer als im Hades sein. Kein Wunder, dass Sie so von Sinnen sind.“
    Einen Moment verharrte sie reglos, dann schlug sie jäh den Schleier zurück.
    Und Rupert war, als habe ihm jemand einen heftigen Hieb auf den Kopf versetzt.
    „Tja“, sagte er, als er wieder sprechen konnte. „Nun ja.“ Und dachte, dass sie es vielleicht doch etwas langsamer hätten angehen sollen.
    Er sah grüne, unglaublich grüne, dunkel umschattete Augen und hohe Wangenknochen, ein herzförmiges Gesicht und milchig weiße Haut, umrahmt von dunkelrot seidigem Haar. Sie war nicht hübsch, nicht gewöhnlich hübsch. Und schön war sie eigentlich auch nicht, zumindest nicht nach englischen Maßstäben. Sie war jenseits dessen, was man für gewöhnlich als schön bezeichnet hätte.
    Unter Tryphenas zahlreichen Büchern über Ägypten befanden sich auch die bislang erschienenen Bände der Description de l’Egypte. Rupert meinte, dieses Gesicht in irgendeiner Farbreproduktion einer Grabausmalung gesehen zu haben. Er erinnerte sich genau: eine rothaarige Frau, nackt - bis auf den goldenen Halsreif -, die Arme himmelwärts gestreckt.
    Nackt wäre nicht schlecht, dachte er, verriet sein Kennerblick ihm doch, dass die Figur der schwarz verhüllten Dame ebenso beachtlich wäre wie ihr Gesicht.
    Einer temperamentvollen Gottheit gleich, warf sie den Schleier gereizt zu Boden.
    Lina kam herbeigeeilt. „Sie sind fort!“, rief sie. „Alle!“
    „Das ist ja interessant“, befand Rupert und drehte sich wieder zu Mrs. Pembroke um. Ihr Gesicht war kreidebleich. Teufel auch, wollte sie etwa ohnmächtig werden? Die einzige weibliche Unart, die ihm noch unerträglicher war als das Weinen, war die Ohnmacht.
    „Wir dachten ja, dass Ihr Bruder in einem Bordell verschollen sei“, sagte er, „aber diese Neuigkeit gibt uns doch zu denken. Vielleicht haben wir uns ja getäuscht.“
    Ihr blasses Gesicht errötete heftig, und ihre grünen Augen funkelten. „Ein Bordell?“
    „Ein Haus von zweifelhaftem Ruf“, klärte er sie auf. „Wo Männer Frauen dafür bezahlen, das zu tun, was die meisten Frauen nur bereit zu tun sind, wenn man sie heiratet, und manchmal nicht einmal dann.“
    „Ich weiß, was ein Bordell ist“, erwiderte sie.
    „Im Vergleich zu den Bordellen in Kairo sollen die in Paris anscheinend wie Quäkerschulen daherkommen“, fuhr er fort. „Nicht, dass ich dies mit Gewissheit bestätigen könnte. Um ganz ehrlich zu sein, so sind meine Erinnerungen an Paris etwas verschwommen.“
    Finster sah sie ihn an. „Ihre Erinnerungen an Paris sind hier nicht von Interesse.“
    „Ich wollte nur verdeutlichen, wie groß die Versuchung sein könnte“, meinte er. „Nur ein Heiliger - wie beispielsweise einer meiner Brüder - könnte ihr widerstehen. Und da ich nicht weiß, wie es um Ihren Bruder bestellt ist ... “
    „Da haben Sie einfach angenommen, dass Miles sich mit Prostituierten und Tänzerinnen vergnügen würde.“
    „Ganz zu schweigen von Haschisch und Opium, weshalb wir annahmen, dass er wohl ein wenig die Zeit vergessen hat.“ „Verstehe“, sagte sie. „Man hat Sie abbeordert, um mich

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