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Eine hinreißend widerspenstige Lady

Titel: Eine hinreißend widerspenstige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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er.
    „Mir war kurz schwindelig.“
    „Sie sind zusammengesackt wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hat. Ich weiß genau, wie ein Ohnmachtsanfall aussieht. Und Sie sind in Ohnmacht gefallen, obwohl ich Sie so oft gebeten hatte, es nicht zu tun.“
    „Na schön, vielleicht bin ich ja ein bisschen ohnmächtig geworden“, erwiderte sie. „Aber es war keine Absicht.“
    Doch er hielt ihr vor, dass sie alles nur Erdenkliche getan habe, um eine Ohnmacht geradezu heraufzubeschwören. Den halben Tag habe sie in der glutheißen Pyramide ausgeharrt, sei wegen der bekrönten Falken außer sich geraten, habe nichts gegessen und kaum getrunken. Als er und Segato sie endlich von den verflixten Falken hatten weglotsen können, hatte sie gar nicht mehr aufhören können zu reden, den ganzen langen Weg zurück. Und nachdem sie endlich wieder an der frischen Luft gewesen waren, hatte sie sich da eine Pause gegönnt, wie man es von einer vernünftigen Dame erwarten könnte? Nein. Schnurstracks sei sie zu dem Geröllhaufen geeilt - und habe eine arglose Schlange aus ihrem Nickerchen aufgeschreckt. Und der arme Signore Segato - voller Großmut und Geduld hatte er sie an seiner Entdeckung teilhaben lassen, und sie jagte ihm zum Dank einen Schrecken ein, von dem seine empfindsame italienische Seele sich vielleicht sein Lebtag nicht erholen werde.
    Daphne widersprach nicht. Wahrscheinlich hatte er recht. Es war viel geschehen heute, und so ein ereignisreiches Leben war sie nicht gewohnt. Sie war langweilig. Und in den Augen der meisten Menschen war auch ihr Leben langweilig. Alles drehte sich nur um ihre Studien. Nur dann konnte sie sie selbst sein und alles unter Kontrolle halten, auch ihre Leidenschaften - all ihre Leidenschaften -, die einzig auf die Entzifferung einer toten Sprache gerichtet waren.
    Sie fragte sich, wer sie wirklich war, während Mr. Carsington den Hang hinabeilte - fast ebenso geschwind, wie er hinaufgelaufen war, obwohl er nun eine keineswegs kleine oder federleichte Frau in den Armen hielt. Gern hätte sie ihn gefragt, ob ihm die verstreut herumliegenden sterblichen Überreste Unbehagen bereiteten, aber sie war zu erschöpft, um seine Litanei zu unterbrechen. Und so schloss sie die Augen und lauschte seinen Vorwürfen. Es klang wie ein Schlaflied.
    Rupert hoffte, dass Daphnes allzu komplizierter Verstand kein Hirnfieber ausbrütete, als sie auf einmal ganz entspannt und schwer in seinen Armen lag.
    Teufel auch, war sie schon wieder ohnmächtig geworden? „Nicht in Ohnmacht fallen“, sagte er leise.
    Sie murmelte Unverständliches vor sich hin, wobei ihre Lippen seinen Hals streiften, und bewegte sich leicht in seinen Armen.
    Keine Ohnmacht. Eingeschlafen war sie.
    „Ich hoffe, Sie haben es recht gemütlich, Madam“, brummelte er. „Eingeschlafen. Also wirklich, manchmal sind Sie so was von einem Kind.“
    Nun ja, nicht ganz. Eigentlich gar nicht. Während er sie eilends den Hang hinuntertrug und unter jedem seiner Schritte die Überreste alter Ägypter knirschen hörte, war er sich nur zu deutlich der lockenden Rundungen ihres Körpers bewusst.
    Nachdem sie die Ebene erreicht hatten, wurde es etwas leichter. Mühelos hätte er sie bis zur Isis zurücktragen können, was gewiss die ägyptischen Diener sehr beeindruckt und endgültig von seinen übermenschlichen Kräften überzeugt hätte.
    Aber eine schlafende Frau in den Armen zu halten - noch dazu eine, die sich an seinen Hals schmiegte und ihm Unverständliches ins Ohr raunte - wäre dann doch zu viel verlangt von seiner ohnehin begrenzten Selbstbeherrschung. Er wusste auch, dass er sie so bald nicht ausgezogen bekäme. Sie hatte sich hinter einer Mauer moralischer Prinzipien verschanzt, die er überwinden musste. Dazu kamen noch Hindernisse unbekannter Natur, die es zu ergründen galt. Sinnlos, sich jetzt unnötig zu quälen.
    Er weckte sie, rief die Treiber mit den Eseln herbei und hob sie in den Sattel. Dann überließ er es den Dienern, sich ihres sicheren Sitzes zu vergewissern, schwang sich auf seinen Esel und verdrängte verdrießliche Gedanken, indem er wacker nach Schlangen und Schurken Ausschau hielt.

10. KAPITEL
    Bei Sonnenuntergang, als die südlichen Winde sich endlich legten, befand Daphne sich längst wieder an Bord der Isis. Sie war frisch gebadet, sauber angekleidet und bemüht, ihren Gesellschafter beim Abendessen nicht unsterblich zu langweilen. Einer langweiligen Gelehrten fiel das auch unter besten Bedingungen

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