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Eine hinreißend widerspenstige Lady

Titel: Eine hinreißend widerspenstige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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von ihm wie eine Schwester behandelt zu werden. Aber sie fühlte sich elend.
    Als sie heute Morgen Beni Suef passierten, versuchte sie noch immer, das wilde Geschöpf in sich zu bändigen. Kein Wunder, dass sie mit den Kartuschen von der Ramses-Statue nicht vorankam.
    Beim Anblick einer Göttin mit befiedertem Haupt fragte sie sich, ob es allen Frauen in Mr. Carsingtons Nähe federleicht im Kopf wurde oder ob es nur ihr so erging.
    Lautes Klopfen an der Tür und die vertraute, unglaublich tiefe Stimme rissen sie aus ihrem jüngsten Anfall von Selbstzerfleischung.
    Fast hätte sie ihn hereingebeten, doch gerade noch rechtzeitig besann sie sich. In Anbetracht ihrer unzurechnungsfähigen Verfasstheit wäre es außerordentlich töricht, ihn in die beengte Kabine zu bitten.
    Sie stand auf und ging zur Tür.
    Mit Mühe unterdrückte sie ein Seufzen.
    Denn da stand er: groß, dunkel, unverschämt gut aussehend und wieder mal nur halb bekleidet. Weiße Pluderhosen, die in polierten Stiefeln steckten. Ein Hemd im arabischen Stil - kamis genannt - mit sich bauschenden Ärmeln. Darüber eine englische Weste, weinrot und natürlich nicht zugeknöpft. Auf ein Krawattentuch hatte er gleich ganz verzichtet. Das Hemd hatte gar keine Knöpfe, dafür einen langen Schlitz, der nicht nur seinen Hals entblößte, sondern auch einen tiefen spitzwinkligen Blick auf seine muskulöse Brust gewährte. Sein Hals war gebräunter als die äußeren Ränder des verlockenden Dreiecks. Daphne wollte mit der Zunge über den blassen Saum fahren. Sie wollte ihr Gesicht an seinen Hals schmiegen.
    Am liebsten wollte sie ihren törichten Kopf gegen die Wand schlagen.
    Sie wischte sich die feuchten Handflächen am Rock ab und fragte, ob etwas nicht in Ordnung sei.
    „Ganz im Gegenteil“, erwiderte er. „Es verspricht endlich wieder, interessant zu werden. Reis Rashad meinte eben, dass wir nun in Bandengebiet einfahren.“
    Natürlich würde Mr. Carsington das interessant finden. Endlich eine Gelegenheit, Schädel einzuschlagen, Pistolen abzufeuern und Säbel zu schwingen. Eine Gelegenheit, dem Tod ins Auge zu blicken und ihm ein Schnippchen zu schlagen. Daphne konnte seine Begeisterung fast verstehen - sie hätte auch gern eine Entschuldigung dafür, sich mal so richtig auszutoben.
    „Die Gegend zwischen Beni Suef und Assyut soll berüchtigt sein“, fuhr er fort. „Auf fast zweihundert Meilen marodierende Banden. Lina meint, für die Nacht sollten wir an Land Wachposten anheuern, womit dann der örtliche Scheich für unsere Sicherheit verantwortlich wäre. Aber wir bräuchten auch jemand, der wiederum die Wachen bewacht, denn sie taugen nichts. Nicht einmal bei Tag sollten wir ihnen den Rücken zukehren, sonst...“, er ahmte Linas theatralische Gesten nach, „... werden sie das Boot bis auf die letzte Planke plündern und uns in Stücke hacken. Sie sind allesamt böse und verdorben und so schmutzig und unansehnlich, dass ihr Anblick kaum zu ertragen ist.“
    In getreuer Nachahmung des aufgeregten Gebarens ihrer Dienerin gab er deren unheilvolle Warnungen wieder.
    Ihr innerer Aufruhr ließ nach, und Daphne merkte, wie ein Lächeln um ihre Mundwinkel schlich. Schließlich gab sie sich nach und lächelte.
    „Die Aussicht auf Ihren sicheren Tod belustigt Sie?“, fragte er, ebenfalls lächelnd.
    „Sie haben ihr Gebaren ganz wunderbar getroffen“, sagte sie. „Aber sicherlich ist Ihnen bewusst, dass Lina zu Übertreibungen neigt.“
    „Durchaus“, meinte er. „Nur scheint Tom im Wesentlichen mit ihr übereinzustimmen. Er hat einige seiner Pantomimen zum Besten gegeben: einen Taschendieb, einen Räuber, der auf dem Boot herumschleicht. Dabei kniff er immer ein Auge zu. Lina behauptet, dass die Einheimischen entsetzlich entstellt seien. Viele sind zudem blind. Ihrer Ansicht nach spiegelt ihr unansehnliches Äußeres nur die innere Verworfenheit wider. Kurzum, es sieht so aus, als kämen nun die Pistolen Ihres Bruders zum Einsatz.“
    Daphne versuchte, seinen Worten Aufmerksamkeit zu schenken, aber ihre Gedanken waren anderswo. Sie wünschte, er würde sich nicht so aufreizend anziehen. Es war unfair, so viel Haut zu zeigen. Nur einen winzigen Schritt, und sie könnte seinen herrlich männlichen Duft einatmen. Und ihn schmecken. Sie bräuchte nur die Hand ausstrecken, ihn um den Nacken fassen und zu sich herabziehen ...
    „Mrs. Pembroke?“
    Seine Stimme klang belustigt. Heiß schoss ihr das Blut in die Wangen. „Entschuldigen Sie“, sagte sie.

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