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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hielt eine lange Zündschnur in der Hand – vier Männer und eine Frau. Sie beobachteten ihn mit besorgten Mienen.
    Alle beobachteten ihn.
    Als er wieder zum Strand hinuntersah, entdeckte er Cox, der die Räuber ein gutes Stück überragte.
    Er hatte jemanden wie Foxlip erwartet, der abgemagert und ungesund aussah, aber dieser Mann war etwa einen Fuß größer und wirkte fast genauso kräftig wie Milo. An seinem Hosenmenschenhut steckten Federn. Sie waren rot die Federn eines Häuptlings. Also hatte er genau das getan, was das Geistermädchen schon vermutete: Er hatte das Kommando übernommen.
    So war es bei den Räubern Gesetz. Der stärkste Mann übernahm die Führung. Das war sinnvoll. Zumindest für starke Männer.
    Doch die Räuber hielten sich zurück. Sie blieben in der Nähe ihrer Boote. Nur ein einziger Mann lief den Strand hinauf, und der hielt seinen Speer hoch über den Kopf.
    In gewisser Weise, aber auf eine seltsame, gewisse Art und Weise, war es eine große Erleichterung. Mau arbeitete nicht gern mit zwei Plänen gleichzeitig.
    »Er sieht noch ziemlich jung aus«, sagte das Geistermädchen neben ihm. Mau fuhr herum und sah sie an. Ihre Gestalt wirkte winzig klein neben Milo, der eine Keule von der Größe eines mittelprächtigen Baumes hielt. Und es war tatsächlich ein mittelprächtiger Baum, nur ohne Äste.
    »Du hättest mit den anderen in den Wald gehen sollen!«, sagte er.
    »Ach, wirklich? Jetzt bin ich hier bei dir.«
    Mau blickte zu Milo hinüber, aber von ihm war keine Hilfe zu erwarten. Seit der Geburt von Leitstern konnte das Geistermädchen in seinen Augen ohnehin nichts falsch machen.
    »Außerdem«, fuhr sie fort, »wird es sowieso für alle auf die gleiche Weise enden, wenn die Sache schiefgeht. Warum greifen sie uns nicht an?«
    »Weil sie mit uns reden wollen.« Mau deutete auf den Mann, der über den Strand lief. Er war fast noch ein Kind und bemühte sich, keine Angst zu haben.
    »Warum?«
    Der junge Mann rammte seinen Speer in den Sand, drehte sich um und rannte zurück.
    »Vielleicht weil sie die Kanonen gesehen haben. Darauf hatte ich gehofft. Sieh sie dir an. Sie wirken alles andere als glücklich.«
    »Können wir ihnen vertrauen?«
    »Bei einem Waffenstillstand?
    Ja.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Es gibt Regeln. Pilu und Milo werden mit ihnen reden. Ich bin nur ein Junge ohne Tätowierungen. Mit mir würden sie nicht verhandeln.«
    »Aber du bist der Häuptling!«
    Mau lächelte. »Ja, aber sag es ihnen bitte nicht.«
    War es bei der Schlacht von Waterloo genauso?, fragte sich Daphne, als sie gemeinsam zum Strand hinunter- und der wartenden Gruppe entgegengingen. Das ist so… seltsam. Es ist so … zivilisiert, so als würde ein Kampf erst dann anfangen, wenn jemand in eine Trillerpfeife bläst. Es gibt Gesetze, sogar hier.
    Und da kommt Cox. Großer Gott, selbst die Luft, die er atmet, müsste dringend gewaschen werden.
    Erster Offizier Cox kam auf sie zu und lächelte wie jemand, der nach langer Zeit einen alten Freund trifft, der ihm Geld schuldet. Cox zog nie eine finstere Miene. Genau wie Krokodile und Haie begrüßte er Menschen stets mit einem Lächeln, vor allem, wenn sie seiner Gnade ausgeliefert waren – wenn er denn so etwas wie Gnade gekannt hätte.
    »Na, das ist ja eine Überraschung!«, sagte er. »Wie schön, Sie hier zu sehen, junges Fräulein. Dann ist die Judy also doch noch so weit gekommen, was? Wo sind denn der alte Roberts und seine wackere Mannschaft? Beim Gebet?«
    »Sie sind hier und bewaffnet, Mr. Cox«, sagte Daphne. »Ach, wirklich?«, entgegnete Cox fröhlich. »Dann bin ich wohl die Königin von Saba.« Er zeigte auf den Hügel, die Kanonen waren nicht zu übersehen. »Diese Kanonen sind von der Judy, nicht wahr?«
    »Ich werde Ihnen gar nichts verraten, Mr. Cox.«
    »Also sind sie es. Nicht mehr als ein Haufen Altmetall, wenn ich mich recht entsinne. Der Geizkragen Roberts war viel zu knauserig, um neue zu beschaffen. Ich weiß, dass ich recht habe.
    Beim ersten Versuch, sie abzufeuern, werden sie platzen wie heiße Würstchen! Aber sie scheinen meinen getreuen Untertanen einen gehörigen Schrecken eingejagt zu haben. Ach ja, ich bin übrigens ihr Häuptling. Haben Sie meine neue Kopfbedeckung gesehen? Sehr schick, nicht wahr? Für mich, den König der Kannibalen.« Er beugte sich vor. »Sie sollten lieber nett zu mir sein, jetzt, wo ich König bin«, fügte er hinzu. »Sie sollten mich Eure Majestät nennen.«
    »Und wie sind Sie König geworden,

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