Eine Japanerin in Florenz
trockenem Wein, so wie Teresa sie immer zubereitete?
»Wolltest du hiervon noch einen Rest für morgen aufbewahren?«
»Nein, nein. Iß es auf. Noch einen Schluck Wein? Der Elektriker hat das Angebot vorbeigebracht …«
3
Esposito saß am Steuer. Der Maresciallo hatte gedacht, es sei eine gute Idee, ihn mitzunehmen, damit er was anderes zu sehen bekäme. Lorenzini, der die Nase gestrichen voll hatte von Espositos langem Gesicht und auch von Nardi und dessen Frauen, fand diese Idee ebenfalls hervorragend. Der Maresciallo hatte ein Einsehen mit Lorenzini. Und so führte ihr erster Weg an diesem Morgen ins Herz des Viertels San Frediano. Ein paar Frauen standen vor der Bäckerei und hielten ein Schwätzchen, und bei dem Metzger, dem Schauplatz von Constanzas Attacke gegen Monica, hatte sich eine lange Schlange gebildet. An der anderen Ecke der kleinen Kreuzung befand sich Francos ehemalige Café-Bar. Früher hatte man sich dort auf einen kleinen Schwatz getroffen, ein zweites Frühstück bestellt und an den Mittwochabenden im dichten Zigarettenqualm das Fußballspiel verfolgt. Vor einiger Zeit, als der Maresciallo den Tod der armen verrückten Clementina untersuchte, war ihm diese Café-Bar wie ein wahres Geschenk des Himmels erschienen. Franco wußte alles über seine Leute. Er erhielt den Frieden in seinem Viertel aufrecht und schlichtete als anerkannter ›Stammeshäuptling‹ jeden Streit. Wenn er noch lebte, wäre dem Maresciallo dieser Besuch erspart geblieben. Aber Franco war tot, und die staubigen Flaschen hatten – wie die Fußballsticker, die Flipperautomaten und die Resopaltische – ihren Platz räumen müssen für Touristen, pinkfarbene Tischdecken, Nichtraucherschilder und Mikrowellen-Nudeln mit Salat als Tagesgericht. Auf der der Café-Bar gegenüberliegenden Straßenseite streckte Nardi den Kopf aus einem Fenster im ersten Stock. Auf die Ellbogen gestützt, hielt er das Gesicht der Sonne entgegen, die Hemdsärmel hochgekrempelt, eine Zigarette im Mundwinkel. Er entdeckte sie im Schatten unten an der Tür und verließ das Fenster, um ihnen zu öffnen. Nardi erwartete Mitgefühl von den Carabinieri, aber er bekam eher eine Art Gardinenpredigt. Der Maresciallo hielt ihn eigentlich für einen recht vernünftigen Menschen. Doch ein Mann, der mehr als alle Hände voll damit zu tun hatte, mit einer Frau klarzukommen, tat einfach besser daran, sich nicht auch noch eine zweite aufzuhalsen. Zugegeben, mit ein wenig Unterstützung vom Maresciallo war er eine kleine Ewigkeit mit den beiden zurechtgekommen, aber vielleicht war es in Wahrheit auch so, daß die beiden Frauen es irgendwie geschafft hatten, so lange Zeit miteinander auszukommen. Heute morgen auf jeden Fall gab sich Nardi ganz kleinlaut. Die drei standen in dem Flur mit den braunen Fliesen. Nardi trug diese flachen Filzlatschen, mit denen man schlurfend den Boden polierte.
»Maresciallo, Sie müssen mit ihr reden.«
»Mit Ihrer Frau?«
»Nein, nein. Mit Monica. Sie will sonst …«
»Ich weiß, was sie vorhat, Nardi. Aber wenn Sie dem Ganzen ein Ende machen wollen, dann müssen Sie Constanza dazu überreden, sich wenigstens zu entschuldigen.«
»Das kann ich nicht. Möchten Sie nicht reinkommen? Sie ist einkaufen.«
Aus der offenen Tür des Wohnzimmers, das auf die Straße blickte, quollen Rauchschwaden in den Flur. »Nein, danke.«
Vor lauter Unbehagen trat Nardi unglücklich von einem Bein aufs andere. Offenbar fühlte er sich in Espositos Gegenwart nicht wohl. Mit einem stillen Seufzer schickte der Maresciallo den jungen Carabiniere nach unten zum Wagen zurück.
»Danke, es hat mich gestört, daß … Kommen Sie doch rein, und setzen Sie sich einen Augenblick.«
»Tut mir leid. So viel Zeit habe ich nicht. Ich muß noch in die Gerichtsmedizin. Erzählen Sie mir einfach, wie alles angefangen hat. Sie haben Ihre Frau doch nicht vernachlässigt, oder? Sie wissen schon, was ich meine.«
»Was? Ich? Im Leben nicht. Deswegen kann sich meine Frau bestimmt nicht beklagen.«
»Was ist denn dann so plötzlich passiert?«
»Sie will mich verlassen, das ist passiert.«
»Monica?«
»Nein! Constanza!«
»Und warum soll ich dann mit Monica reden?«
»Damit sie Constanza überredet, bei mir zu bleiben.«
»Damit sie Constanza überredet? Nardi, was für eine verrückte Idee! Das kann ja nur schiefgehen. Und überhaupt, wohin will Constanza denn gehen?«
»Sie will nirgendwo hin gehen.«
»Dann ist doch alles in Ordnung!«
» Ich bin
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