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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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überlebt?« Der Maresciallo kannte Forli seit vielen Jahren.
    »So einigermaßen. Mir hat der Geruch am meisten Sorge gemacht. Wenn es wirklich schlimm ist, wird mir einfach schlecht. Aber es war gar nicht so fürchterlich. Es heißt allerdings, er sorge dafür …«
    »… daß es an diesem Tag in der Mensa Lasagne gibt?«
    »Stimmt das etwa?«
    »Natürlich nicht. Als ob Professoren sich für den Speiseplan der Mensa interessierten. Allerdings kursiert dieses Gerücht schon seit Jahren.«
    »Ich weiß, und ich habe seitdem nie wieder Lasagne angerührt.«
    Sieh mal einer an. Die Ausstrahlung des Professors zeigte seine Wirkung, noch bevor er überhaupt den Raum betreten hatte. Seit Wochen hatte Esposito nicht mehr soviel geredet wie in den vergangenen fünf Minuten.
    »Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen!«
    »Entschuldigen Sie bitte, daß wir so unangemeldet bei Ihnen hereinplatzen …«
    »Das macht gar nichts. Schön, Sie mal wieder zu sehen, Maresciallo. Die ertrunkene Frau, nehme ich an, nicht wahr? Ich habe die inneren Organe noch nicht untersucht, bis auf die Lunge natürlich, um festzustellen, ob sie ertrunken ist. Und er hat natürlich auch einen toxikologischen Bericht angefordert. Aber weshalb die Eile? Es heißt doch immer, die ersten achtundvierzig Stunden seien entscheidend. In diesem Fall sind die lange vorbei. Haben Sie etwa eine heiße Spur?«
    »Nein, leider nicht.« Der Maresciallo versuchte erst gar nicht, zu erklären, was ihn hierhergeführt hatte. Die Fakten konnte er später im Autopsiebericht nachlesen. Aber die interessierten ihn nicht. Er wollte feststellen, was Forli wußte, aber nicht schriftlich fixierte. Manche Menschen hatten ein besonderes Gespür für ihre Mitmenschen, Forli hatte dieses besondere Gespür für die Toten. Er sprach mit ihnen während der Autopsie. Sie lügen nicht, sagte er.
    »Ist sie wirklich ertrunken? Ich war mir nicht sicher, das Wasser dort ist überhaupt nicht tief.«
    Die Adleraugen des Professors fixierten Esposito. »Es ist noch nicht so lange her, daß Sie das Examen bestanden haben. Wieviel Wasser würde ich brauchen, um den Maresciallo umzubringen?«
    »Einen Tropfen, Signore.«
    »Wenn dieser wohin ginge?«
    »Mit genügend hoher Geschwindigkeit die Nasenhöhle hinauf zum Riechnerv, Signore.«
    »Sagen Sie nicht Signore zur mir. Was würde mit dem Herz des Maresciallo passieren?«
    »Wahrscheinlich gelähmt, Ss …«
    »Ich wußte doch, daß ich Sie kenne. Esposito, nicht wahr?«
    »Ja.« Das braungebrannte Gesicht des jungen Mannes zeigte eine leicht rötliche Färbung. Die Augen strahlten. Der Maresciallo hatte es fast vergessen, aber so hatten sie früher immer gestrahlt.
    »Ich würde Ihnen dennoch davon abraten, den Maresciallo mit einer Wasserpistole umzubringen, Esposito. Ich kenne ihn und zweifle daher sehr, daß sein Sympathikus so kleine Störungen verstärken würde. Ihre Tote ist ertrunken, so weit, so gut, Maresciallo – in der Lunge ist Wasser aus dem Becken –, aber es hat wohl jemand nachgeholfen: Sie hat einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen. Darüber kann ich allerdings wegen des fortgeschrittenen Verwesungsprozesses nicht viel sagen, aber es war etwas Scharfkantiges. Das hat ihr das Genick gebrochen. Sehr gut möglich, daß sie bewußtlos war, als sie ertrank.«
    »Wir haben in der näheren Umgebung keinerlei Waffe gefunden. Und es hätte etwas Unauffälliges, Einfaches sein müssen. Niemand plant einen Mord in einem öffentlichen Park. Er ist natürlich sehr weitläufig, und wir suchen noch, aber wenn nicht zufällig Blutspuren oder Haare darauf sind …«
    »Was ungefähr so wahrscheinlich ist wie die Möglichkeit, daß Esposito Sie mit einer Wasserpistole umbringen wird. Ich würde im Becken selbst suchen. Sie hatte nur einen Schuh an. Die Leute setzen sich gerne auf den Rand der Becken. Was sagt uns das, Esposito, daß da nur ein Schuh war?«
    »Jemand könnte ihr Bein hochgerissen und sie auf diese Weise rückwärts ins Wasser gestoßen haben.«
    »Und dann?«
    »Sie hat sich den Kopf gestoßen.«
    »Lassen Sie das Wasser aus dem Becken, Maresciallo.«
    »Ja. Müssen wir sowieso. Wir haben keine Tasche und keinerlei Papiere gefunden. Eine junge Frau würde so was wie eine Tasche bei sich tragen.«
    »Lassen Sie das Wasser aus dem Becken. Schade, daß ich die Hände nicht untersuchen kann. Sie hatten mir viel verraten. So kann ich Ihnen nur sagen, daß sie jung war, Ende Zwanzig würde ich schätzen, gesund,

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