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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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des Mädchens war unlogisch. Er ging sie noch einmal in Gedanken durch. Die arrangierte Ehe ihrer Schwester … ihr gefiel es in Florenz, und sie wollte weg von zu Hause … gut möglich. Doch etwas stimmte nicht, paßte nicht ins Bild. Er hatte Probleme, genau zu bestimmen, was es war, weil ihn die kulturellen Unterschiede immer wieder ablenkten. Die brachten ihn aber nicht weiter, waren nicht die Lösung, denn die für einen Mord ausschlaggebenden Motive waren bei allen Menschen gleich: Habgier, Egoismus, Eifersucht, Sex und Geld. Geld und Sex. Kulturelle Hintergründe lieferten nicht mehr als eine andere Würze für die gleiche Basis.
    Nein, nein, er schüttelte den Kopf und stand auf, um zum Stadtplan hinüberzugehen und den Finger auf die kleine, namenlose Piazza zu legen. Schließlich wanderte er ans Fenster und blieb dort stehen.
    Nein. Ein frei denkendes, dickköpfiges Mädchen, das den Eltern die Stirn bot und ein Handwerk erlernen wollte, das mit aller Macht ihren eigenen Weg gehen wollte, das würde keinen alten Kerl an ihrer Seite dulden, der sie aushielt und ihr teure Klamotten kaufte. Sonst hätte sie niemals ein Jahr lang in einem Hinterzimmer der Werkstatt gehaust. Und die übrige Kleidung wäre auch teurer gewesen. Nicht Bluejeans und einfache weiße Baumwollschlüpfer aus dem Warenhaus.
    Nein, nein.
    Peruzzi? Nein. Was immer er für Arrangements mit dem kleinen Hinterzimmer für die Lehrlinge getroffen hatte, so konnte man daraus wohl kaum auf eine heimliche Affäre schließen. Ganz im Gegenteil. Peruzzi war Witwer. Er hätte sie jederzeit mit nach Hause nehmen können, wenn er gewollt hätte. Er mußte inzwischen ein kleines Vermögen gescheffelt haben und hatte niemals lange genug der Werkstatt den Rücken gekehrt, um eine nennenswerte Summe davon ausgeben zu können. Ein Mann seines Alters hätte wahrscheinlich Angst, sich lächerlich zu machen, wenn er plötzlich sein Herz für ein junges Mädchen entdeckte. Aber seit wann kümmerte Peruzzi die Meinung der anderen? Es sei denn, der Herzanfall hätte eine grundlegende Veränderung seiner Persönlichkeit bewirkt. Nein, nein. Peruzzi mochte viele Fehler haben, Scheinheiligkeit gehörte nicht dazu. Sie hatte sich eine kleine Wohnung gemietet. Vielleicht zahlte Peruzzi die Miete dafür. Nein, nein.
    Er stand noch lange Zeit am offenen Fenster, atmete die Morgenluft, starrte auf die Lorbeerhecken, ohne sie wahrzunehmen. Was tat er nur? Eine junge Frau war tot, und er sprach die beiden Hauptverdächtigen von jeder Schuld frei, ohne sie überhaupt vernommen zu haben. Nun ja, er hatte ja noch bis morgen Zeit, um sich wieder zur Ordnung zu rufen. Inzwischen mischte sich in die nach Lorbeer duftende Luft der Geruch nach Schinken und Tomatensoße. Die Männer oben – rosa Fliesen hin oder her – kochten in der frisch renovierten Küche bergeweise Nudeln. Bei ihm daheim gab es Kaninchenbraten. Er schaute auf die Uhr. Teresa würde den Schuß Wein erst dann zur Soße geben, wenn er zu Hause war und die Uniform auszog. Er schloß das Fenster.
    Teresa liebte es, sonntags den Tisch im Eßzimmer zu decken, aber sie legte die handgeklöppelte Tischdecke ihrer Mutter nicht mehr auf. Hier in Florenz hatte sie niemanden gefunden, der sie reinigen konnte. Daheim in Sizilien hatte sie die Decke immer zu den Nonnen gegeben, die sich um die Altarwäsche kümmerten. Heute hatte sie eine glänzend grüne Tischdecke aufgelegt. Es war verdächtig ruhig. Er stellte eine geöffnete Flasche Wein auf den silbernen Untersetzer und warf einen prüfenden Blick auf die Jungen. Giovannis Augen blickten furchtsam.
    »Alles in Ordnung, Sohnemann?«
    Der Junge biß sich auf die Lippe und senkte den Blick. Hatten sie sich mal wieder gestritten? Dann mußte Teresa sie unmißverständlich zur Ordnung gerufen haben. Nach Totòs Gesicht zu urteilen, hatte er den Hauptanteil der Strafpredigt kassiert. Hatte er etwa geweint? Er hatte nicht so nah am Wasser gebaut wie Giovanni, denn er war unglaublich stolz. Wenn überhaupt, dann weinte er vor Wut, nicht aus Kummer.
    Was immer es war, die Sache wurde bei Tisch nicht erwähnt. Der Maresciallo konnte ungestört seinen Überlegungen über Künstler und Ausländer nachhängen und darüber, ob sie an Giovannis Geburtstag zu Lapo gehen sollten. Es gab Ravioli, gefüllt mit Ricotta und Spinat. Teresa würzte seine Portion mit schwarzem Pfeffer und Parmesan. Keine Butter.
    Totò sprang vom Stuhl auf.
    »Totò!« Teresas Ton ließ keinen Zweifel daran

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