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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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erledigen, was immer auch passiert ist. Der arme Peruzzi. Erst der Herzanfall und nun auch noch das! Er hat erzählt, daß sie sich gestritten haben, keine Ahnung, warum. Niemand wagt, auch nur ihren Namen zu erwähnen, seit sie weg ist. Er hatte große Pläne für Akiko. Natürlich sieht jetzt alles ein wenig anders aus. Was für eine scheußliche Geschichte, insbesondere für Sie! Sie müssen den Fall bearbeiten, und das könnte eine recht unerfreuliche Sache werden.«
    »Das ist mein Job.«
    Lapo hatte recht. Er freute sich nicht gerade darüber, diesen Fall zu bearbeiten. Er mochte diese Menschen, selbst den aufbrausenden Peruzzi. Bewunderte ihn sogar. Auch Lapo war, solange man das Thema Politik umgehen konnte, eine herzensgute Seele. Er hatte bekümmert gewirkt, sich irgendwie nicht recht wohl in seiner Haut gefühlt.
    »Wie heißt es so schön, Maresciallo? Man kennt einen Menschen eben erst, wenn man mit ihm gekämpft hat. Arme, kleine Akiko. Ich kann es noch immer nicht fassen, nicht einmal jetzt.«
    Es war nicht zu übersehen, daß er erleichtert war, als der Maresciallo sich endlich erhob, um zu gehen.
    Unterwegs rätselte er über die teure Kleidung. Es würde nicht einfach werden mit Peruzzi, und wenn er seine Lehrlinge im Hinterzimmer der Werkstatt wohnen ließ, dann würde er das verbergen wollen. Er hatte sich über das Verschwinden des Mädchens wirklich aufgeregt, und wahrscheinlich würde er sich noch viel mehr aufregen, wenn er ihm eröffnen mußte, was ihr zugestoßen war. Es gab keinen Zweifel, daß der Schuh ihr gehörte. Laut Lapo der erste Schuh, den sie selbst gemacht hatte, aus Lederresten, deswegen sah die rechte Seite ein wenig anders aus. Das erklärte auch, warum der Name des Schuhmachers nicht in den Schuh eingeprägt war. Sie war so stolz auf ihre Arbeit gewesen. Der Gürtel jedoch verriet den Namen. Ein erschütterter Peruzzi, der etwas zu verbergen hatte und auf den der nächste Herzanfall bereits lauerte. Er mußte sein Vorgehen genau planen, äußerst vorsichtig sein.
    Diese teure Kleidung …
    Wenn Peruzzi dafür aufkam, mußte daraus nicht notwendigerweise folgen, daß …
    So etwas kam vor. Sechzig-, siebzigjährige Männer, die ihr Haus bestellt und sich mit einer langweiligen Ehe zufriedengegeben hatten, wurden plötzlich im hohen Alter von einer verzehrenden Leidenschaft erfaßt. Der Maresciallo hatte in seiner Laufbahn einiges davon gesehen: Familien, die auseinanderbrachen, Geschäfte und Karrieren, die ruiniert wurden.
    Als er später auf der Wache Lorenzini über seine Ermittlungen informierte, sprach er auch dieses Thema wieder an.
    »Was ist nur los mit den Männern?«
    »Wen meinen Sie mit ›den Männern‹?«
    »Peruzzi zum Beispiel – wenn es Peruzzi war – und wenn nicht, dann war es jemand anders, oder? Irgendein reicher Mann, der sich lächerlich macht, viel Geld für diese junge Frau ausgibt … und auch Esposito, sofern Di Nuccio recht hatte, ruiniert seine Karriere, und …«
    »Und?«
    Und der Capitano. Aber das sollte er hier besser nicht erwähnen.
    Lorenzini wartete darauf, daß der Maresciallo den Satz beendete. »Muß der Frühling sein«, sagte er schließlich, weil sein Chef keine Anstalten machte, noch etwas zu sagen.
    »Inzwischen haben wir Sommer«, stellte der Maresciallo ärgerlich fest.
     
    Es war Sommer. Sommeruniform und Hemdsärmel auf der Wache. Das war eine echte Erleichterung, denn für Juni war es noch immer viel zu heiß. Die Bauarbeiter packten endlich ihre Sachen, und das war noch eine viel größere Erleichterung. Nachmittags allerdings steckte Lorenzini den Kopf durch die Tür vom Büro des Maresciallo. Er wirkte besorgt.
    »Was ist los?«
    »Sie sollten vielleicht besser hochkommen und sich das mit eigenen Augen ansehen.«
    »Sind sie fertig oder etwa doch nicht?«
    »O ja, sie sind fertig.«
    »Ich habe Sie gebeten, ein Auge auf die Arbeiten zu halten, schließlich kann ich nicht überall sein«, grummelte der Maresciallo, während sie die Stufen zum Schlafsaal hochgingen.
    »Ich weiß. Es ist ja auch gerade erst passiert. Wir haben einen Mann zuwenig, und auch ich kann nicht überall sein. Ich gehe abends nach Hause, und deswegen … Die Umbauarbeiten scheinen ja auch ganz in Ordnung zu sein. Ich habe nachgesehen …«
    »Ja und? Wo ist dann das Problem?«
    »Die Fliesen.«
    »Die Fliesen? Wen zum Teufel kümmern die Fliesen, solange sie nicht zu teuer sind.«
    »Die waren nicht zu teuer, und wir haben vereinbart, daß sie die

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