Eine Jungfrau Zu Viel
konnte ihn kaufen. Deswegen hatte er natürlich auch kein Geld.
Außerdem kannte er nur wenige der richtigen Leute; er gab zu, dass Laelius Numentinus für ihn nur jemand war, den er bei öffentlichen Zeremonien gesehen hatte.
»Was ist mit den Gänslein passiert, Marcus?«, fragte seine Frau amüsiert.
»Ich habe ein gutes Heim für sie gefunden«, erwiderte ich nüchtern, ohne zu erwähnen, dass es sich um unser Heim handelte. Helena warf mir einen verschlagenen Blick zu.
»Erwartest du weitere Schwierigkeiten von dem Mann, oder gibt es einen anderen Grund für die Frage?«
»Die Familie hat ein Kind, von dem sie erwarten, dass es als die nächste Vestalin gewählt wird. Ich nehme an, die Laelii können die Lotterie auf mysteriöse Weise beeinflussen.« Die letzte Bemerkung richtete ich an Decimus.
Er hob eine Augenbraue und gab sich schockiert über die Unterstellung einer Wahlbeeinflussung. »Nun ja«, schnaubte er. »Wir würden nicht wollen, dass eine kleine ungewaschene Plebejerin die Gewinnerin wird, wenn es Maiden mit meilenlangen Patrizierstammbäumen gibt, die ganz wild darauf sind, das Wasser vom Schrein der Egeria zu schleppen.«
»Berühmt für ihre uralte Keuschheit?«
»Absolut berüchtigt für Reinheit und Einfachheit!«, setzte Helena trocken hinzu.
»Nein, nein. Das kann nicht sein«, verbesserte mich Julia Justa. »Als Tochter eines Flamen darf sie nicht an der Lotterie teilnehmen.«
»Sie ist die Enkeltochter des Flamen.«
»Dann muss der Vater aus der Priesterschaft ausgestiegen sein.« Julia Justa stieß ein kurzes Lachen aus. Einen Moment lang klang sie wie Helena. »Ich wette, das hat böses Blut gegeben!« Zur Erklärung fügte sie hinzu: »Die Familie ist dafür bekannt, die Priesterschaft als ihr persönliches Vorrecht zu betrachten. Die verstorbene Flaminica hat ständig damit angegeben. Meine Mutter besuchte regelmäßig die Rituale der Guten Göttin – weißt du noch, Helena, sie hat dich einmal dazu mitgenommen.«
»Ja. Ich habe Marcus erzählt, das sei nur ein Nährkränzchen gewesen, auf dem hübsche kleine Mandelkuchen serviert wurden.«
»O ja, natürlich!«
Sie nahmen Decimus und mich auf den Arm. Das Fest der Bona Dea war eine berühmte, geheime Matronenversammlung, die nachts stattfand und für Männer verboten war. Es kursierten alle möglichen Gerüchte, was dort geschah. Frauen übernahmen das Haus eines hohen Magistrats – schmissen ihn raus – und genossen es, ihre Männer darüber schwitzen zu lassen, was für Orgien sich dort wohl abspielten.
»Ich meine mich zu erinnern«, forderte ich Helena heraus, »dass du immer behauptet hast, das Fest der Bona Dea nicht zu mögen – warum eigentlich, Liebste? Zu bieder für dich?« Ich lächelte, spielte den Toleranten und wandte mich wieder an Julia Justa. »Und die Flaminica nahm regelmäßig in ihrer offiziellen Eigenschaft an diesen Festen teil?«
»Ja, und ihre arrogante Schwester auch«, erwiderte Julia Justa mit einem für sie ungewöhnlichen Grinsen. »Die Schwester, Terentia Paulla, war Vestalin.«
»Eine Vestalin führt den Vorsitz, wenn die Gerüchte stimmen.«
»Na ja, sie versucht es!« Julia Justa lachte. »Eine Gruppe von Frauen ordnet sich nicht unbedingt einer Führerschaft unter, wie Männer das tun würden – besonders, wenn Erfrischungen gereicht worden sind.« Völlig außer Kontrolle, was? Das bestätigte die schlimmsten Befürchtungen der männlichen Bürgerschaft. Ganz zu schweigen davon, dass Wein eine Hauptrolle bei den kichernden Ritualen der Mädchen spielte. »Meine Mutter, die eine gewitzte Frau war …«
»Wie nicht anders zu erwarten!« Ich grinste und schloss Helena und Julia Justa in das Kompliment ein.
»Ja, Marcus, mein Lieber.« Mein Lieber? Ich schluckte. »Mama behauptete, die Flaminica führe ein sehr lockeres Leben.«
»Oho! Auf Grund welcher Beweise?«
»Sie hatte einen Geliebten. Jeder wusste das. Die Sache lief mehr oder weniger offen. Sie und ihre grässliche Schwester stritten sich dauernd deswegen. Die Affäre lief jahrelang.«
»Ich bin schockiert.«
»Bist du nicht«, sagte Helena und versetzte mir einen Klaps mit ihrer Serviette. »Du bist ein abgebrühter und zynischer Privatermittler und witterst Ehebruch hinter jeder Ecke. Aber ich muss sagen, dass ich wirklich schockiert bin, Mama.«
»Natürlich bist du das, Liebling. Ich hab dich sehr behütet großgezogen … Nun ja, die Flaminica zu sein, ist eine schwierige Rolle«, gab Julia Justa zurück. Wie
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