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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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genau, wie viel er über meine offizielle Arbeit erfuhr.
    »Ich hab die Vögel am Hals.«
    Er grinste breit. »Den Status hast du verdient, aber kannst du das Federvieh nicht sausen lassen?«
    »Ich sollte mich geehrt fühlen.«
    »Vergiss es!«
    Helenas Mutter warf ihm einen traurigen Blick zu und beschloss mich zu meiner Speiseliege zu führen, bevor ihr ungehobelter Mann ihren seit neuestem respektablen Schwiegersohn mit seinen anrüchigen Ansichten infizierte. Bisher war ich der gefährliche Republikaner und Decimus das konventionelle Kurien-Arbeitstier gewesen. Ich fühlte mich etwas entnervt.
    Als wir uns niedergelassen hatten, stellte Julia Justa mit ihren langen beringten Fingern Schalen voll Oliven und in Safran gekochten Garnelen vor mich hin. Helena beugte sich vor und klaute mir die Garnelen. »Verrat mir eins, Marcus«, sagte ihre Mutter, prächtig gewandet in Weiß und Gold, das fast ebenso glitzerte wie ihre neue, beängstigende Freundlichkeit. »Ich hab mich immer gefragt, wie die das fertig bringen, dass die heiligen Gänse während der Prozession auf ihren Purpurkissen sitzen bleiben.«
    »Ich werde das für Sie rausfinden. Wahrscheinlich wird man sie erst hungern und dann einen Mann neben ihnen hergehen lassen, der sie mit einer Hand voll Körner besticht.«
    »Genau wie bei Kindern, die man zu einem Fest mitnimmt«, sagte Helena. Ihre Mutter schaute anerkennend zu unserem Gör, das ruhig auf dem Schoß einer Sklavin saß und an ihrer Tonrassel kaute; taktvoll hatte unsere Kleine ein Spielzeug ausgewählt, das ihre Großeltern ihr geschenkt hatten.
    Sie plante ihren Auftritt. Die kleine Julia wusste, wie man ein Essen unterbricht. Sie hatte sich neue Fähigkeiten angeeignet, seit die ehrenwerten Camilli das letzte Mal Gelegenheit hatten, sie anzuhimmeln.
    »Ist sie nicht brav!«
    Helena und ich zeigten das schamlose öffentliche Lächeln erfahrener Eltern. Wir hatten ein Jahr lang gelernt, nie zuzugeben, dass unsere süße pausbäckige Kleine ein schreiendes Ungeheuer sein konnte. Wir hatten sie hübsch in Weiß gekleidet, ihr weiches dunkles Haar zu einer niedlichen Locke gekämmt und warteten jetzt mit bebenden Nerven auf den unvermeidlichen Augenblick, an dem sie beschloss, ohrenbetäubend zu brüllen und rumzustrampeln.
    Es war wie immer ein gutes Essen, das ich noch viel mehr genossen hätte, wenn ich mich hätte entspannen können. Ich mochte Helenas Vater und konnte inzwischen auch ihre Mutter gut leiden. Sie schienen akzeptiert zu haben, dass sie mich nicht mehr loswurden. Vielleicht hatten sie auch bemerkt, dass ich die Erwartung nicht erfüllte, ihre Tochter unglücklich zu machen, nicht ins Gefängnis geworfen worden war (zumindest nicht in letzter Zeit), weiterhin Zugang zu öffentlichen Gebäuden hatte, nicht in unflätigen Satiren verhöhnt wurde oder in der Verbrecherkartei des »Tagesanzeigers« auftauchte. Trotzdem bestand bei diesen Zusammenkünften immer das Risiko, dass jemand was Beleidigendes sagte. Manchmal hatte ich das Gefühl, Decimus wartete heimlich nur darauf. Er hatte eine boshafte Ader. Ich kannte sie nur zu gut, da er sie voll und ganz an Helena vererbt hatte.
    »Papa und Mama, ihr könntet uns bei einer Sache helfen«, verkündete Helena während des Nachtischs. »Wisst ihr irgendwas über Laelius Numentinus, den Flamen Dialis, und seine Familie?«
    »Was habt ihr für Probleme mit einem Flamen?«, wollte ihr Vater wissen.
    »Na ja, ich hatte einen frühen Zusammenstoß mit dem dämlichen alten Kerl«, wich ich aus, »allerdings nicht von Angesicht zu Angesicht.«
    »Klar. Der hätte dich mit seinem kostbaren Stab auf Armeslänge von sich fern gehalten.«
    »Nein, er ist jetzt im Ruhestand. Seine Frau ist gestorben, und er musste zurücktreten. Was ihn offenbar nicht daran hindert, sich zu beschweren. Auf meinem neuen Posten musste ich als Erstes prompt eine Krise abwehren, verursacht durch seinen Unwillen über ein paar unerwünschte Gänslein, die auf dem Kapitol herumwuselten. Zum Glück bin ich ihm nicht persönlich begegnet, sonst wäre ich vielleicht sehr ausfallend geworden.«
    »Nachdem er ein Leben lang vor jeglichem Kontakt mit der realen Welt beschützt worden ist, kann er bestimmt nicht gut mit Menschen umgehen – oder mit Vögeln.« Decimus hatte eindeutig nichts übrig für Flamen. Ich hatte den Senator immer gemocht. Heuchelei und Scheinheiligkeit waren ihm zuwider. Und obwohl er Senator war, hielt ich ihn für einen aufrechten Politiker. Niemand

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