Eine Jungfrau Zu Viel
zuteil wird.«
Das war keine Übertreibung. Junge Männer aus der kaiserlichen Familie würden zum Beispiel automatische Kooptation zu den Arvales erwarten, als zusätzliche Mitglieder. Vermutlich waren unsere momentanen Prinzen Titus und Domitian bereits aufgenommen worden. Normalerweise war die Mitgliederzahl auf nur zwölf Männer beschränkt. Frei werdende Stellen waren sicherlich hoch begehrt. Ich war der Meinung, dass die Camilli sich vermutlich überschätzt hatten, als sie Aelianus dafür ausersahen, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, Kritik anzubringen.
Leicht beduselt vom Wein, schien sogar der Senator bereit zu sein, sich der Wahrheit zu stellen. »Wir haben kaum eine Chance, Marcus. Arrogante Bande!«
»Haben sie bereits gewählt?«, fragte ich vorsichtig.
»Nein. Die Wahl findet im Tempel der Concordia auf dem Forum statt, offenbar getrennt von den Festlichkeiten.«
Wir widmeten uns unseren Weinbechern und dachten über die Vergänglichkeit des Lebens nach.
In diesem Moment erschien wider alle Erwartungen der junge Mann, um den es gegangen war, in der Tür des Arbeitszimmers. Sein weißes Festgewand war stark zerknittert, und er sah erhitzt aus. Wahrscheinlich hatte er einen sitzen, aber sein Gesicht verriet nie viel.
Aelianus war kräftiger gebaut und besaß nicht die feinen Gesichtszüge seiner Schwester und seines jüngeren Bruders. Ein solider Brocken römischer Männlichkeit, auf seine Weise – athletisch und mit guten Reflexen ausgestattet. Er überließ es seiner Schwester, die Belesene in der Familie zu sein, während sein Bruder der Sprachbegabte war. Glattes, dickes Haar, das hätte kürzer sein können, dunkle Augen, eine momentan ziemlich fahle Hautfarbe – zu viele Sauftouren mit den Jungs. Ich hätte ihn um seinen Lebensstil beneiden können, aber obwohl er zu viel Freiheit hatte, war er eindeutig nicht glücklich.
»Ja, ich bin hier! Trotzdem, Kopf hoch, Aulus.« Er fand es abartig, dass seine Schwester mit einem Ermittler zusammenlebte. Nachdem wir inzwischen unsere Verbindung besiegelt hatten, machte es mir Spaß, ihn zu frotzeln.
Aelianus blieb einfach stehen, kam weder herein, noch stürmte er wütend davon. Sein Vater wollte wissen, ob es Neuigkeiten über die Kooptation gebe.
»Ich bin nicht aufgenommen worden.« Das brachte er nur mit äußerster Anstrengung heraus.
Decimus fragte, wer gewählt worden sei. Sein Sohn rang sich einen Namen ab, der mir nichts sagte. Decimus schnaubte verächtlich.
»Ach, der Bursche ist in Ordnung«, murmelte Aelianus erstaunlich milde.
Ich drückte ihm mein Mitgefühl aus. »Helena wird sehr traurig sein, das zu hören.« Sie würde erkennen, dass es ein weiterer Rückschlag für ihren Bruder war. Aelianus mochte für immer verdorben sein, wenn es ihm nicht bald gelang, ein paar öffentlichkeitswirksame Leistungen zu erbringen.
Ihn bedrückte noch was anderes als sein Versagen bei den Arvales. Sowohl sein Vater als auch ich musterten Aelianus. Er sah aus, als würde er gleich kotzen. »Hast die Nase in zu viele Weinbecher gesteckt?« Er schüttelte den Kopf. Ich schnappte mir ein geschmackvolles Keramikgefäß von einem Bord mit einer Vasensammlung und hielt es ihm trotzdem hin. Gerade noch rechtzeitig.
Es handelte sich um einen athenischen Becher, mit einem Jungen und seinem Tutor, ein hübsches didaktisches Objekt für jemanden, der dem Wein übermäßig zugesprochen hat. Das Gefäß hatte vernünftige Maße für einen Kotzeimer und zwei Handgriffe zum Festhalten. Wunderschöne antike Kunst.
Nachdem er zu würgen aufgehört hatte, machte Aelianus den Versuch, sich zu entschuldigen.
»Lass nur, das ist uns allen schon passiert.«
»Ich bin nicht betrunken.«
Sein Vater schleppte ihn zu einer Liege. »Und wir alle haben diesen wunderbar formulierten poetischen Satz von uns gegeben.«
Aelianus schwieg bedrückt. Während Decimus das athenische Schmuckstück entsorgte und irgendwo hinstellte, wo ein armer Sklave es morgen finden würde, saß sein Sohn seltsam zusammengekrümmt da. Die Erfahrung sagte mir, dass er das Kotzstadium hinter sich hatte.
»Was ist passiert, Aulus?«
Seine Stimme klang angespannt. »Etwas, womit du dich bestens auskennst, Marcus Didius.« Decimus machte eine plötzliche Bewegung. Ich hob die Augenbrauen, signalisierte ihm, dass wir dem Jungen Zeit geben sollten. »Ich hab was gefunden.« Aelianus sah jetzt hoch und wollte reden. »Ich bin über etwas Entsetzliches gestolpert.«
Er schloss
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