Eine Jungfrau Zu Viel
nicht mehr sagen.
Petronius, der sich auf eine Bank am Tisch gesetzt hatte, streckte seine langen Beine aus, verschränkte die Arme und gab ruhig zurück: »Das ist der einzige Grund, warum ich hergekommen bin – damit du jemand anderen hast, der dir Leid tut.«
Maia, die Petro für einen noch größeren Halunken hielt als mich, nahm es, zumindest für ihre Verhältnisse, erstaunlich gut auf. »Petronius und Falco, die beiden Jungs, die immer anders sein mussten. Jetzt hört mir mal genau zu, ihr zwei. Die offizielle einstudierte Rede geht so: Mein Mann war ein Tunichtgut, dessen Tod sich als das Beste herausstellen könnte, was mir je passiert ist. Wenn ich etwas brauche, muss ich nur darum bitten – was natürlich heißt, bitte nicht um etwas, das Geld oder Zeit kostet oder Peinlichkeiten hervorruft. Darüber hinaus habt ihr mir zu sagen, dass ich noch jung und attraktiv bin – na gut, ihr könnt sagen, ziemlich attraktiv – und dass bestimmt bald jemand kommt, der Famias Platz einnehmen wird.«
Petronius Longus setzte Rhea, die schweigsame Dreijährige, auf seinen Schoß und füllte ihre Essschale. Er war ein guter Vater, und Rhea akzeptierte ihn vertrauensvoll. »Famias Platz als Taugenichts, meinst du?«
»Was denn sonst?« Maia rang sich ein widerstrebendes Lächeln ab.
»Ist schon genug Zeit vergangen, dass man dir sagen kann, du hättest ihn nie heiraten sollen?«
»Nein, Petro.«
»Gut. Dann heben wir uns das für später auf.«
»Keine Sorge, darauf kann ich selbst rumkauen … Ist das nicht abartig, wie erpicht die Leute darauf sind, einem mitzuteilen, dass die Person, die man sich ausgewählt hat, es nicht wert war! Als ob man sich nicht selbst längst gefragt hätte, wofür das Leben eigentlich gut sei und warum man die Hälfte davon verschwendet habe? Alldem geht natürlich ein ›Ich fühle einfach, dass ich dir das sagen muss, Maia!‹ voraus. So rücksichtsvoll!«
»Du darfst nicht vergessen«, riet ihr Petro mit düsterer Stimme wie einer, der Bescheid wusste, »dass du dir einmal eingebildet hast, es sei genau das, was du willst.«
Helena hatte verschiedene Servierschüsseln auf den Tisch gestellt. Jetzt gesellte sie sich uns zu und nahm den ironischen Ton auf: »Ich bin sicher, es gibt jede Menge fromme Seelen, die dir sagen, du hättest vier wunderbare Kinder, die dein Trost sein werden, stimmt’s, Maia? Und dass du dich ihnen ganz widmen musst?«
»Aber mich dabei nicht gehen lassen darf«, knurrte Maia. »›Falls sich etwas ergibt.‹ Was bedeutet, o Juno, lasst uns hoffen, dass Maia bald einen neuen Mann findet, damit wir uns nicht zu lange um sie sorgen müssen.«
»Das klingt alles entsetzlich nach Allia und Galla«, bemerkte ich. Unsere beiden älteren Schwestern brachten es immer wieder fertig, ganz besonders taktlos zu sein. »Und heißt das«, fragte ich sie mit Grabesstimme, »dass unsere Mutter dich damit zu nerven begonnen hat, nett zu dem armen Anacrites zu sein?«
Jetzt fauchte Maia: »Ach, mach dich doch nicht lächerlich! Marcus, Liebling, das würde Mutter nie tun. Sie hat mich bereits davor gewarnt, Anacrites den Kopf zu verdrehen, weil er viel zu gut für mich ist …«
In diesem Moment brach sie zusammen und begann zu weinen. Helena nahm sie in die Arme, während Petro und ich die Kinder ablenkten. Ich warf ihm einen finsteren Blick zu; er zuckte reuelos die Schultern. Vielleicht hatte er Recht. Für sie war es gut, endlich loszulassen. Vielleicht war ich auch nur sauer auf ihn, weil er heute mit seinen krassen Bemerkungen das geschafft hatte, was mir vorher nicht gelungen war.
Schließlich hörte Maia auf, in Helenas Gürtel zu weinen, und trocknete sich das Gesicht mit ihrer eigenen Stola ab. Sie griff nach Cloelia und Ancus und hielt sie rechts und links im Arm. »Jetzt geht’s mir besser. Ich muss dir was gestehen, Marcus. Als du mir erzählt hast, was passiert ist, wurde ich wütend und haben jeden Tropfen Wein, der im Haus war, draußen in den Abfluss geschüttet …« Sie zwang sich zu einem schwachen Lächeln. »Großer Bruder, wenn du einen hast, den du anbieten kannst, hätte ich gern einen Becher Wein zum Essen.«
XII
Nachdem alle gegessen hatten, wollte ich von Maias Besuch im Palast und dem Empfang bei der legendären Königin Berenike hören. Ich schlug den Kindern vor, mit Nux einen Spaziergang auf der Brunnenpromenade zu machen. Gehorsam ließen sie sich verscheuchen, wussten aber als Maias freimütige Brut ganz genau, was hier
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