Eine Jungfrau Zu Viel
liebt, bietet dir an, dich stundenlang in einem offenen Karren durchzurütteln und dann auf einem Kohlacker zu begrapschen.«
»Wie könnte ich da widerstehen?«
»Du kannst Gloccus und Cotta bestimmt mal für einen Tag sich selbst überlassen.«
Helena ließ sich nichts anmerken. »Brauchst du mich?«
»Allerdings. Ich muss mit einem Maultier fertig werden, und du weißt, wie ich das hasse. Außerdem brauche ich deine vernünftige Präsenz, um Mama unter Kontrolle zu halten. Und wenn ich nicht mit dir ankomme, wird Großtante Phoebe annehmen, du hättest mich verlassen.«
»Oh, wie könnte denn jemand auf die Idee kommen?« Helena hatte eine Art, das abzustreiten, die ich etwas Besorgnis erregend fand, wie sie wusste.
»Übrigens, Schatz, Papa hat dir auf seine hinterhältige Art eine Nachricht hinterlassen. Er habe gehört, dass Gloccus und Cotta nicht mehr das seien, was er dir damals empfohlen habe.«
Helena wandte sich endlich von dem Topf ab, den sie mit Sand und Essig geschrubbt hatte. Ihre Augen blitzten. Durch zusammengebissene Zähne zischte sie: »Ich brauche wirklich keinen, der mir erzählt, wie Gloccus und Cotta sind. Wenn noch mal jemand Gloccus und Cotta erwähnt, schreie ich!«
Das kam von Herzen. Allmählich nahm das Bild zumindest Umrisse an. Papa hatte ihr zwei seiner von ihm verhätschelten Trottel angedreht; die Jungs mussten im Baugewerbe tätig sein. Ich grinste und schwieg.
Inzwischen war es drei Tage vor den Nonen des Juni, das Fest der Bellona, Göttin des Krieges. Eine Respekt einflößende Gottheit natürlich, aber keine mit direkter Geflügelverbindung, soweit ich wusste. Gleichzeitig war wieder Wahltag, also war es gescheit, dem Forum fernzubleiben, bevor mich jemand zum Geschworenendienst verdonnern konnte.
Wir schafften den Weg zu den chaotischen Gemüseäckern meiner Verwandten in relativ guter Zeit. Lauch und Artischocken blieben wie üblich sich selbst überlassen, während die Onkel sich ihrem gefühlsmäßig ungeheuer komplizierten Leben widmeten. Sie waren Männer von großer Leidenschaftlichkeit, aufgepfropft auf absolut mittelmäßige Persönlichkeiten. Ich blieb lange genug, um zu erfahren, dass dem bekloppten Onkel Junius endlich das Herz gebrochen war über die von vornherein zum Scheitern verurteilte Beziehung mit der koketten Frau eines Nachbarn, woraufhin er – nach einer schrecklichen Prügelszene mitten während der Kresseernte – vergeblich versucht hatte sich an dem kaputten Balken im Schuppen aufzuhängen (Tante Phoebe hatte ihm immer wieder gesagt, er solle den Balken reparieren). Danach war er von zu Hause abgehauen, wütend über die unerwartete Rückkehr seines Bruders Fabius während eines starken Gewitters, der wiederum, soweit ich mich erinnerte, wütend über eine Lebenskrise von zu Hause abgehauen war (da Fabius tatsächlich nichts anderes tat, als im Leben anderer Leute Ärger zu machen und sich dann weinerlich zu entschuldigen, war sein Abhauen von allen unterstützt worden). Also das Übliche. Die beiden Brüder trugen eine lebenslange Fehde aus, die so alt war, dass sich niemand mehr an den Ursprung erinnern konnte, aber sie waren sehr zufrieden damit, sich gegenseitig zu hassen. Ich hatte Fabius seit Jahren nicht gesehen; er hatte sich nicht zum Besseren gewandelt.
Mama nahm uns Julia ab und ließ sich nieder, um mit Phoebe den Kopf über die Jungs und ihre Probleme zu schütteln. Nux kam mit mir. Sie war ängstlich und anhänglich geworden nach der Episode auf dem Kapitol, wo Priesternovizen sie auf der Suche nach zu kreuzigenden Hunden eingefangen hatten. Dazu kam noch, dass eine Reihe grässlicher Köter seit neuestem unsere Vorderveranda belagerten, was darauf hindeutete, dass Nux läufig war. Als Hebamme für mein eigenes Kind zu fungieren war verstörend genug gewesen, eine Erfahrung, die ich nicht mit einem Haufen Welpen wiederholen mochte.
Helena wusste, dass ich die Familie Laelius überprüfen wollte, also kam sie mit mir, nachdem wir Mama abgesetzt hatten.
Ein heißer Junimorgen, ein gemächlich dahintrottendes Muli, das müde genug war, meinen Befehlen zu gehorchen, Helenas Knie an meinem und ihre leicht bekleidete Schulter, die sich an meinen Arm schmiegte. Nur die nasse Nase von Nux, die sich von hinten zwischen uns quetschte, verdarb dieses Idyll.
»Tja, hier zuckeln wir beide nun friedlich durch die Landschaft«, sinnierte meine Liebste. »Deine Chance, Marcus, mir mein Geheimnis zu entlocken.«
»Da käm ich im Traum
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