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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bitte?«
    »Jupiter, woher soll ich das wissen?« Plötzlich empfand ich mehr Verständnis für all die sich unbestimmt ausdrückenden Zeugen, die ich früher angebrüllt hatte. »Ihr Name ist Gaia Laelia, Tochter von Laelius Scaurus. Sie ist sechs Jahre alt und ziemlich klein. Sie war gut gekleidet, trug Schmuck – Armreifen –, und ihr Haar war hochgesteckt …«
    »Das kann man ändern«, sagte Petro grimmig. Wenn Bordellbesitzer sie geschnappt hatten, würden sie als Erstes ihr Äußeres verändern.
    »Stimmt. Dunkle Haare, dunkle Augen. Kultivierte Sprache, selbstbewusst. Hübsch …«
    Petro stöhnte.
     
    Vielleicht wider besseres Wissen beschloss er, Rubella, seinem Kohortenkommandeur, von der Sache zu erzählen. Er konnte die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass Gaia im Auftrag anderer entführt worden war. Was unter Umständen bedeutete, dass alle an der Lotterie teilnehmenden Mädchen ebenfalls in Gefahr waren.
    Rubella meinte zuerst, Petronius habe sie wohl nicht alle. Trotzdem begab sich der skeptische Tribun sofort zum Präfekten der Stadtkohorten. So war zumindest die Vierte gedeckt, falls es später zu Unannehmlichkeiten kam. Sollte der Präfekt die Geschichte ernst nehmen, würde er als nächsten Schritt vermutlich das Büro des Pontifex Maximus – also des Kaisers – um eine Liste aller Teilnehmerinnen der Lotterie bitten, damit man die Eltern warnen konnte. Da die Familie Laelius die Sache immer noch als kleines häusliches Problem darstellen wollte, von dem niemand zu erfahren brauchte, fand ich, dass das Ganze gefährlich eskalierte. Aber angesichts ihrer gesellschaftlichen Prominenz durften sie sich nicht wundern, dass die Geschichte durchgesickert war.
     
    Zeit ist ein wichtiger Faktor. Die Laelii ignorierten das. Selbst wenn die kleine Gaia zu Hause in einem Vorratsschrank eingesperrt war, mussten sie eine systematische Suche durchführen, und das sofort. Petronius und ich hätten sie dabei beraten können; wir waren frustriert, weil wir nicht mal in dieser Richtung etwas unternehmen konnten. Aber ein Flamen Dialis war den Göttern so nahe, wie es in menschlicher Form möglich ist, und ein pensionierter konnte noch genauso arrogant sein. Laelius Numentinus hatte Jupiter dreißig Jahre lang auf Erden repräsentiert. Wir hüteten uns beide davor, mit ihm aneinander zu geraten. Petronius war ein zu rangniederes Mitglied der Vigiles, und seine Vorgesetzten hatten ihm strikt verboten, etwas zu unternehmen, bevor die Laelii nicht selbst Hilfe anforderten. Was mich betraf, ich war der für die kapitolinischen Gänse verantwortliche Emporkömmling – und Laelius Numentinus hatte bereits deutlich gemacht, was er davon hielt.
    Es war jetzt acht Tage vor den Iden des Juni. Morgen würde das Fest der Vesta beginnen. Für den heutigen Tag stand nichts Heiliges an. Als Geflügelprokurator wurde mir also zeitlich nichts abverlangt. Als Helena und Maia wütend von ihrer fehlgeschlagenen Mission zurückkehrten, hatte ich mir einen Plan überlegt, wie wir die geheimniskrämerischen Laelii umgehen konnten. Dazu bedurfte es des Besuches eines ganz anderen Hauses, das der Öffentlichkeit noch viel sorgsamer verschlossen war – das Haus der Vestalinnen am Ende der Via Sacra.

XXVII
     
     
    Wir hatten nicht weit zu gehen, nur den Aventin hinunter, vorbei am Tempel der Ceres, am Forum Boarium, um den Circus Maximus und dann aufs Forum im Schatten des Tarpeischen Felsens. Wir betraten die Via Sacra nahe der Basilica, gingen unter dem Augustusbogen zwischen den Tempeln von Castor und Julius Cäsar hindurch und erreichten etwa auf der Mitte des Forums das Heiligtum der Jungfrau. Zu unserer Linken lag die Regia, einst der Palast von Numa Pompilius, des zweiten Königs von Rom, und jetzt das Büro des Pontifex. Rechts befand sich der Tempel der Vesta, und hinter dem Tempel, zwischen der Via Sacra und Via Nova, das Haus der Vestalinnen. Helena begleitete mich als Anstandsdame. Wir hatten Julia dabei, Nux aber bei Maia gelassen, die sich widerstrebend bereit erklärte, sie vor der Aufmerksamkeit lüsterner Rüden zu schützen. Maias Tochter Cloelia war mitgekommen, unter der strikten Auflage, immer in Sichtweite zu bleiben, falls auch sie von Gaias Entführern ausersehen war, so es die denn gab. Ich hatte vor, mich an die Jungfrau Constantia zu wenden; Cloelia würde sie mir zeigen, wenn sie zusammen mit den anderen ehrbaren Jungfrauen feierlich ihren täglichen Pflichten nachkam.
    Ich trug meine Toga. Die

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