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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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Schundkrimi. Ich war überzeugt,
daß sie nichts Böses getan hatte, aber der Gedanke,
daß jemand versuchte, ihr einen Mord anzuhängen, war auch
nicht gerade beruhigend.
    Dann ließ ich einen kontrollierenden Blick
durch meine Wohnung gleiten. Hier mußte ein bißchen
aufgeräumt werden. Ich mußte die Wäsche sortieren und
eine ganze Reihe anderer kleiner Hausarbeiten verrichten, aber darauf
konnte ich mich jetzt nicht konzentrieren. Auf einem der Sessel lag, in
einem grünen Schnellhefter, ein Skript, das ich vor ein paar Tagen
dort hingelegt und sofort vergessen hatte. Mein Agent hatte das
Stück als schwarze Komödie beschrieben. Die Autorin war eine
Frau aus New Hampshire, die bereit war, die Produktion aus eigenen
Mitteln mitzufinanzieren.
    Ich nahm geistesabwesend das Skript in die Hand. Der Titel lautete Die Huren von Endor. Ich
blätterte es oberflächlich durch. Es war ein
Drei-Frauen-Stück. Alle drei sind Patientinnen in einer eleganten
psychatrischen Klinik namens »Endor«. Eine hat Bulimie. Die
zweite ist paranoid. Und die dritte ist schizophren.
    Ach ja. Dieses unbarmherzige, fröhliche Zeug.
Das typische Ausdrucksmittel für Alice Nestleton. Würde es
mich reizen, in so einem Stück mitzuspielen? Ich wußte es
nicht. Alles, war ich tun konnte, war, auf die Worte zu starren und zu
warten, daß die Zeit verging. Es war wie geistiges Stricken. Mein
Kopf war ganz woanders: bei der Ballettaufführung, in Lucias
Wohnung, im Untersuchungsgefängnis, wo alte Eisenstangen ihre
Schatten über Lucias Gesicht warfen. Die Vokale auf den Seiten
kamen mir auf groteske Weise bekannt vor. Sie erinnerten mich an das
Loch in Peter Dobrynins Stirn.
    Ich weiß nicht, wie lange ich noch dagesessen
und die Seiten des Skripts umgeblättert hätte, wenn das
Telefon nicht geklingelt hätte. Keiner meiner Freunde würde
mich so spät noch anrufen. Ich hoffte nur, daß es keine
schlechten Neuigkeiten waren.
    Es war Frank Brodsky, Lucias Anwalt. Ich fragte ihn, wie es ihr ginge.
    »Es wird schon werden«, versicherte er mir. »Morgen früh kriegen wir sie gegen Kaution frei.«
    Dann bat er mich, am nächsten Morgen in sein
Büro zu kommen. Er sagte, daß die Familie Maury großen
Wert auf meine Hilfe lege. Natürlich stimmte ich sofort zu.
    Frank Brodskys Büro lag in einem
wunderschönen Gebäude aus hellem Stein in einer der
östlichen Achtziger-Straßen, einen halben Block vom Central
Park entfernt. Ich läutete, der Türsummer ertönte, und
ich sah einen älteren Mann mit weißen Haaren oben an einer
Wendeltreppe stehen.
    »Hier entlang, Miss Nestleton.«
    Ich ging hinauf. Dann standen wir uns gegenüber
und gaben uns die Hand. Er war viel kleiner als ich, aber trotzdem eine
beeindruckende Erscheinung. Er war sehr sorgfältig gekleidet:
anthrazitfarbener Nadelstreifenanzug, Krawatte aus Moireseide und eine
Krawattennadel mit einem Rubin. Durch die Oberlichter über uns
fiel in breiten Strahlen die Sonne herein.
    Mr. Brodsky führte mich an seiner
Sekretärin vorbei in einen elegant eingerichteten Raum, sein
Arbeitszimmer. An den Wänden hingen atemberaubende Gemälde
der Hudson-River-Schule - paradiesische Lichtungen, Schluchten und
Berge. Obwohl ich nicht viel von Kunst verstehe, war auch mir sofort
klar, daß es sich hierbei um Originale handelte. Das erinnerte
mich an eine Teeparty, auf der ich einmal gewesen war, im Garten des
Stadthauses einer reichen Witwe. Auch da war mir sofort klar gewesen,
daß die Skulptur neben der Kapuzinerkresse ein echter Rodin war. So etwas spürt man einfach.
    Wir setzten uns an einen blankpolierten Tisch, der
mit Porzellantassen, passenden Untertassen und einer silbernen
Kaffeekanne mit starkem französischem Kaffee gedeckt war. Brodsky
schenkte uns beiden ein und bot mir dann aus einem Korb winzige
Brötchen und Marmelade an. Ich war ein bißchen hungrig, aber
irgendwie hatte ich das Gefühl, daß ich ablehnen sollte.
Reichtum, Macht - und was sonst noch, Spießertum? - können
diese Wirkung auf einen Menschen haben.
    »Diese ganze ... Situation ist
einfach schrecklich für Lucia«, begann er. »Sie und
ich wissen, daß die Vorwürfe gegen sie zu Unrecht erhoben
werden. Es ist einfach absurd, Miss Nestleton. Und wir wissen auch, wie
unendlich unsere Freundin leidet. Aber es ist eine Tatsache, daß,
wenn die ballistische Untersuchung ergibt, daß die Waffe, mit der
Mr. Dobrynin umgebracht wurde, dieselbe ist, die in Lucias Büro
gefunden wurde ... Nun, dann bin ich sicher, daß Anklage

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