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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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hatte
ihn in ein neues, sehr vornehmes Restaurant in den westlichen
Zwanziger-Straßen »entführt«. Nouvelle cuisine
Américaine mit italienischem Anstrich in Flohmarktambiente, so
war es mir beschrieben worden.
    Wir nippten unseren Moët Chandon und kosteten
von der Vorspeise, die soeben serviert worden war: winzige
gedünstete Muscheln, jede mit einem Klecks einer grünen
Paste, auf dem Teller kunstvoll in einem kleinen Kräuterwald
arrangiert. Das Zeug war atemberaubend und kostete siebzehn Dollar
fünfzig.
    »Okay, Alice«, sagte Tony und sah mich grinsend an.
    »Ich hab’s jetzt. Du hast deinen Stolz
runtergeschluckt und eine Rolle in einer Seifenoper angenommen. Und du
hast eine Vorauszahlung auf dein Honorar erhalten. Stimmt’s? Und
gleichzeitig ist dir klar geworden, daß es albern ist, dich mir
gegenüber so abweisend zu verhalten wie in letzter Zeit. Deshalb
versuchst du jetzt, meine Zuneigung zu erkaufen. Du hast dir endlich
selbst eingestanden, daß du verrückt nach meinem Körper
bist, stimmt’s? Dies ist schlicht und ergreifend ein
Verführungsessen.«
    »Da liegst du leider in jeder Hinsicht schief,
Schätzchen«, sagte ich, nachdem ich eine der Muscheln
verzehrt hatte, die angenehm heiß waren. »Ich bin engagiert
worden, um den Mord an Peter Dobrynin aufzuklären.«
    Er sah mich ungläubig an. »Du meinst diesen verrückten Tänzer, der Heiligabend erschossen wurde?«
    »Ja.«
    »Und warum ausgerechnet du?«
    »Ich war im Ballett, als es passiert ist. Und
eine alte Freundin von mir, Lucia Maury, wird vermutlich des Mordes
angeklagt werden. Falls ich nicht etwas herausfinde, das sie
entlastet.«
    »Lucia ...« Tony ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. »Kenne ich sie?«
    »Vielleicht hast du sie mal bei mir getroffen,
vor vielen Jahren, damals, als ich noch auf der West Side gewohnt
habe.«
    Dann erzählte ich alles, was geschehen war: Wie
die Leiche gefunden worden war, von der Durchsuchung in Lucias Wohnung,
der Pistole, die unter ihrem Schreibtisch geklebt hatte, und meinem
Treffen mit dem Anwalt Frank Brodsky.
    Er aß genüßlich die Muscheln auf, während er zuhörte.
    »Und jetzt möchtest du, daß ich dir bei den Ermittlungen helfe.«
    »Ja, Tony. Ich glaube, du brauchst mal eine
Pause vom Verführen junger Schauspielerinnen - aus
gesundheitlichen Gründen.«
    Er lachte und trank seinen Wein aus. Ein magerer
junger Kellner kam an den Tisch, um nachzuschenken, aber Tony winkte ab
und goß selbst ein.
    »Außerdem glaube ich«, sagte ich,
»daß du vielleicht an der Hälfte meines Honorars
Interesse haben könntest, zweitausendfünfhundert Dollar.
Natürlich abzüglich dessen, was dieses lumpige Menü hier
kosten wird.«
    Er schaute mich verschmitzt an. »Ist das nicht
komisch, Alice? Ich bin in der Tat momentan etwas knapp bei Kasse. Der
Typ, der meine Copy-Shops gekauft hat, wird wahrscheinlich Pleite
machen. Das heißt, daß die Wechsel, die er mir gegeben hat,
wahrscheinlich pro Dollar nur noch zehn Cents bringen werden, nachdem
das Konkursverfahren abgeschlossen ist. Und ich habe schon seit zwei
Monaten keinen Unterhalt mehr für meine Kinder bezahlt, und meine
Ex droht mir schon mit einer langen Gefängnisstrafe. Dazu kommt
noch, daß sie mich für diese Brecht-Inszenierung an der
Universität von Texas in Austin, wo sie wirklich die große
Knete haben, nicht nehmen werden. Zweitausendfünfhundert scheint
mir ein angemessener Preis für meinen Körper.«
    »Nicht für deinen Körper, Tony, für dein Hirn.«
    Wir hatten den Hauptgang noch nicht bestellt, aber
jetzt war es an der Zeit. Tony entschied sich für einen
würzigen Eintopf aus wildem Kaninchen. Ich nahm Bachforelle mit
Naturreis und Paprika.
    Während wir auf das Essen warteten, tranken wir Wein.
    »Um ehrlich zu sein, Alice, ich bin kein großer Ballettfan.«
    »Das macht nichts«, versicherte ich ihm.
»Wir wollen einen Mord aufklären und nicht an einem
intellektuellen Quiz teilnehmen.«
    »Es ist ja auch nicht so, daß ich Ballett nicht mag. Im Gegenteil. Ich finde es wunderbar.«
    »Ich glaube, du hast mich falsch verstanden, Tony. Jedenfalls weiß ich nicht, was du meinst.«
    »Das wundert mich nicht, Watson. Ich bin ein
sehr kompliziertes Wesen. Schau, es ist ungefähr sieben Jahre her,
daß ich zum letzten Mal im Ballett war. Freunde meiner Frau
hatten uns eingeladen. Wir haben die Dunklen Elegien von Antony Tudor gesehen. Kennst du das, Alice?«
    »Nein.«
    »Nun, es war faszinierend. Ich war

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