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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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tief und kräftig.
    Die Polizisten schienen ungeduldig zu werden. Wir
hörten, wie eine Schranktür zugeworfen wurde. Lucia
schluchzte. Ich nahm ihre Hand und hielt sie ganz fest.
    »Du hast mich damals nicht in Raymonda gesehen?« fragte sie.
    »Nein.«
    »Damals habe ich eine Saison lang mit dem San
Francisco Ballet getanzt. Ein Kritiker sagte, ich sei großartig
gewesen: ›anmutig, aber nicht aufgesetzt‹. Er sagte, mein
Tanz enthülle mehr, als er verberge. Er sagte: ›Der
Schlüssel zu Miss Maurys Sensibilität ist ... ist ...‹
äh ...«
    Lucia unterbrach ihre Erinnerungen abrupt, wandte
sich mir zu und blickte mich plötzlich hart an. »Was geht
hier eigentlich vor, Alice?« brüllte sie.
    Ihr Tonfall war jetzt sehr sonderbar. Er schien
nichts mehr mit dem Inhalt ihrer Worte zu tun zu haben. Es war, als
würde sie sich weiter und immer weiter von der Normalität
entfernen, vom gesunden Menschenverstand.
    »Es wird bald vorbei sein«, sagte ich und hoffte, daß das als Antwort reichte.
    Da klingelte das Telefon. Zweimal. Dreimal. Lucia
schien das Geräusch wahrzunehmen, aber sie machte keine Anstalten
aufzustehen. Statt dessen sagte sie verärgert: »Ich will,
daß die endlich abhauen!«
    »Ich gehe schon ran«, sagte ich und ging hinüber, um den Hörer abzunehmen.
    Eine Stimme am anderen Ende bellte: »Holen Sie Wilson!«
    Wilson?
    »Sie haben sich verwählt«, sagte
ich. In diesem Moment schaute ich auf und sah den Detective auf mich
zukommen. Ach ja, der heißt ja so. Ich gab ihm den Hörer und ging zu Lucia zurück.
    Detective Wilson hörte ungefähr dreißig Sekunden zu und nickte ab und an. Dann legte er auf.
    Er kam entschlossenen Schrittes auf uns zu. Sein
bunter Pulli war ein wenig hochgerutscht und enthüllte den Ansatz
eines typisch männlichen Bierbauchs.
    »Miss Maury, die Waffe ist gefunden worden. Sie
war unter den Tisch in Ihrem Büro geklebt. Es ist eine Waffe vom
Kaliber fünfundzwanzig, derselbe Typ, mit dem Dobrynin erschossen
wurde.«
    Wir warteten alle. Ich blickte Wilson an, er Lucia und sie mich.
    »Detective«, setzte ich an und versuchte,
in scharfem, autoritärem Ton zu sprechen. Aber er unterbrach mich
sofort.
    »Haben Sie mir etwas zu sagen, Miss
Maury?« Er war völlig auf Lucia fixiert. Ich glaube, ich
hörte, daß sie leise schluchzte.
    »Bitte ziehen Sie sich an«, befahl
Wilson. »Miss Maury, ich nehme Sie wegen Mordverdachts fest. Ich
bin gesetzlich verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen, daß sie das
Recht haben zu schweigen, das Recht ...«
    Eine Welle des Mitgefühls für Lucia
durchflutete mich in diesem Augenblick, und ich fühlte mich
genauso verängstigt und hilflos, wie sie sich jetzt fühlen
mußte. Ich konnte es nicht ertragen, zu hören, wie dieser
Fremde sein Sprüchlein aufsagte. Es war einfach zuviel. Und so
hielt ich mir wie ein kleines Kind die Ohren zu.
    6
    Es war dunkel, als ich nach Hause kam. Ich hatte das
Gefühl, tagelang nicht in meiner Wohnung gewesen zu sein. In dem
Napf für das Trockenfutter der Katzen waren nur noch ein paar
Bröckchen, also beeilte ich mich, eine Dose ihrer duftenden
Lieblingsvorspeise zu öffnen. Aber irgendwie waren die Tiere nicht
sehr angetan von dem Gedanken an eine Mitternachtsmahlzeit.
    Ich ließ mich auf das Sofa fallen. Na gut,
Lucia war im Gefängnis. So verrückt sich das auch
anhörte, es war Realität. Ihr Anwalt war immer noch auf dem
Polizeirevier.
    Dann fiel mir mein Besucher wieder ein. Es kam mir
vor, als sei das letzte Woche gewesen. Tony. Ich entdeckte eine
Nachricht auf einem Zettel, den er von einem Block abgerissen und an
die Eingangstür geheftet hatte. Ich holte den Zettel.
    Schwedenmädel: Das einzige, wofür du
zu alt bist, ist das Singledasein. Außerdem bist du dafür zu
schön. Ich bin im Pickwick Arms Hotel. Ich wünschte, es
würde dir gehören.
    Basillio
     
    Ich kannte das Hotel. Es war ein nicht allzu teurer
Laden auf der östlichen Fifty-first Street, in dem vorwiegend
Touristen aus Südamerika abstiegen.
    Mit dem Zettel in der Hand setzte ich mich wieder auf
das Sofa. Bushy kletterte neben mich. Wir schauten Pancho zu, der
zweimal an meinen Beinen vorbeisauste und dann in der Küche
verschwand.
    Die Ereignisse des Tages hatten mich aus dem
Gleichgewicht gebracht. Wie hatte das alles nur geschehen können?
Die anständige, ordentliche Lucia im Gefängnis, unter
Mordverdacht. Eine Pistole, die in ihrem Büro unter dem Tisch
angeklebt war - angeklebt. Das
hörte sich an wie aus einem

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