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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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bei ihm vorgesprochen, aber du hättest sie nicht
bekommen. Ein Stück, das Die verrückte Mrs. Heath hieß,
oder so ähnlich. Und er sagte, du hättest die Rolle nicht
bekommen, weil du es abgelehnt hättest, mit dem entsprechenden
Akzent zu sprechen. Die Rolle war die einer kalifornischen Protestantin
der gehobenen Gesellschaftsschicht. Und du hast dem Regisseur gesagt,
daß diese Leute reden wie Südstaatennutten und daß du
nicht bereit seist, einen Südstaatenakzent zu imitieren. Oder so
was Ähnliches.«
    »Was für ein Unsinn!« explodierte
ich. »Ja, natürlich habe ich für diese Rolle
vorgesprochen. Ungefähr vor sieben Monaten. Und das Stück
heißt Das Verhör der Mrs. Heath. ›Verhör‹,
Tony, nicht ›verrückt‹. Und es war nicht so,
daß ich zu irgendwas nicht ›bereit‹ gewesen
wäre. Ich hatte die Rolle!
    Außerdem: Ich habe mich überhaupt nicht mit
dem Regisseur über irgendeinen blöden Akzent gestritten. Es
ging vielmehr darum, daß er eine große Leinwand über
der Bühne anbringen wollte, auf die während der Vorstellung
irgendwelche schrecklichen, künstlerischen Kommentare
projiziert werden sollten. Und das ist ja wohl so mit das
scheußlichste, angeblich moderne Requisit, von dem man je
gehört hat - einfach unerträglich kreativ. Und ich verdiene
mir lieber mein Brot damit, daß ich für den Rest meines
Lebens schlechtgelaunte Katzen entwurme, als mich mit einem
bescheuerten Regisseur abzugeben, der keine Ahnung von ...«
    »Schwedenmädel«, unterbrach Tony
meine Tirade, »das ist doch alles, wie heißt das so
schön, Schnee von gestern. Ich hab dir nur erzählt, was ich
gehört habe. Wozu bin ich denn sonst im Moment noch gut?«
    »Na, dir scheint es doch recht gut zu gehen, wenn du alle diese jungen Dinger flachlegst.«
    »Ich habe wirklich Chancen bei denen, das
stimmt schon. Ich glaube, das hängt mit meiner europäischen
Seele zusammen. Irgendwie bin ich ein echter Renaissance-Typ,
weißt du. Das muß es wohl sein, das und meine
offensichtliche Verzweiflung.«
    Ich hatte Bushy auf dem Schoß und tröstete
ihn nach seiner kurzen Gefangenschaft bei Tony, der jetzt aufstand, mir
den Kater behutsam abnahm und auf den Boden setzte.
    »Was soll das?«
    »Ich traue dem Typen nicht.«
    »Wem, Bushy? Er ist der beste Freund, den ich
je hatte«, sagte ich. »Du kennst mich, Tony. Wenn du mich
lieben willst, mußt du auch meine Katze lieben.«
    »Okay.«
    Er gab mir einen sehr langen Kuß, und ich wehrte mich nicht.
    Bushy knurrte.
    »Hör zu«, sagte Tony vertraulich.
Der Brandy begann offenbar zu wirken. »Ich glaube, wir
müssen den Henry-Wyatt-Test machen, um mehr über den
Charakter dieses Katers zu erfahren.«
    »Henry wer?«
    »Sir Henry Wyatt wurde von Richard III. in den
Kerker geworfen, weil er auf der Seite des Hauses Lancaster stand. Du
weißt schon, der Rosenkrieg.«
    »Und was hat das mit Bushy zu tun?«
    »Na ja, damals war ein Kerker kein sehr
angenehmer Aufenthaltsort. Und Sir Henry hat nur überlebt, weil da
eine kleine, traurig aussehende Katze war, die ihm immer Tauben zum
Essen brachte. Und jetzt frage ich dich, Alice«, er schaute
hinunter auf Bushy, »würde dieses Tier das auch für
dich tun? Würde er das schaffen?«
    Ich wußte nicht, was ich darauf antworten
sollte. Die Vorstellung war einfach zu absurd. Also sagte ich nur:
»Keinen Brandy mehr, Tony.«
    »Okay«, stimmte er zu, »keinen Brandy mehr. Laß uns was anderes machen, Alice.«
    Es war das plötzliche Klingeln des Telefons, das
Basillio die Tour vermasselte. Verwundert ließ er mich los, und
ich nahm den Hörer vor dem zweiten Läuten ab.
    Am anderen Ende der Leitung war Lucia Maury. Dem Klang ihrer Stimme nach war sie in einem Zustand zwischen Apathie und Hysterie.
    Sie sprach in abgehackten Halbsätzen.
»Alice! Die Polizei ist hier ... hier in meiner Wohnung. O
Alice!« jammerte sie, »die glauben ... ich hätte ...
Dobrynin umgebracht.«
    »Erzähl mir, was passiert ist, Lucia. Versuch ganz ruhig zu bleiben.«
    Aber das konnte sie nicht. Ich verstand kaum, was sie
sagte. Sie schrie etwas von einem Hausdurchsuchungsbefehl. »Hilf
mir!« war das einzige, was ich deutlich verstehen konnte.
    »Ich bin schon unterwegs, Lucia, okay? Ich bin in ein paar Minuten bei dir, okay?«
    Sie hatte aufgelegt. Ich sah mich nach Tony um, der
auf der Erde lag und dem argwöhnischen Bushy eine Spielzeugmaus
vor die Nase hielt.
    »Tony, ich muß weg. Bleib hier, wenn du
möchtest. Ich erzähle dir später alles. Spiel

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