Eine Katze hinter den Kulissen
Kräuterquark im Hause, und das weißt du ganz genau.«
»Dann nehme ich den Brandy, mein Mädchen.«
Er grinste, als ich ihm das Glas brachte.
»Du bist schöner denn je, Alice«, sagte er. »Können wir jetzt ins Bett gehen, jetzt gleich?«
Ich ignorierte diese Frage. Bushy nützte die Gelegenheit und entwand sich Tonys Griff.
»Was treibst du denn so, Tony?« fragte ich ein wenig mißtrauisch.
Er grinste mich noch einmal auf seine vermeintlich
unwiderstehliche Art an, aber diesmal zitterte er. Wie gewöhnlich
war er ziemlich salopp gekleidet. Dann bemerkte ich, daß sein
ausdrucksvolles, vernarbtes Gesicht von der Kälte gerötet
war. Er hatte sein Haar recht lang wachsen lassen, es fiel ihm bis in
den Nacken. Na ja, dachte ich, wenigstens hat er noch nicht dieses
Pferdeschwanz-Syndrom entwickelt, das heutzutage bei Männern
mittleren Alters so verbreitet ist. Denn er war ein Mann mittleren
Alters, auch wenn man das manchmal kaum glauben konnte.
»Schwedenmädel«, wiederholte er
schmachtend. Niemand sonst nannte mich bei diesem albernen Namen.
»Ich treibe nichts Gutes, aber ich habe viel Spaß
dabei.«
Tony reckte sich genüßlich.
Nein, der Name »Schwedenmädel« hat
überhaupt nichts mit mir oder meinem Leben zu tun. Denn ich bin
zwar in der Tat groß und blond, aber ich sehe überhaupt
nicht wie eine Schwedin aus, und ich bin auch keine.
»Ich vertreibe mir die Zeit, indem ich von
einer tollen Party zur nächsten eile und schöne junge
Schauspielerinnen anmache. Und wenn ich dann eine entdeckt habe, die
ungefähr neunzehn ist und gerade erst aus der Provinz gekommen,
mit langen goldenen Haaren und einem festen, voll entwickelten
Körper und diesem hungrigen Gesichtsausdruck, dann sage ich ihr
einfach, wer ich bin.
Natürlich hat sie noch nie von mir gehört.
Also erzähle ich ihr, daß ich ein berühmter
Bühnenbildner bin, daß früher sogar Olivier
persönlich es abgelehnt hat, in einem amerikanischen Film
mitzuspielen, wenn ich nicht die Kulissen entwarf.
Und dann frage ich sie, ob sie nicht mit in mein Zimmer kommen möchte, um sich die ... äh ... Entwürfe für
die Bühnenbilder für den Thebaner-Zyklus anzuschauen. Und
dann verspreche ich ihr, daß ich einen Star aus ihr machen werde,
und sie schmilzt in meinen Armen dahin. Sie kennen diese Masche, Miss
Nestleton. Tja, so ungefähr. Das ist es, was ich so treibe.«
Er hielt mir das leere Glas hin.
»Na gut, Tony«, sagte ich, ohne ihm das
Glas abzunehmen, »und jetzt, wo du in dein wirkliches Leben
zurückgekehrt bist, was hast du jetzt vor?«
»Gib mir bitte erst noch einen Brandy.«
»Ich weiß nicht, Tony. Die Flasche ist fast leer.«
»Aber es ist doch schließlich immer noch Weihnachtszeit!«
Ich tat widerwillig, aber ich nahm das Glas und schenkte nach.
»Um die Wahrheit zu sagen, ich war
kürzlich wirklich auf ein paar Partys. Und auf einer dieser
Weihnachtsfeiern wurde viel von dir gesprochen.«
»Von mir? Wer denn?«
»Irgendein Regisseur. Ich weiß nicht mehr, wie er hieß.«
Ohne es zu wollen, stieß ich hervor: »Und was hat er gesagt?«
Tony lachte und nahm langsam einen Schluck von seinem Brandy, bevor er fortfuhr. Er machte es mit Absicht so spannend.
»Der Typ hat gesagt, ich zitiere: ›Alice
Nestleton ist eine der besten Schauspielerinnen, die wir derzeit haben,
aber sie wird niemals reich und berühmt werden ... niemals ein
Star werden ... niemals in einer Limousine vor einem Restaurant
vorfahren ... Sie wird nie ein Sommerhaus in der Dune Road
besitzen.‹«
»Er hat vergessen zu sagen, daß sie sich
niemals einen Schneider wird leisten können, der ihren
Kamelhaarmantel ein bißchen ausläßt. Komm schon, Tony,
du willst mich auf den Arm nehmen.«
»Nein, Alice, ich schwöre es. Ich
schwöre es beim Haupte deiner seligen Großmutter. Der Typ
hat gesagt, daß es zwei Gründe dafür gibt, daß du
es bisher nicht weit gebracht hast und es auch in Zukunft nicht weit
bringen wirst. Erstens, sagt er, bist du zu alt. Obwohl ich nicht
dieser Meinung bin, Schatz. Das war wirklich gemein. Und zweitens, sagt
er, bist du viel zu stur - ›eigenwillig‹ hat er dich
genannt. Eigenwillig. Er sagt, du führst dich immer auf wie ein
Theaterpapst, der heilige Anweisungen gibt.«
»Ha! Und was hast du gesagt?«
»Ich? Nichts. Ich war an der Unterhaltung gar nicht beteiligt. Ich habe nur zugehört.«
»Aha«, nickte ich. »Und du weißt wirklich nicht, wie er heißt?«
»Nee. Aber er sagte, du habest mal für
eine Rolle
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