Eine Kiste explodierender Mangos
Frau, auf die er seine gesellschaftlichen Regeln nicht anwenden konnte. Hatte es im ersten Heiligen Krieg des Islam nicht auch Kriegerinnen gegeben, die Schulter an Schulter mit ihren Männern kämpften? War Joanne denn nicht seine Verbündete im Dschihad gegen die gottlosen Kommunisten? Hatte sie ihm nicht versprochen, mehr zu tun als das gesamte AuÃenministerium? Konnte man sie nicht als ehrenhaften Mann betrachten? Sogar als Mudschahed? An diesem Punkt scheiterte seine Argumentation, da er an ihr goldenes geföntes Haar denken musste, den herzförmigen Diamantanhänger, der sich zwischen ihre Brüste schmiegte, ihre sinnlichen roten Lippen und das rauchige Flüstern in seinen Ohren, das selbst den banalsten Wortwechsel wie einen geheimen Plan erscheinen lieÃ.
Allah prüft nur die, die er wirklich liebt, sagte er sich zum soundsovielten Mal und setzte sich energisch und entschlossen wieder hin. âJa, kommen Sie hereinâ, sagte er.
Die Tür ging auf und eine Wolke aus Sandelholz, pfirsichfarbener Seide und malvenfarbenem Lippenstift schwebte ihm entgegen. âExzellenz, willkommen in unserer schönen Stadt Lufkinâ, gurrte sie. General Zia erhob sich, nicht sicher, ob er hervorkommen, ob er sie küssen, umarmen oder ihr aus sicherer Schreibtischwarte die Hand entgegenstrecken sollte. Doch als Joanne auf ihn zustürzte, löste sich die Selbstbeherrschung, mit deren Hilfe er drei Kriegsjahre, einen Putsch und zwei Wahlen überlebt hatte, in Rauch auf. Er verlieà seinen Schutzwall und ging ihr mit ausgebreiteten Armen entgegen, auÃerstande, den Blick auf ihr Gesicht zu konzentrieren. In dieser Umarmung bemerkte er voller Genugtuung, dass sie nicht die Stöckelschuhe trug, in denen sie ihn um einen Kopf überragte. Ohne die Absätze waren sie gleich groÃ. Ihre linke Brust drückte sich leicht gegen seinen prall sitzenden Safarianzug, und General Zia schloss die Augen, während sein Kinn auf dem Satinträger des BHs auf ihrer Schulter ruhte. Einen Augenblick lang erschien das Gesicht der First Lady vor seinem inneren Auge. Er versuchte an etwas anderes zu denken: die Höhepunkte seiner ruhmreichen Laufbahn; sein erster Händedruck mit Ronald Reagan; seine Rede vor den Vereinten Nationen; Khomeinis Aufforderung zur MäÃigung. Seine Träumereien fanden ein abruptes Ende, als Joanne sich seinen Armen entwand, sein Gesicht in ihre Hände nahm und ihn auf beide Wangen küsste. âExzellenz, Sie brauchen eine Rasur.â
General Zia zog den Bauch ein. Sanft zwirbelte sie an seinem Schnurrbart. âTexaner sind groÃherzige Menschenâ, sagte sie. âAber äuÃerst engstirnig, wenn es um Gesichtshaare geht. Würden Sie den herrlichen Hünen vor Ihrer Tür bitten, meinen Helfer hereinzulassen? Dann können wir uns darum kümmern.â
Zum ersten Mal in seinem Leben schrie General Zia Brigadier TM einen Befehl zu. âLassen Sie den Mann rein, TM.â
Ein älterer Schwarzer, der wohl einzige nicht zum Wohltätigkeitsball eingeladene Geschäftsmann von Lufkin, betrat mit einem ledernen Barbierkoffer den Raum. âSalaam alaikumâ, sagte er. âIch weiÃ, bei euch da drüben nennt man es MÅ«ch . Ich verpasse Ihnen einen scharfen MÅ«ch, Hoheit.â Ehe General Zia den Mund aufmachen konnte, hatte der Schwarze ihm ein weiÃes Handtuch um den Hals gelegt und schnippelte an seinem Schnurrbart herum, während er weiter auf ihn einredete. âSie treffen sich bestimmt auch mit dem alten Ronnie? Könnten Sie ihm etwas Wichtiges ausrichten? Sagen Sie ihm, er ist kein John Wayne. Er braucht es gar nicht zu versuchen. Lufkin ist eine prima alte Stadt, aber es gibt noch immer verdammt viele Rassisten hier. Wenn ihre Kinder nicht essen wollen, drohen sie ihnen mit einem Nigger im Wald. Aber ich sage ihnen, der Nigger hat in Korea im Wald gesessen, und in Vietnam. Und jetzt ist der Nigger nicht mehr im Wald, sage ich, er ist hier und hat ein Messer an deinem Hals, also pass auf, was du sagst.â Der Barbier hielt ihm einen silbergerahmten Spiegel vor die Nase. General Zias buschiger, dichter Schnurrbart war zu einer dünnen Linie heruntergestutzt. ÃuÃerst scharf, das konnte man sagen. âDer wird Ihrer alten Dame Feuer unterm Hintern machen.â
Er machte der First Lady kein Feuer unter dem Hintern. Der General erntete lediglich einen sarkastischen Seitenblick. âIch
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