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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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Mudschaheddin, die zehntausend Kilometer entfernt gegen die Russen kämpften.
    Das Holiday Inn der Stadt Lufkin taufte seinen vierten Stock „Präsidentenetage“. Joanne hatte sich mit einer pakistanischen Flagge und einer Audiokassette mit Koranrezitationen versorgt, die sogleich an den Fleischlieferanten weitergeleitet wurde, damit sie beim Schlachten abgespielt werden konnte. Der Präsident würde sein Halal -Fleisch bekommen. Den Kellnern brachte man bei, ihn auf Urdu mit Salaam zu begrüßen.
    Ungeachtet all dieser Bemühungen war General Zia, als sein Konvoi die Auffahrt des Holiday Inn hinauffuhr, enttäuscht von dem kleinen bürohausähnlichen Gebäude, auf dem die pakistanische Flagge wehte. Er brachte die First Lady in die Präsidentensuite. Sie beschwerte sich sogleich über die Größe des Schlafzimmers, die Gratistoilettenartikel im Bad und verlor endgültig die Fassung, als die Rezeption sie auf ihre Bitte, sie mit dem Army House zu verbinden, zur Heilsarmee durchstellte.
    Unterdessen zwängte der General sich unter erheblichen Schwierigkeiten in den Safarianzug. Die Jacke vermochte seinen Bauch, der sich prall nach vorne wölbte wie ein Fußball, kaum zu umschließen. Er murmelte etwas von einem wichtigen texanischen Senator, mit dem er verabredet sei, nahm seine Aktenmappe und machte sich auf den Weg in das als „Präsidentenbüro“ ausgewiesene Zimmer auf derselben Etage. Auch General Zia fand das Hotel unter seiner Würde. Gewiss, er selbst war ein bescheidener Mann, der nichts weiter brauchte als eine Pritsche und einen Gebetsteppich, dennoch musste man Staatsoberhäupter in einem ihrem Amt angemessenen präsidialen Hotel unterbringen, damit sie ihre Aufgabe nicht aus den Augen verloren.
    Er musste die Ehre Pakistans verteidigen, konnte Joanne jedoch schwerlich auf das Hotel ansprechen, nach allem, was sie für sein Land und die afghanische Sache getan hatte.
    Er legte seine Mappe auf den Schreibtisch, zog den Block mit Hotelbriefpapier zu sich und versuchte, sein klopfendes Herz zu beruhigen, indem er darauf herumkritzelte. Gleich würde seine Gastgeberin, seine Kampfgenossin Joanne, eintreffen, und allein der Gedanke an ihren Duft und das, was sie vielleicht anhatte, brachte ihn aus der Fassung. Schweiß rann ihm in Strömen die Wirbelsäule hinunter. Um sich abzulenken, begann er Stichpunkte für seine Rede auf dem Wohltätigkeitsball aufzuschreiben:

    1.  Witz: Vergleich Islamabad und Lufkin (halb so groß und doppelt so tot?).
    2.  Islam, Christentum … Kräfte des Guten, Kommunismus (das Wort gottlos verwenden!).
    3.  Amerika Supermacht, aber Texas wahre Supermacht? Und Lufkin Herz der wahren Supermacht?
(Joanne nach einem Cowboy-Spruch fragen).

    Es klopfte an der Tür. Der General sprang auf und blieb unschlüssig stehen. Sollte er seinen Schreibtisch verlassen und sie an der Tür empfangen? Händedruck? Umarmung? Kuss auf die Wange?
    General Zia wusste, wie man Männer begrüßt. Keiner, der ihm je begegnet war, vergaß seinen beidseitigen Händedruck. Selbst zynische Diplomaten konnten die aufrichtige Wärme seiner Umarmungen nicht leugnen, und es gelang ihm, Politiker auf seine Seite zu ziehen, allein indem er ihnen eine Hand verständnisvoll auf das Knie legte und mit der anderen freundschaftlich auf den Rücken klopfte. Er hatte eine Weile gebraucht, um den richtigen Umgang mit Frauen zu finden, besonders, wenn es Ausländerinnen waren. Er hatte einen eigenen Stil erfunden und ihn verfeinert. Sobald er sich in einer Empfangsreihe einer Frau gegenübersah, legte er die rechte Hand auf sein Herz und neigte als Geste des Respekts den Kopf. Frauen, die ihre Hausaufgaben gemacht hatten, behielten ihre Hände bei sich und nickten zum Dank. Streckte ihm eine, die Grenzen der Schicklichkeit überschreitend, die Hand entgegen, ergriff er sie lahm und nur mit vier Fingern, während er es vermied, ihr in die Augen zu sehen.
    Aber Joanne war ganz anders. Als sie zum ersten Mal ins Army House gekommen war, um ihn zu interviewen, hatte sie die Hand auf seinem Herzen, sein Nicken, ja sogar seinen verdrucksten Versuch, ihr die Hand zu geben, ignoriert und ihn auf beide Wangen geküsst und damit Brigadier TM gezwungen, in eine andere Richtung zu schauen. Bei ihrer ersten Begegnung war ihm klar geworden, dass er es mit einer besonderen Person zu tun hatte, einer

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