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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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Grüppchen anschließen? Ein alter Freund von mir hat einen Job bei einer Lissabonner Bank bekommen und dazu eine riesige Villa, in der er einsam und alleine lebt. Wir brauchen nur die Anreise zu finanzieren und können umsonst dort wohnen, solange wir wollen. Ich dachte, ein kleines Wiedersehenstreffen der Achtundsechziger wäre lustig, bevor wir vergessen, wie wir aussehen. Was meinst du dazu?« Meine Überraschung wurde durch diese Erläuterungen nicht geringer, da ich während der Saison nie bemerkt hatte, dass ich zu Candidas Favoriten zählte, und mir nicht erklären konnte, warum sie gerade mich für ein solches Treffen auswählte.
    Candidas Anruf kam fast zwei Jahre nach dem Ende der Saison, wir hatten uns seither kaum gesehen. Im Frühsommer 1970 lagen meine Tage als Tanzpartner weit hinter mir. Ich hatte Cambridge im Juni mit einem ganz ordentlichen, wenn auch nicht überwältigenden Abschluss verlassen, und nun winkte das Wagnis der Schriftstellerlaufbahn.
Das heißt, es winkte überhaupt nicht, weil ich bald erkannte, dass ich gegen Beton rannte. Nachdem mein Vater seine Enttäuschung darüber, dass ich nichts Vernünftiges machen wollte, einmal überwunden hatte, stand er meinen Plänen nicht gerade feindselig gegenüber, lehnte es aber ab, mich finanziell zu unterstützen. »Wenn es nicht klappt, mein Junge«, sagte er jovial, »dann soll es sich lieber früher zeigen als später.« Das war natürlich eine klare Herausforderung. Schließlich ergatterte ich eine Stelle als Mädchen für alles in einem Kinderzeitschriftenverlag. Dort würde ich kommenden September anfangen, für ein großzügiges Salär, das den Unterhalt eines Yorkshire-Terriers bequem sichern würde. Die folgenden drei Jahre sollte ich übrigens tatsächlich dort bleiben und mich bis zum Redaktionsassistenten hocharbeiten. Irgendwie gelang es mir, mich über Wasser zu halten. Meine Mutter schummelte ein bisschen, wie es Mütter so tun; sie steckte mir immer wieder ein paar Scheine zu, kaufte mir Kleidung und übernahm meine Benzin – und Werkstattrechnungen. Aber nicht einmal sie wollte mir einen regelmäßigen Zuschuss geben, um ihrem Mann nicht in den Rücken zu fallen. Sagen wir mal, ich schaffte es gerade so, jene Zeit meines Daseins zu überleben, führte aber ein Leben ohne alle Schnörkel und Extras.
    Dass am Ende des Sommers alle diese harten Realitäten über mich hereinbrechen würden, wusste ich genau; deshalb fand ich Candidas Vorschlag recht verlockend.
    »Wahnsinnig nett von dir. Wer kommt denn alles?« Kaum war mir die Frage entschlüpft, wurde mir klar, dass ich nun natürlich zusagen musste. Abzulehnen wäre schlichtweg nicht mehr möglich – das röche danach, als hätte ich die Einladung bei einer exklusiveren Gästeliste womöglich angenommen.
    Das wusste auch Candida. »Ich glaube, wir werden uns prima amüsieren. Dagmar, Lucy und die Tremayne-Brüder sind auch dabei. « Die Tremaynes waren mir nicht sonderlich sympathisch, aber auch nicht zuwider, und die anderen beiden mochte ich sehr, deshalb fand ich immer mehr Geschmack an der Sache. Zumal vor dem Beginn meiner »Karriere«, wie ich meinen Berufseinstieg gern nannte, sonst nicht die leiseste Aussicht auf einen richtigen Urlaub bestand.

    »Ich habe eine Chartergesellschaft gefunden, die einem fast noch etwas hinterherwirft, wenn man mitfliegt, da kosten die Tickets nicht mehr als ein Butterbrot. Kann ich definitiv für dich mitbuchen? «
    Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass das den Ausschlag gab. Ich war zuversichtlich, dass mir meine liebe Mutter ein billiges Flugticket subventionieren würde, deshalb bräuchte ich für zehn Tage Luxus in der Sonne nur noch etwas Taschengeld und ein paar saubere Hemden. Ich freute mich auf Lucy, auf Dagmar und sogar auf Candida; von allen dreien hatte ich lange nichts gehört. »Ja. Ich bin dabei«, sagte ich.
    »Gut. Ich kümmere mich um die Reservierungen und schick dir die Infos. Und noch was …« Sie brach ab, als tastete sie vorsichtig nach Worten, und fuhr dann fort: »Wir haben leichten Männermangel. Das Problem ist, dass viele schon angefangen haben zu arbeiten und schwer kurzfristig weg können. Ich muss die letzten Reserven mobilisieren.«
    »Wie die Einladung der Tremaynes beweist.«
    »Sei nicht gemein. George ist schon in Ordnung.«
    »Aber wenn ich mitkomme, dann sind wir doch drei Männer und drei Frauen?«
    Natürlich konnte auch Candida bis drei zählen, und meine Bemerkung warf sie kurz aus der

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