Eine Koelner Karriere
alle Hände voll zu tun haben, ihre Haut zu retten, und kaum Zeit finden, sich um Astrid Pankrath zu kümmern.
Er äugte sinnierend in sein Whiskyglas.
Andererseits durfte man die Polizei auch nicht überschätzen. Es schadete bestimmt nicht, wenn er den Anabolika-Zwillingen zusätzliche Schwierigkeiten machte – und nebenbei seine Dankesschuld bei Ronnie abtrug. Er wählte eine neue Nummer. Es dauerte eine Weile, bis der Zwerg an den Apparat kam, und als er sich endlich meldete, klang seine Stimme so hohl und deprimiert, als hätte er die Nacht ebenfalls auf einer Folterbank verbracht.
»Wer immer da auch ist«, drang es düster aus der Hörmuschel, »er sollte gute Nachrichten für mich haben oder für immer schweigen.«
»Was ist los, Ronnie? Hat irgendein Computerhacker den Gewinncode deiner Einarmigen Banditen geknackt?«
»Viel schlimmer – meine Exfrau hat mich auf höhere Unterhaltszahlungen verklagt. Sie will alles, was ich habe, und den Rest in monatlichen Raten.« Der Zwerg schnaufte. »Und was willst du? Mich zusätzlich ruinieren?«
»Ich will dich glücklich machen.«
»Dann verschwinde aus der Leitung und leg’ dieses geldgierige Flittchen um.«
»Tut mir leid, aber nur weil du Unterhaltsprobleme hast, kann ich nicht meine guten Beziehungen zur Mordkommission riskieren«, wehrte Markesch ab. »Außerdem ist Mord eine zu häßliche Sache für einen gutaussehenden Mann wie mich. Ich habe eine bessere Idee.«
»Du willst sie heiraten?« fragte der Zwerg hoffnungsvoll. »Du willst dieses Opfer wirklich auf dich nehmen?«
»Frag’ mich noch mal nach meiner Einweisung in die Geschlossene Abteilung. Im Moment sage ich nur: Trucker.«
»Meine Ex-Frau mag keine Kriminellen. Sie wird Trucker nie heiraten. Außerdem sitzt er im Knast und ist so pleite, wie ich bald sein werde. Wie soll er da ihre Nerzmantelsammlung finanzieren?«
»Falsch«, sagte Markesch grimmig. »Trucker sitzt nicht mehr im Knast, und pleite ist er schon gar nicht. Ich habe ihn heute morgen getroffen; er hatte die Taschen voller Hundertmarkscheinbündel und erweckte nicht unbedingt den Eindruck, als wollte er damit seine Schulden bei dir begleichen.«
Ronnie schnappte hörbar nach Luft. »Bist du sicher?« fragte er gepreßt.
»So sicher, wie ein Mensch nur sein kann.« Markesch trank einen Schluck Whisky und grinste teuflisch vor sich hin. »Noch etwas – Trucker treibt sich mit einem gemeingefährlichen Irren namens Blackie Decker herum. Ich habe gehört, wie die beiden davon sprachen, deine Spielhölle zu überfallen. Vielleicht will Trucker seine Schulden bei dir doch bezahlen – aber mit deinem Geld.«
»Unfaßbar!« keuchte der Zwerg. »Und das nach allem, was ich für ihn getan habe! Dieser undankbare Schweinepriester! Na gut, wenn er Krieg haben will, soll er ihn bekommen!«
»Ich wußte, daß dich diese kleine Information aufmuntern würde. Nebenbei, Ronnie – laß meinen Namen aus dem Spiel, wenn du Trucker auseinandernimmst. Ich möchte sein Vertrauen nicht verlieren.«
»Keine Sorge. Ich bin der letzte, der bereit ist, das Vertrauen zwischen den Menschen zu zerstören. Und – danke, Markesch. Du hast was bei mir gut.«
Der Zwerg legte auf und machte sich hoffentlich umgehend an die gewaltsame Beitreibung seines Geldes. Markesch stürzte den Scotch hinunter und sank erschöpft auf die Couch. Die Aspirin und der Whisky entfalteten gleichzeitig ihre segensreiche Wirkung, die Schmerzen lösten sich auf, Wohlgefühl machte sich breit, und Sekunden später war er eingeschlafen.
Als er erwachte, war es dunkel in der Wohnung. Durch das schräge Küchenfenster fiel silbernes Mondlicht und zerfaserte auf dem Weg ins Wohnzimmer zu einem fahlen Streifenmuster aus Helligkeit und Schatten, wie eine Lichtskulptur aus dem Ossendorfer Kleinkunstkurs für Knackis. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, daß es kurz vor acht war. Inzwischen mußte Archimedes seinen Nachtdienst im Café Regenbogen angetreten haben; vielleicht hatte er etwas über die Pankrath herausgefunden. Und wenn nicht, konnte er immer noch einen Abstecher in die Black Lagoon machen und Denise das Whiskypanschen austreiben.
Er schlüpfte in seine abgewetzte Lederjacke, steckte die Magnum ein und verließ das Haus. Der Vollmond und die laue Frühlingsluft hatten ganze Armeen von Spaziergängern auf die Berrenrather Straße gelockt, trottende Massen frischlufthungriger Großstädter, die sich weder von den Abgasschwaden des Lkw-Durchgangsverkehrs noch von
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