Eine kostbare Affäre: Roman (German Edition)
unkompliziert, aber da Flora sich ziemlich sicher war, dass sie auch nicht mehr von Henry wollte, fand sie, sie sollte ihre Gefühle klarmachen. »Hm«, antwortete sie, »das kommt drauf an. Würde ich Ihnen eine Gefälligkeit erweisen, indem ich mit Ihnen essen gehe? In dem Fall ständen Sie, wenn ich annehme, mehr in meiner Schuld als ich in Ihrer. Oder erweisen Sie mir einen Gefallen, indem Sie mich einladen, und das zu einem Zeitpunkt, da ich dem Hungertod ziemlich nahe bin? Denn ich könnte nur dann mit Ihnen essen gehen, wenn ich diejenige wäre, die Ihnen eine Gefälligkeit erweist.«
Er hatte ein sehr erotisches Lächeln, befand sie. »Keine Sorge, Flora. Ich werde nichts in ein Abendessen hineininterpretieren. Wollen wir die Sache mit den Gefälligkeiten ein andermal klären?«
»Das wäre denkbar«, stimmte sie ihm zu.
»Und könnten Sie in der Zwischenzeit einen Ihrer Sachverständigen bitten, die Bibliothek unter die Lupe zu nehmen?«
»Das könnte ich, ja. Aber ich kann nicht mit Ihnen über die Provision verhandeln oder irgendetwas. Das läge dann bei meinem Vetter.«
»Nun ja, wenn er herkommt, um sich die Bücher anzusehen, kann ich mit ihm darüber reden.«
»Nein«, sagte sie hastig. »Mein Vetter wird nicht persönlich kommen, und unser Bücherexperte hat nichts mit der Leitung des Auktionshauses zu tun. Er wird ebenfalls nicht die Befugnis haben, Entscheidungen dieser Art zu treffen. Doch wenn wir wissen, ob sich hier überhaupt viel Wertvolles finden lässt, können wir diese Frage immer noch klären.«
»Damit werde ich mich wohl begnügen müssen.«
Sie legte den Kopf zur Seite. »Und mit dem Vergnügen, mich zum Essen einladen zu dürfen.«
»Das ist eine gewisse Entschädigung, ja.«
»Außerdem wäre da noch das Vergnügen, dass der Chor Ihr Dach in Stand setzen und Ihren Rasen mähen wird. Ganz zu schweigen von dem Genuss, unseren Chor in Ihrer Orangerie singen zu hören.«
»Habe ich meine Zustimmung zu dem Konzert gegeben? Wann ist das denn passiert?«
»Als ich gesagt habe, ich würde mit Ihnen essen gehen.« Sie schenkte ihm ihr aufreizendstes Lächeln.
»Ich weiß, dass es ein Vergnügen sein wird, Sie zum Essen einzuladen, doch was den Chor betrifft, bin ich mir immer noch nicht sicher.« Er wirkte ehrlich beunruhigt.
»Vertrauen Sie mir. Es wird eine sehr positive Erfahrung für Sie sein. Ich werde Ihnen Geoffrey herschicken, damit er sich Ihre Bibliothek einmal gründlich ansieht.«
»Werden Sie auch mitkommen?«
»Vielleicht.«
»Ich begleite Sie zu Ihrem Wagen.«
Der liebe Henry, er war wirklich ein Schatz. Und außerdem ziemlich sexy. Sie wünschte, sie hätte zumindest eine kleine Schwärmerei für ihn entwickeln können. Das wäre viel bequemer gewesen.
Als Flora die Tür des Landrovers öffnete, bemerkte Henry: »Ich werde vielleicht mal nachfragen, ob im ›Grantly Manor‹ noch ein Tisch frei ist. Das Restaurant ist sehr gut. Sie haben einen Koch aus London, der gerade an seinem dritten Michelin-Stern arbeitet.«
»Klingt furchtbar teuer.«
»Oh, das ist es auch, aber immer noch viel preiswerter, als es in London wäre.«
»Das klingt großartig«, antwortete sie und küsste ihn auf die Wange.
»Also?«, fragte Geoffrey, als Flora ihn im Keller des Hauses aufgespürt hatte, wo er gerade die Möbel etikettierte, die bei der Roadshow hereingekommen waren. »Wie ist es gelaufen?«
»Nicht schlecht, aber auch nicht perfekt, fürchte ich. Das Dach der Orangerie hat ein Loch, weshalb auch ein kleiner See auf dem Fußboden steht. Ich habe vorgeschlagen, das Wasser aufzuwischen und für einen trockenen Abend zu beten, doch diese Idee hat Henry Burnet nicht besonders zugesagt. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er an die Macht von Gebeten glaubt.«
»Ich habe Gewissensbisse, weil ich Sie zu ihm geschickt habe, Flora. Deshalb dachte ich auch, ich komme besser noch einmal her und arbeite etwas.«
»Sie brauchen kein schlechtes Gewissen deswegen zu haben! Henry ist schließlich ein Freund.«
»Nur ein Freund, Flora?«, vergewisserte sich Geoffrey, der wieder einmal die Vaterrolle übernahm.
»Nun ja, vielleicht ein wenig mehr als das. Er will mich ins ›Grantly Manor‹ einladen.«
»Oh. Sehr vornehm.«
Flora war es müde, über Henry zu sprechen. »Ich habe ihm zugesagt, dass der Chor das Loch im Dach reparieren würde. Einer der Bässe ist doch im Baugewerbe tätig, nicht wahr?«
»Er ist Möbelschreiner, wenn wir von demselben Mann
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