Eine kostbare Affäre: Roman (German Edition)
ich vom Podest heruntergestiegen bin, und Annabelle hat es gesehen.«
»Aber in diesem Moment hätte dich doch sicher jeder geküsst, oder?«
»Nicht so. Und wir haben einander angesehen. Das war das Schlimmste, das Verräterischste. Anschließend ist Annabelle mir zur Damentoilette gefolgt und hat mir erzählt, dass ...« Sie unterdrückte ein Schluchzen. »Dass Charles sie nicht verlassen könnte, selbst wenn er es wollte, weil ...« Ein weiterer Schluchzer folgte. »... weil er ihrem Vater eine Unmenge Geld schuldet und seine Hälfte des Geschäfts als Sicherheit eingesetzt hat.«
»Warum schuldet er Annabelles Vater Geld? Waren es Spielschulden oder etwas in der Art?«
»Nein! Er musste das Bürogebäude neu verkabeln lassen.«
»Oh, gut. Ich meine, ich bin froh, dass es nicht irgendetwas Schreckliches war.«
»Es ist schrecklich genug. Mum, ich muss weg von hier. Ich kann nicht bleiben und zusehen, wie er Annabelle heiratet. Und ich könnte unmöglich etwas von ihm verlangen, das seine Position im Geschäft gefährden würde.« Diese Erkenntnis war nur langsam in ihr Bewusstsein vorgedrungen, aber jetzt, da sie es einmal begriffen hatte, sah sie vollkommen klar.
»Bist du dir sicher, dass diese Geschichte wahr ist? Bevor du etwas Unwiderrufliches tust, überzeuge dich davon, dass Annabelle die Wahrheit gesagt hat. Es ist gut möglich, dass sie alles nur erfunden hat. Ruf Geoffrey an. Er wird Bescheid wissen.«
»Da wäre immer noch die Sache mit dem Kuss. Sie weiß, dass ich in Charles verliebt bin ...«
»Und ist er auch in dich verliebt?«
Flora blieb lange Sekunden still. »Ich glaube, ja. Ich meine, so hat es sich jedenfalls angefühlt. Als er mich geküsst hat und danach, als er mich angesehen hat. Doch ...«
»Kehr dem Geschäft, das du liebst und in das du so viel investiert hast, nicht den Rücken, ohne dich zu vergewissern, dass es absolut keine andere Möglichkeit gibt. Sprich mit Geoffrey. Und ruf mich anschließend wieder an.«
Als Geoffrey sich am Telefon meldete, schien er ausgesprochen guter Laune zu sein. »Hallo, meine Liebe! Wie nett, von Ihnen zu hören. Ich konnte mich vorhin gar nicht von Ihnen verabschieden, ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Mir geht es gut, Geoffrey«, behauptete sie, obwohl ihr bewusst war, dass sie sich ganz und gar nicht so anhörte. »Ich bin natürlich müde, aber davon abgesehen ist alles bestens. Mir ist gerade nur eine Kleinigkeit eingefallen, die ich Sie gern fragen würde. Ich habe über die Stromleitungen im Bürogebäude nachgedacht.« Hoffentlich fand Geoffrey ihre Überlegungen zu diesem Thema nicht allzu eigenartig, aber sie musste wissen, ob Annabelle die Wahrheit gesagt hatte.
Glücklicherweise fand Geoffrey nichts Merkwürdiges an ihrer Frage. Und wenn doch, verkniff er sich jedenfalls jede Bemerkung darüber. »Was ist mit den Stromleitungen?«
»Müssten sie nicht einmal überprüft und vielleicht erneuert werden?«
»Oh, das glaube ich nicht. Die Leitungen sind vor einem Jahr alle neu verlegt worden. Annabelles Vater hat das alles bezahlt.«
»Woher um alles in der Welt wissen Sie das?«
»Ich musste die Rechnungen überprüfen. Annabelles Vater wollte keine Schecks ausstellen, bevor ich ihm nicht gemeldet hatte, dass die Arbeiten ordnungsgemäß erledigt worden waren.«
Ihre gute Erziehung zwang Flora dazu, das Gespräch noch für eine Weile fortzusetzen, dann rief sie ihre Mutter an und erzählte ihr, was sie erfahren hatte.
»Oh, Liebes! Mein Herz blutet für dich! Meine Freundin Jill sagte einmal, das sei das Schlimmste für eine Mutter: mit anzusehen, wie dem eigenen Kind das Herz gebrochen wird, und nichts daran ändern zu können. Jetzt weiß ich, was sie gemeint hat.«
»Ich komme schon darüber hinweg, Mum. Ich bin stark. Jetzt muss ich nur entscheiden, was ich tun will.«
Es folgte eine weitere lange Pause.
»Nun, Schätzchen«, brach Hermione schließlich das Schweigen, »du weißt, dass wir uns immer freuen, dich bei uns zu haben. Wenn du hier wohnen willst ...«
»Nein, Mum, es ist eine wunderschöne Idee, aber ich muss praktisch denken, und ihr wohnt nicht gerade um die Ecke, nicht wahr? Doch ich glaube, dass ich trotzdem von hier fort muss - ich kann Charles einfach nicht wieder gegenübertreten.« Die Erinnerung an sein besorgtes Gesicht nach ihrer Auseinandersetzung mit Annabelle stieg in ihr auf. Er hatte unbedingt reden wollen - wahrscheinlich über ihren Kuss -, aber was immer er ihr sagen würde, sie
Weitere Kostenlose Bücher