Eine Krone für Alexander (German Edition)
gehofft, dass
es sich zerschlagen hatte.
„Letzten Herbst bat Atheas mich um Hilfe gegen irgendwelche
Feinde von ihm, und ich schickte ihm eine Abteilung Söldner. Als sie bei ihm eintraf,
hatte Atheas seine Probleme bereits anderweitig gelöst und schickte mir die
Söldner einfach zurück. Er besaß sogar die Frechheit zu behaupten, er habe niemals
um meine Hilfe gebeten, und davon, mich zu seinem Erben zu machen, wollte er
plötzlich auch nichts mehr wissen. Er habe bereits einen Erben, seinen Sohn,
der sich bester Gesundheit erfreue. Deshalb habe ich beschlossen, dem Kerl
einen Denkzettel zu verpassen.“
„Was ist viertens?“
Philipp lachte spöttisch. „Viertens möchte ich an der
Istros-Mündung meinem Ahnherrn Herakles ein Standbild weihen, ein Gelübde, das
ich während der Belagerung von Byzantion abgelegt habe. Die Idee ist übrigens
von Aristandros, dem alten Schlitzohr.“
„Lass mich raten: Du hast Atheas um freien Durchzug durch
sein Territorium gebeten, aber er hat abgelehnt.“
„Er ließ ausrichten, wenn sich nur ein einziger
makedonischer Krieger in der Nähe der Istros-Mündung blicken lasse, werde er
ihn in kleine Würfel hacken und in dieser Form zu mir zurückschicken.“ Philipp
blickte zum Himmel und machte eine theatralische Geste. „Wie gottlos von diesem
Atheas, Herakles sein Weihgeschenk vorenthalten zu wollen!“
„Was ist, wenn Amphissa angegriffen wird, während wir oben
im Norden sind? Dann sind wir zu weit entfernt, um eingreifen zu können.“
Philipp winkte ab. „Wie ich die lieben Amphiktyonen kenne,
werden sie erst mal nicht viel zustande bringen. Zumal die Athener alle
Maßnahmen gegen Amphissa hintertreiben werden.“
„Ich dachte, der Kriegsbeschluss ging auf ihre Initiative zurück?“
„Eigentlich nicht. Aischines hat auf eigene Faust gehandelt.
Demosthenes spuckte Gift und Galle und warf ihm vor, mit seiner
Eigenmächtigkeit hole er den Athenern den Krieg ins Land.“
„Aber der Krieg ist doch genau das, was Demosthenes immer
gewollt hat!“
Philipp lachte verächtlich. „Allerdings. Nur hat er sich
vorgestellt, dass er schön bei uns im Norden bleibt und nicht auf den Süden
übergreift. Erstaunlich, dass man so gerissen sein kann wie Demosthenes und
trotzdem so dumm.“
„Im Grunde war Aischines’ Eigenmächtigkeit also für dich von
Vorteil“, sagte Alexander nachdenklich, während sie sich allmählich wieder dem
Lager näherten. Er warf seinem Vater einen Blick zu. „Er hat nicht zufällig in
deinem Auftrag gehandelt?“
Philipp brach in schallendes Gelächter aus. „Ich fühle mich
geehrt, dass du mir einen so raffinierten Spielzug zutraust! Aber nein, die
Idee war nicht von mir. Demosthenes behauptet natürlich, dass ich Aischines
bestochen habe, aber das musste ich gar nicht. Du hast sicher mitbekommen, dass
Demosthenes den Ärmsten vor ein paar Jahren noch einmal vor Gericht gezerrt
hat, weil er sich seinerzeit für den Friedensvertrag eingesetzt hatte.“
„Natürlich. Aischines wurde zwar freigesprochen, aber mit
denkbar knapper Stimmenmehrheit. Er musste sogar seinen greisen Vater und seine
drei kleinen Kinder vor Gericht auftreten lassen, um bei den Geschworenen auf
die Tränendrüse zu drücken.“
„Sein Mitstreiter Philokrates hatte weniger Glück, er wurde
zum Tode verurteilt, war aber so schlau, sich rechtzeitig außer Landes zu
begeben. Jedenfalls war Aischines seitdem politisch kaltgestellt, und er
lauerte nur auf eine Gelegenheit, sich wieder ins Spiel bringen. Die Sache mit Amphissa
kam ihm wie gerufen.“
Alexander sagte nichts mehr, sondern versuchte, das Gehörte
zu verarbeiten. Er hatte das Gefühl, gerade eine Lehrstunde in hoher Politik
erhalten zu haben, die denen bei Aristoteles in nichts nachstand.
„Ich liebe Heilige Kriege!“, rief Philipp emphatisch, als
sie zum Lager zurückritten. „Mit denen habe ich immer gute Erfahrungen
gemacht.“
Die Neuigkeit verbreitete sich im Lager wie ein Lauffeuer.
Die Armee, von der monatelangen Belagerung und dem Ausbleiben des sonst
obligatorischen Erfolgs entnervt, zeigte sich begeistert von der Aussicht, ihre
Energien auf einen Feind richten zu können, der sich nicht hinter uneinnehmbaren
Mauern verschanzte. Doch die griechischen Söldner, die Philipp im vergangenen
Herbst zu Atheas geschickt hatte, beklagten sich über die schaurigen Wälder im
Norden und die grausamen Barbaren, die darin lauerten. Vor Byzantion hatten sie
sich daran gewöhnt, gut bezahlt zu
Weitere Kostenlose Bücher