Eine Krone für Alexander (German Edition)
mich
überredet.“ Das Lächeln vertiefte sich, auf einen Schlag wirkte sie zwanzig
Jahre jünger. „Mein Junge, du bist unwiderstehlich!“
Sie wollte weitergehen, doch nun war er es, der sich nicht
von der Stelle rührte. Unwiderstehlich. Unbesiegbar. Er wusste, er hatte
seine Antwort erhalten. Nicht die politisch kalkulierten Verse, in die die
Priester das verworrene Gestammel der Pythia zu gießen pflegten. Eine wirkliche
Antwort. Der Gott hatte zu ihm gesprochen.
„Danke“, sagte er. „Das war alles, was ich wissen wollte.“
Er ließ sie stehen und ging so schnell davon, dass sie ihm
nur überrascht hinterherstarren konnte. Seine Chlamys ließ er bei ihr zurück.
7
Olympias und Antipatros warteten vor dem Palasttor, aber es
war für jeden ersichtlich, dass sie es nicht gemeinsam taten. Der Regent hatte
sich im Zentrum der prunkvollen Toranlage aufgebaut. Olympias stand im Schatten
zwischen den ionischen Säulen, in eine purpurfarbene Staatsrobe gehüllt. Sie
verharrte unbewegt wie eine Statue, als Antipatros vortrat und Alexander
entgegenging.
Die kurze Willkommensansprache des Regenten war förmlich und
distinguiert, doch inzwischen kannte Alexander ihn gut genug, um hinter der zur
Schau getragenen Gelassenheit die Anzeichen großer Besorgnis zu erkennen. Er
nahm seinen Helm ab, dankte Antipatros und wandte sich dann seiner Mutter zu. Sie
schlug ihren Schleier zurück.
„Ich freue mich, dass du wohlbehalten zurückgekehrt bist“,
sagte sie.
Kurz und knapp dankte er ihr, dass sie sich eigens zu seiner
Begrüßung herbeibemüht hatte. Dann wandte er sich wieder Antipatros zu. Ihr
Gesicht war noch immer ausdruckslos, als sie von ihren Frauen gefolgt
davonging, ohne den Regenten eines Blickes zu würdigen.
Schweigend durchquerten sie Säulengänge und Innenhöfe, bis
sie Philipps Arbeitszimmer erreicht hatten. Philipps früheres Arbeitszimmer,
dachte Alexander, denn jetzt war es sein eigenes. Auf dem Tisch herrschte eine
ganz uncharakteristische Ordnung, völlig anders als zu Philipps Zeiten.
Alexander legte seinen Helm auf die Tischplatte und ließ sich auf dem Stuhl
dahinter nieder. Antipatros nahm ebenfalls Platz. Sobald die Tür sich
geschlossen hatte, verwandelte sich seine Stirn in eine Landschaft besorgter Falten.
„Wissen wir inzwischen Genaueres?“, fragte Alexander.
Schon auf dem Rückweg nach Pella hatte ihn die Nachricht
erreicht, dass seine Truppen drüben in Asien eine schwere Niederlage erlitten
hatten. Doch erst jetzt würde er die Einzelheiten erfahren.
„Parmenion und Attalos hatten bereits das Winterlager bezogen“,
begann Antipatros seinen Bericht, „bei Magnesia, nicht weit von Ephesos.
Angesichts der fortgeschrittenen Jahreszeit rechnete niemand mehr mit weiteren
Kampfhandlungen. Da tauchten plötzlich fünftausend Bewaffnete vor Magnesia auf
– griechische Söldner in persischen Diensten. Du kommst nie darauf, wer das
Kommando hatte!“ Er machte eine Kunstpause. „Memnon!“
„Unser Memnon?“, fragte Alexander erschrocken.
„Derselbe Memnon, der jahrelang mit Artabazos bei uns in Pella im Exil lebte?“
„Ich fürchte ja.“
„Verdammter Mist!“ Alexander sprang auf und begann, hin und
her zu gehen. „Memnon ist mit unserer Bewaffnung und unseren Kampftaktiken
vertraut, er kennt unsere Stärken und Schwächen. Schließlich hat er lange genug
unserer Phalanx beim Exerzieren zugeschaut. Ich erinnere mich noch gut, er hat
uns Königsjungen immer Vorträge in Taktik und Strategie gehalten. Mein Vater
hatte eine hohe Meinung von ihm. Wenn Memnon jetzt das Kommando in Asien hat,
kann er uns eine Menge Ärger machen.“
„Allerdings, und er hat gleich damit angefangen. Memnon
schlägt also mit seinen Söldnern ebenfalls sein Lager in der Nähe auf. Am
nächsten Morgen lässt er seine Truppen in Schlachtformation aufmarschieren.
Parmenion und Attalos tun dasselbe. Kaum haben sie Stellung bezogen, lässt
Memnon zum Rückzug blasen und marschiert seelenruhig zurück in sein Lager.
Unseren Leuten bleibt nichts übrig, als sich ebenfalls zurückzuziehen. Am
nächsten Tag geschieht das Gleiche, und an den folgenden Tagen wieder. Immer
wenn unsere Truppen sich zum Kampf formieren, macht Memnon einen Rückzieher.“
Alexander stöhnte innerlich auf. Er konnte sich denken, wie
es weiterging. Irgendwann hatten seine Leute Memnons Mätzchen nicht mehr ernst
genommen, und das war genau der Augenblick gewesen, auf den der Söldnerführer
gewartet hatte. Die makedonischen
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