Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge
Plage endlich beseitigt war.
Selbst in vergleichsweise geringen Zahlen können Mäuse eine Menge Schaden anrichten, besonders dort, wo man Essen aufbewahrt. Sie und andere Nager verzehren etwa ein Zehntel der jährlichen Getreideernte in den Vereinigten Staaten — beileibe kein Pappenstiel. Und da jede Maus täglich etwa fünfzig Mäuseköttel legt, sorgt das für heftigste Verschmutzung. Weil man das gelagerte Gut unmöglich rein halten kann, erlauben die Hygienegesetze bis zu zwei Kotkugeln pro eint (gleich 437,18 Kubikzentimeter) Getreide — was man in Gedanken parat haben sollte, wenn einen mal wieder ein Laib leckeres Vollkornbrot anlacht.
Mäuse sind bekanntermaßen Krankheitsüberträger, vor allem des Hantavirus, der zu einer Familie von Viren gehört, die stets unangenehme und oft tödliche Atemwegs- und Nierenerkrankungen verursachen. (Der Name Hanta kommt von einem Fluss in Korea, wo Westler die Krankheit während des Koreakrieges zum ersten Mal entdeckten.) Zum Glück ist der Hantavirus ziemlich selten, weil wenige von uns die schwachen Dämpfe von Mäusekot einatmen, doch wenn man sich in der Nähe von infizierten Exkrementen hinkniet — auf dem Dachboden herumkriecht oder eine Falle in einem Schrank aufstellt —, riskiert man in vielen Ländern, sich anzustecken. Auf der ganzen Welt passiert das mehr als 200 000 Menschen im Jahr, von denen dreißig bis achtzig Prozent sterben, je nachdem, wie schnell und gut sie behandelt werden. In den Vereinigten Staaten infizieren sich dreißig bis vierzig Menschen im Jahr mit dem Hantavirus, und jeder dritte von ihnen stirbt daran. In Großbritannien ist die Krankheit offenbar noch nicht aufgetreten. Mäuse sind auch an Salmonellose, Leptospirose,Tularämie, Pest, Hepatitis, Q-Fieber und Rattenfleckfieber und vielen anderen Krankheiten beteiligt gewesen. Kurzum, es gibt viele gute Gründe dafür, dass man keine Mäuse im Haus haben möchte.
Fast alles, was man über die kleinen Nager sagen kann, gilt um ein Vielfaches für ihre Cousins, die großen Nager; Ratten treiben sich mehr in und um unsere Häuser herum, als wir wahrhaben möchten. Sie kommen selbst in den besten Familien vor und in den gemäßigten Breiten in zwei Hauptarten: die mit dem emphatischen Namen Rattus rattus, ansonsten und vielsagend als Hausratte bekannt, und Rattus norvegicus oder Wanderratte. Die Hausratte lebt gern oben — hauptsächlich auf Bäumen und Dachböden —, weshalb ich Ihnen leider sagen muss, dass es nicht unbedingt Mäuse sind, wenn Sie nachts Getrippel über der Schlafzimmerdecke hören. Zum Glück leben die Hausratten zurückgezogener als die Wanderratten, die in Bauen leben und die Sie in Filmen durch Abwässerkanäle huschen oder in dunklen, schmalen Gassen um Mülltonnen streifen sehen.
Wir denken immer, Ratten lebten dort, wo die Menschen arm sind, doch Ratten sind nicht blöde und ziehen ein begütertes Heim einem armen allzeit vor. Ja, moderne Häuser geben ein köstliches Habitat für Ratten ab. »Die vielen Proteine, die man in reicheren Gegenden futtern kann, sind besonders verlockend«, schrieb James M. Clinton, ein Beamter der amerikanischen Gesundheitsbehörde vor einigen Jahren in einem Bericht über die Volksgesundheit, der immer noch einer der fesselndsten, wenn auch beunruhigendsten ist, der je über das Verhalten einheimischer Ratten erstellt wurde. Nicht nur gibt es in modernen Häusern unglaublich viel Nahrung, sondern in vielen wird sie auch so entsorgt, dass die Ratten gar nicht anders können, als in Scharen herbeizueilen. Clinton bringt es wie folgt auf den Punkt: »Die heutigen Müllschlucker liefern reichlich und regelmäßig eine gut ausgewogene Kost für Ratten.« Laut dem Bericht trifft außerdem eine der ältesten aller Stadtlegenden zu, nämlich dass Ratten durch die Toilette in die Häuser kommen. Als die Rattenpopulation in Atlanta einmal überhandnahm, drangen einzelne in etliehe Häuser einer wohlhabenden Gegend ein und bissen die Leute reihenweise. »Mehrfach«, berichtet Clinton, »fand man Ratten in Toiletten, bei denen der Deckel heruntergeklappt war.« Wenn es je einen Grund gab, den Deckel runterzuklappen, dann, bitte schön, diesen.
Wenn die Ratten erst einmal in einem trauten Heim sind, fürchten die meisten nichts, »ja, nähern sich reglosen Personen sogar mit Absicht und greifen sie an«. Besonders mutig werden sie bei Säuglingen und älteren Mitbürgern. »Ich kann einen Fall bestätigen, bei dem eine hilflose Frau im
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