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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Jahrhundert hinein waren Stühle selten, und sie waren auch nicht zum bequemen Sitzen gebaut, sondern so, dass sie Autorität verliehen. Auch heute noch hat derjenige das Sagen, der den Vorsitze bei einer Versammlung führt.
    Bei mittelalterlichen Banketten aßen die Menschen allerlei uns heute sehr exotisch anmutendes Getier. Vögel waren besonders beliebt. Adler, Reiher, Pfauen, Spatzen, Lerchen, Finken, Schwäne, ja, fast alles, was zwei Flügel hatte, wurde gern und viel verspeist. Nicht deshalb, weil Schwäne und andere ausgefallene Vögel so wahnsinnig lecker waren — waren sie nämlich nicht, deshalb essen wir sie ja auch nicht mehr —, sondern weil es kein anderes, besseres Fleisch gab. Rindfleisch, Hammel und Lamm wurden tausend Jahre lang kaum gegessen, weil man dieTiere wegen ihres Fells und Leders, ihres Dungs oder ihrer Muskelkraft brauchte und sie deshalb zum Schlachten viel zu wertvoll waren. Fast das gesamte Mittelalter hindurch nahmen die meisten Menschen den Großteil ihrer tierischen Eiweiße mit dem Räucherhering zu sich.
    Englischen »Bett« nur die Matratze und womit sie ausgestopft war, nicht Bettrahmen, Pfosten und Bettzeug. Dafür gab es das Wort »Bettstatt«.
    Haushaltsinventarlisten bis ins Elisabethanische Zeitalter zeigen, dass den Leuten ihre Betten und ihr Bettzeug lieb und teuer waren. Gleich danach kam die Kücheneinrichtung. Erst dann schaffte es das sonstige Mobiliar in die Listen, aber auch nur in vagen Begriffen wie »ein paar Tische und einige Bänke«. Allem Anschein nach hingen die Menschen ebenso wenig an ihren Möbeln wie wir Heutigen an unseren Haushaltsgeräten. Wir möchten sie nicht missen, aber heißgeliebte Erbstücke sind sie nicht. Eines allerdings nahmen die Menschen auch noch sorgfältig in die Verzeichnisse auf, und das war Fensterglas. Wie schon berichtet, waren Fensterscheiben außer in Kirchen und ein paar wohlhabenden Häusern bis weit über das Jahr 1600 hinaus eine Rarität. Eleanor S. Godfrey berichtet, dass ein Ratsherr in Doncaster 1590 sein Haus seiner Frau hinterließ, die Fenster aber seinem Sohn. In der gleichen Zeit ließen die Besitzer von Alnwick Castle ihre Fenster immer dann, wenn sie nicht da waren, herausnehmen und wegstellen, damit diese in ihrer Abwesenheit nicht zu Bruch gingen.
    Selbst in den größten Häusern hatten meist nur die Fenster in den wichtigsten Räumen Scheiben. Alle anderen hatten Läden. Weiter unten auf der sozialen Stufenleiter waren Glasfenster eben lange noch selten. Zur Zeit von Shakespeares Geburt im Jahr 1564 hatten oft nicht einmal Glaser Glasfenster in ihren Häusern, doch zur Zeit seines Todes etwa ein halbes Jahrhundert später hatte sich das, wenn auch nicht vollkommen, geändert. Die meisten Bürgerhäuser hatten sie in etwa der Hälfte der Zimmer.
    Eins aber sollte klar sein: Auch in den besten Häusern suchte man Bequemlichkeit vergebens. Ja, eigentlich ist es erstaunlich, wie lange die Menschen brauchten, um ein klein wenig Komfort genießen zu können. Es gab einen guten Grund dafür: Das Leben war hart. Während des gesamten Mittelalters bestand das Alltagsleben hauptsächlich aus der Sorge ums Übeleben. Hungersnöte waren an der Tagesordnung. Da man nirgendwo große Lebensmittelreserven anlegen konnte, litt man sofort Hunger, wenn die I ante mager ausfiel, was durchschnittlich alle drei, vier Jahre der Fall war. War die Ernte völlig vernichtet, folgte unweigerlich der I lungertod. England erlebte 1272, 1277, 1283, 1292 und 1311 und dann mörderisch hintereinander von 1315 bis 1319 besonders katastrophale Ernten. Hinzu kamen natürlich stets Seuchen und sonstige Krankheiten, die Millionen dahinrafften. Menschen, die nur ein kurzes Leben erwarten und regelmäßig Notzeiten erleben, machen sich wahrscheinlich weniger Gedanken um die Ausstattung ihrer Häuser. Doch auch wenn man all das in Betracht zieht, bemühte man sich merkwürdig langsam um selbst bescheidene Ausmaße an Bequemlichkeit.
    Zum Beispiel ließen Löcher im Dach zwar Rauch hinaus, aber auch Regen und Wind hinein, bis endlich, reichlich spät, jemand eine laternenartige Konstruktion mit Lamellen ersann, die es erlaubte, dass der Rauch entwich, aber Regen, Vögel und Wind abhielt. Es war eine wunderbare Erfindung, doch als man im vierzehnten Jahrhundert darauf kam, gab es schon die ersten Schornsteine, und man brauchte die Lamellenabdeckungen nicht mehr.
    Ansonsten wissen wir praktisch nichts über Hauseinrichtungen vor dem Hohen

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