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Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuval Noah Harari
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Aztekenreich, das irgendwo auf dem Festland liegen sollte. Nur vier Jahre später lag die Hauptstadt der Azteken in Trümmern, ihr Reich war zerschlagen und Hernán Cortés herrschte über ein riesiges spanisches Reich in Mexiko.
    Die Spanier feierten nicht lange, sondern entsandten sofort Expeditionen in alle Himmelsrichtungen, um das Land zu erforschen und zu erobern. Etwas mehr als ein Jahrzehnt später stieß Francisco Pizarro in Südamerika auf das Inkareich und eroberte es im Jahr 1532. Die früheren Herrscher Mittelamerikas – die Azteken, Tolteken oder Mayas – hatten bestenfalls von der Existenz Südamerikas gehört und nie daran gedacht, es erobern zu wollen. Umgekehrt wussten die südamerikanischen Kulturen kaum etwas von der Existenz der Kulturen in Mittelamerika. In zehn Jahren vollbrachten die Spanier etwas, was die einheimischen Kulturen in zweitausend Jahren nicht geschafft hatten.

    Karte 6. Die Reiche der Azteken und Inkas zur Zeit der Eroberung durch die Spanier
    Hätten sich die Azteken und Inkas mehr für ihre Umgebung interessiert, und hätten sie gewusst, was die Spanier mit ihren Nachbarn angestellt hatten, dann hätten sie sich den Spaniern vielleicht etwas entschlossener und erfolgreicher entgegengestellt. In den Jahren zwischen der Landung von Christoph Kolumbus in der Karibik (1492) und der Ankunft von Cortés in Mexiko (1519) hatten die Spanier die meisten Inseln der Karibik erobert und dort eine Reihe neuer Kolonien errichtet. Für die unterworfenen Einheimischen waren diese Kolonien die Hölle auf Erden. Sie wurden mit eiserner Faust von gierigen und skrupellosen Siedlern unterjocht, die jeden beim geringsten Anzeichen von Widerstand einfach töteten. Die einheimische Bevölkerung wurde versklavt und zur Arbeit in Bergwerken und auf Pflanzungen gezwungen. Die meisten starben schon bald, entweder weil sie den unmenschlichen Arbeitsbedingungen erlagen, oder weil sie dem Zoo von unbekannten Krankheitserregern zum Opfer fielen, die als blinde Passagiere an Bord der spanischen Schiffe nach Amerika gekommen waren. Innerhalb von nur zwanzig Jahren war fast die gesamte einheimische Bevölkerung der Karibik ausgestorben. Die spanischen Siedler importierten afrikanische Sklaven, um die Lücke zu füllen.
    Obwohl sich dieser Völkermord vor der Haustür der Azteken abspielte, hatten diese nicht die geringste Ahnung davon, als Cortés an der Ostküste ihres Reichs an Land ging. Die Spanier hätten genauso gut wie Außerirdische aus dem All kommen können. Die Azteken waren überzeugt, dass sie die ganze Welt kannten und zum größten Teil beherrschten. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass jenseits dieses Horizonts so etwas wie die Spanier existieren konnte. Als Cortés und seine Männer am sonnigen Strand des heutigen Veracruz landeten, waren sie die ersten vollkommen unbekannten Menschen, denen die Azteken begegneten.
    Die Azteken wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Sie hatten ihre liebe Not zu verstehen, wer diese Außerirdischen waren. Sie hatten helle Haut und eine Menge Gesichtshaar. Einige hatten sonnenfarbenes Haar. Aber vor allem stanken sie entsetzlich. (Die Azteken waren in der Hygiene sehr viel weiter als die Spanier. Zu Beginn ihrer Invasion wurden die Spanier auf Schritt und Tritt von Einheimischen mit Räuchergefäßen begleitet. Die Spanier meinten, sie würden als Götter verehrt. Aber aus einheimischen Quellen wissen wir, dass der Rauch aus Harzen und Ölen dazu dienen sollte, die Gegenwart der Spanier erträglich zu machen.)
    Noch verwirrender waren die Dinge, die die Außerirdischen mitbrachten. Sie kamen in schwimmenden Häusern, wie sie noch nie jemand gesehen hatte. Sie ritten auf großen und furchterregenden Tieren und waren schnell wie der Wind. Mit glänzenden Metallstäben konnten sie Blitz und Donner erzeugen. Sie hatten lange, glänzende Schwerter und trugen unzerstörbare Rüstungen, gegen die die Einheimischen mit ihren Holzkeulen und Speeren nichts ausrichten konnten.
    Einige Azteken meinten, es handele sich um Götter. Andere hielten die Spanier für Dämonen, Totengeister oder mächtige Zauberer. Statt alle verfügbaren Kräfte zu mobilisieren und die Spanier niederzumetzeln, beratschlagten, zögerten und verhandelten die Azteken. Sie sahen keinen Grund zur Eile – schließlich war Cortés mit höchstens 350 Begleitern angekommen. Was sollten diese wenigen Fremden schon gegen ein Millionenreich ausrichten?
    Cortés wusste zwar genauso wenig über

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