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Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuval Noah Harari
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verfeinerten ihre Jagdtechniken erst ganz allmählich und begaben sich vor rund 400000 Jahren zum ersten Mal auf die Großwildjagd. In Afrika und Eurasien durchschauten die potenziellen Beutetiere die Zweibeiner im Laufe der Zeit und lernten, einen großen Bogen um sie machen. Als das neue Großraubtier, der Homo sapiens , die Bühne betrat, wussten sie bereits, dass es gesünder war, Abstand zu halten. Die australischen Riesensäugetiere hatten jedoch keine Zeit, sich auf die effizienten Jäger einzustellen. Menschen wirken nicht sonderlich bedrohlich, sie haben keine scharfen Zähne und keinen besonders muskulösen Körper. Die Tiere der alten Welt hatten längst begriffen, dass diese Zweibeiner gefährlicher waren als sie aussahen. Doch ein australisches Diprotodon, das diesen schwächlichen Affen zum ersten Mal sah, hätte ihn wohl nur eines kurzen Blickes gewürdigt und dann weiter seine Blätter gekaut. Natürlich konnten die Tiere nach den ersten Überfällen keine Pressemitteilung herausgeben und ihre Artgenossen warnen. Diese Tiere mussten erst Respekt vor den Menschen entwickeln, aber ehe sie dazu kamen, waren sie bereits ausgestorben.
    Eine zweite Erklärung geht davon aus, dass die Sapiens bei ihrer Ankunft in Australien bereits eine Technik namens »Brandrodung« beherrschten. Wenn sie auf eine fremde und bedrohliche Umwelt trafen, fackelten sie gezielt riesige Flächen von undurchdringlichem Busch und dichten Wäldern ab. Auf offenem Grasland war das Wild leichter zu jagen, weshalb es den Bedürfnissen der Menschen eher entsprach. Mit dieser Technik stellten sie die Ökologie weiter Teile des australischen Kontinents innerhalb weniger Jahrtausende vollständig auf den Kopf.
    Ein Beweis für diese Theorie sind Funde von fossilen Pflanzen. Vor 45000 Jahren gab es noch kaum Eukalyptusbäume in Australien. Doch nach der Ankunft des Homo sapiens brach das goldene Zeitalter des Eukalyptus an. Die Bäume verbreiteten sich, da sie besonders feuerbeständig waren. Andere Bäume und Sträucher verschwanden dagegen. Diese radikale Veränderung der Vegetation hatte nicht nur Folgen für Pflanzenfresser, sondern auch für die Raubtiere, die die Pflanzenfresser jagten. Für die Koalabären, die sich ausschließlich von Eukalyptusblättern ernähren, war dies natürlich ein Fest. Doch die meisten anderen Tiere litten. Viele Nahrungsketten rissen ab, und die schwächsten Glieder starben aus. 23
    Eine dritte Erklärung geht ebenfalls davon aus, dass Jagd und Brandrodung eine wichtige Rolle beim Artensterben spielten, doch sie bezieht auch die Rolle des Klimas mit ein. Der Klimawandel, der Australien vor 45000 Jahren traf, habe das Ökosystem aus dem Gleichgewicht gebracht und besonders anfällig gemacht. Unter normalen Umständen hätte sich das Ökosystem wieder erholt, wie schon so oft in der Vergangenheit. Doch die Menschen erschienen just in diesem kritischen Moment auf der Bildfläche und stießen das instabile System in den Abgrund. Die Kombination aus Klimawandel und menschlicher Jagd habe der Megafauna den Garaus gemacht, da es grundsätzlich schwierig sei, eine Überlebensstrategie zu finden, die gleichzeitig mit mehreren Bedrohungen fertig wird.
    Solange wir keine weiteren Beweise haben, können wir unmöglich wissen, welche dieser drei Theorien das Artensterben am besten erklärt. In jedem Fall haben wir guten Grund zu der Annahme, dass ohne die Ankunft des Homo sapiens bis heute Beutellöwen, Diprotodonten und Riesenkängurus durch Australien streifen würden.
    Das Ende des Faultiers
    Mit der Auslöschung der australischen Megafauna hinterließ der Homo sapiens seine erste deutliche Spur auf unserem Planeten. Ihr folgte jedoch eine noch größere Umweltkatastrophe auf dem amerikanischen Doppelkontinent. Der Homo sapiens war die erste und einzige Menschenart, die bis nach Amerika vordrang. Vor rund 14000 Jahren kamen die ersten Siedler zu Fuß an, und zwar über eine Landbrücke, die damals den Nordosten Sibiriens mit dem Nordwesten Alaskas verband. Es war ein gefährlicher Marsch, vielleicht noch gefährlicher als die Seereise nach Australien. Um diese Landbrücke überqueren zu können, musste der Mensch zunächst lernen, unter den arktischen Bedingungen Nordsibiriens zu überleben, einer Region, in der es im Winter nie Tag wird und die Temperaturen auf bis zu minus 50 Grad Celsius sinken können.
    Keine Menschenart hatte je in Sibirien Fuß fassen können. Selbst die Neandertaler, die sich gut an die

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