Eine Lady nach Maß
Er scheint kein hoffnungsloser Fall zu sein.“
„Oh, Hannah! Meinst du wirklich? Meinst du, er könnte sich für mich interessieren?“ Cordelia setzte sich erwartungsvoll auf die Kante des Stuhles und sah Hannah mit großen Augen an. „Das ist keine Schulmädchenschwärmerei. Ich glaube wirklich, dass Ike und ich zusammengehören. Ich weiß die Freundschaft zu schätzen, die über die Monate zwischen uns entstanden ist. Wenn keine Telegramme kommen, während ich ihm das Essen bringe, lädt er mich manchmal ein, bei ihm zu sitzen und mit ihm zu reden. Wir reden über die Bücher, die wir gelesen haben, oder er erzählt mir lustige Geschichten. Er hat mir sogar beigebracht, wie ich meinen Namen telegrafieren kann.“
Hannah nickte nachdenklich.
„Wenn du mir ein Kleid machen könntest, dass mich ein bisschen hübscher machen würde, würde er mich vielleicht endlich als Frau sehen und merken, wie gerne er mich hat. Und wenn nicht … Gut, dann würde ich wenigstens wissen, woran ich bin.“
Hannah konnte die Verzweiflung hören, die aus Cordelias letzten Worten sprach. Natürlich würde sie helfen. Das war in dem Moment klar geworden, als Cordelia durch die Tür getreten war. Die Frage war nur das Wie. Cordelia hatte nur eine einzige Gelegenheit, um einen neuen Eindruck zu hinterlassen – einen Eindruck, der so überwältigend war, dass ihr Angebeteter sie nicht mehr vergessen konnte.
Eine Idee formte sich in ihrem Kopf. Hier war mehr als nur ein neues Kleid gefordert. Diese Geschichte rief nach einer Ezra-mäßigen Verwandlung.
Hannah sprang auf und fing an, im Raum auf und ab zu gehen. „Gibt es in näherer Zukunft irgendwelche Feste hier in der Stadt? Erntefeiern oder so etwas?“
Cordelias Gesicht zog sich verwirrt zusammen. „Es gibt ein Picknick am Gründungstag der Stadt in etwas mehr als einem Monat, aber was hat das denn –“
„Da wirst du dein Debut haben.“ Hannah klatschte erfreut in die Hände, doch Cordelia missverstand sie.
„Du brauchst sechs Wochen, um mir ein Kleid zu machen? Ich hätte nicht erwartet, dass das so lange dauert.“
Hannah ließ sich auf die Truhe zurückfallen. „Ich brauche doch keine sechs Wochen, um dir ein Kleid zu schneidern. Ich brauche nicht einmal sechs Tage. Aber wenn du geduldig bist und mitarbeitest, habe ich einen Plan, der es unmöglich für deinen Mr Franklin macht, dich nicht als attraktive, begehrenswerte Frau zu sehen.“
Endlich schien Cordelias Interesse geweckt. „Wirklich? Du kannst mich attraktiv machen?“
„Du bist doch sehr hübsch. Du hast dickes, glänzendes Haar, eine wunderschöne Hautfarbe, lange Wimpern.“
„Aber ich bin dick.“
„Nein, bist du nicht. Du bist nur …“
Cordelia schüttelte den Kopf. „Du brauchst nicht höflich zu sein. Ich sehe die Wahrheit doch jedes Mal, wenn ich in den Spiegel schaue. Wenn ich so schlank wäre wie du –“
„Das könntest du.“ Hannah legte ihre Hände auf Cordelias Schultern und sah sie eindringlich an. „Das könntest du. Ich bringe dir bei, wie man Frühsport macht. Du kannst mich auf meinen morgendlichen Spaziergängen begleiten. Doktor Lewis meint, wenn eine Frau schlank sein will, muss sie nur etwas weniger essen und sich mehr bewegen.“
„Wer ist Doktor Lewis?“
„Dio Lewis. Er ist ein bekannter Vertreter der körperlichen Ertüchtigung für Frauen und Kinder. Er hat ein neues Gymnastiksystem erfunden, das jeder anwenden kann. Wenn du es ausprobieren willst, verspreche ich dir, dass du schnell einen Unterschied sehen wirst. Die Übungen verstärken deine Gesundheit, geben dir Kraft und Frische und verbessern deine Figur. Und wenn der Tag des Picknicks näher rückt, schneidere ich dir das perfekte Kleid, das Mr Franklin den Atem rauben wird. Du wirst genauso viel Eindruck machen wie Ezra gestern.“
Hannah stand auf und zog Cordelia auf die Beine. „Am Anfang bedeutet es, sich zu überwinden und harte Arbeit zu leisten, aber du wirst dich schnell daran gewöhnen. Willst du es ausprobieren?“
„Ja! Oh ja. Können wir heute schon anfangen?“
Hannah lachte und umarmte ihre Freundin. „Lass uns mit dem schönen Teil anfangen. Schnitte und Stoffe. Morgen können wir dann mit den Übungen beginnen.“ Sie führte Cordelia zu den Büchern mit den Schnittmustern und den neusten Modemagazinen.
Eine Stunde später beugten sie sich immer noch über den Tresen und bewunderten die ausgefallenen Kleider, von denen keine von beiden jemals eines tragen würde. Doch sie
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