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Eine Lady nach Maß

Eine Lady nach Maß

Titel: Eine Lady nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Witemeyer
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stellte sich dem Kampf.
    „Wovor haben Sie Angst, Mr Tucker? Davor, Ihre billige Haushälterin zu verlieren, wenn Cordelia endlich den Mann bekommt, den sie liebt?“
    Welchen Mann? Cordelia interessierte sich für niemanden, den er kannte. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber er hatte keine Chance. Diese Frau war noch nicht fertig mit ihm.
    „Ist das der wahre Grund, warum Sie sie in trüben Farben und schlecht geschnittenen Kleidern herumlaufen lassen? Weil Sie zu selbstsüchtig sind, sie ihr eigenes Leben führen zu lassen?“
    Der Finger, mit dem er eben noch auf sie gezeigt hatte, verschwand in seiner Faust. Er musste sich beherrschen, nicht gegen die nächste Wand zu schlagen. „Das zeigt, wie wenig Sie wissen“, brachte er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. „Ich würde mein Leben für meine Schwester geben.“
    Offensichtlich zu aufgebracht, um ihre Worte abzuwägen, trat Miss Richards so nahe an ihn heran, dass er helle Funken in ihren Augen leuchten sah. „Das mag sein“, sagte sie und schien jedes Wort auszuspucken, „aber vertrauen Sie ihr genug, um sie ihre eigenen Entscheidungen treffen zu lassen?“
    Die Frage traf ihn wie ein unerwarteter Schlag in den Magen. Immer schon hatte er sich als Delias Beschützer und Unterstützer gesehen und sich darum gekümmert, dass sie genug zu essen, ausreichend Kleidung und einen Platz zum Schlafen hatte. Er hatte dafür gesorgt, dass sie die Schule beenden konnte, auch wenn er abbrechen und für den Lebensunterhalt hatte sorgen müssen. Er hatte die volle Verantwortung für sie getragen, aber die Belastung hatte ihm nichts ausgemacht, weil sie eine Familie waren. Sie hatten nur noch sich. Aber jetzt trug sie keine geflochtenen Zöpfe und knielangen Kleider mehr. Unterdrückte er sie nun mit seinem Beschützerinstinkt?
    J.T.s Stirnrunzeln verstärkte sich bei diesem Gedanken. Vertraute er Cordelia genug, um sie ihre eigenen Entscheidungen fällen zu lassen?
    Er schob den Zahnstocher in den anderen Mundwinkel und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Er konnte Miss Richards keine Antwort geben, also schwieg er sie an.
    Nach einem Moment angespannter Stille schien das Feuer in Miss Richards’Augen zu erlöschen und sie sackte ein wenig in sich zusammen. „Ich entschuldige mich, Mr Tucker. Vielleicht war ich zu grob, als ich Cordelia in Schutz genommen habe.“ Sie trat einen Schritt zurück und legte eine Hand auf den Tresen, als bräuchte sie Halt. „Ich will Ihre Schwester nicht verändern. Sie kam heute in Tränen aufgelöst hierher und hat mich um Hilfe gebeten. Das ist alles, was ich versuche. Helfen.“
    „Und Sie glauben wirklich, dass ein neues Kleid ihre Probleme lösen wird?“ Er spuckte ihr diesen Vorwurf förmlich entgegen.
    „Natürlich nicht. Und auch Cordelia glaubt das nicht. Aber im Moment fühlt sie sich unscheinbar und unattraktiv. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als dass der Mann ihrer Träume ihre Gefühle erwidert.“
    „Welcher Mann?“ J.T. schüttelte den Kopf. Warum redete diese Frau immer wieder von einem nicht existenten Mann? „Cordelia hat keinen Verehrer.“
    „Noch nicht.“ Miss Richards lächelte, als wüsste sie ein Geheimnis. „Aber wir hoffen, dass sich das bald ändert.“
    Cordelia und ein Mann? Er würde den Kerl erwürgen.
    „Haben Sie geglaubt, dass sie für immer Ihre kleine Schwester bleiben würde?“ Ihre sanfte Stimme war jetzt voller Mitgefühl, aber es schmerzte in seinen Ohren. Er wollte verdrängen, was sie ihm gerade zu erklären versuchte. „Cordelia ist eine erwachsene Frau, die ihren Bruder liebt“, sagte sie weiter. „Aber sie sehnt sich danach, aus diesem Schatten in ihr eigenes Leben zu treten. Sie will einen Mann heiraten, der sie schön findet.“
    J.T.s Blick blieb an einem der Kleider hängen, die im Raum ausgestellt waren. „Cordelia ist schon schön. Sie braucht Ihre Kleider nicht. Die Bibel sagt, dass Schönheit nicht von außen kommt, sondern von einem göttlichen Geist.“
    „Erster Johannesbrief Kapitel drei. Ich kenne das gut. Und ich stimme zu. Aber wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, dass ein Mann sich kaum die Zeit nimmt, das Innere einer Frau kennenzulernen, wenn sie ihm nicht vorher als attraktive Person auffällt. Wie oft haben Sie ein pockennarbiges Mädchen schon auf eine Ausfahrt oder zu einem Picknick eingeladen?“
    J.T. rieb mit der Zunge über den Zahnstocher. Das Holz schmerzte seine Haut genauso, wie es die Fragen dieser

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