Eine Lady nach Maß
„Vorne ist es schon eng genug, ohne dass ich mich auch noch dazuquetsche.“
J.T. nickte zustimmend und ging dann nach vorne, um den anderen beiden beim Aufsteigen behilflich zu sein. Er half Hannah am Schluss hinauf, damit sie gleich neben ihm sitzen würde. Dann sprang er selbst auf den Wagen und ließ sich auf der Bank nieder. Zum ersten Mal war er glücklich über die Enge der Fahrerbank. Sein Bein berührte Hannahs, wobei er ihre Körperwärme durch den Stoff hindurch spürte. „Seid ihr alle bereit?“
Ein vielstimmiger Chor an Zustimmungen wurde laut. J.T. konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Frauen waren mindestens ebenso aufgeregt wie die Kinder – wie er selbst. J.T. schnalzte mit den Zügeln und der Wagen setzte sich in Bewegung. Eine innere Stimme versicherte ihm, dass er diesen Gründungstag nie wieder vergessen würde.
Kapitel 29
D urch die fröhliche Stimmung im Wagen war Hannah so abgelenkt, dass sie nicht an die Brücke dachte, die sie zu überqueren hatten, bis sie dort angekommen waren. Sie versuchte, ihr Unbehagen hinter einem Lächeln zu verbergen. Doch Jericho musste ihre Anspannung gespürt haben, denn er nahm ihre Hand, bevor sie auf die Holzbalken fuhren. Froh über seine Feinfühligkeit und darum, einen starken Halt zu haben, klammerte sie sich an seinen Oberarm. Seine Wärme gab ihr Sicherheit.
Die Räder rumpelten auf dem Holz der Brücke. Die Kinder lachten, der Wind rauschte in den Bäumen und die Vögel zwitscherten um sie herum. Doch in ihrer Erinnerung dröhnten die Wassermassen so laut, dass die Idylle völlig verblasste. Ihr Griff um Jerichos Arm wurde fester.
Sie wusste, dass sie sich albern benahm. Der Fluss war nicht gefährlich. Er plätscherte freundlich und harmlos in seinem Bett dahin. Trotzdem konnte alle Vernunft nicht ihre Angst vertreiben.
Jericho drückte ihre Hand fest an sich und fing an zu summen, bis sie sich endlich entspannen konnte. Die tiefen Vibrationen beruhigten sie, sie wusste, dass er den gleichen Trick bei unruhigen Pferden anwandte, und schmunzelte.
Als sie das andere Ufer sicher erreicht hatten, entzog Hannah Jericho ihre Hand. Er sah deswegen ein bisschen enttäuscht aus, doch sie lächelte ihn an und formte mit den Lippen ein stilles Dankeschön. Er zwinkerte verschwörerisch und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Straße zu.
Sie wandten sich nach Norden und folgten dem Fluss, bis sie zu einem Tal kamen, das von Wagen, Einspännern und mehr Menschen wimmelte, als Hannah je in Coventry gesehen hatte. Männer warfen Hufeisen, während Frauen sich um ihre Kinder kümmerten und sich mit den Nachbarn unterhielten. Überall rannten Kinder herum und spielten Fangen. Die Jungen stibitzten heimlich etwas vom Essen, wenn ihre Mütter gerade nicht hinschauten. Im Schatten einer alten Eiche in Flussnähe saßen einige ältere Menschen, unterhielten sich und schenkten Limonade und Cidre aus.
Hannah gab sich Mühe, so viele Eindrücke wie möglich in sich aufzunehmen. „Ist das ganze Umland hier versammelt?“, fragte sie, während Jericho den Wagen zu einer Baumgruppe lenkte, wo die Pferde im Schatten grasen konnten. Sie rumpelten über die Wiese, wobei Hannah gegen Jericho geworfen wurde, da sie nichts hatte, an dem sie sich festhalten konnte. Ritterlich legte er seinen Arm um ihre Schultern und presste sie an sich.
„Nein, nur etwa ein Drittel der Leute aus der Gegend kommen zur Gründungstagsfeier Coventrys.“ Jericho sah auf sie herab und Hannah blinzelte. In seiner Umarmung hatte sie schon wieder vergessen, dass sie ihm eine Frage gestellt hatte. „Vor allem die Farmer im Umkreis von zehn Meilen kommen aber hierher.“
Der Weg wurde wieder ebener, doch Jericho machte keine Anstalten, seinen Arm von ihren Schultern zu nehmen. Hannah genoss seine Berührung. Doch ein bisschen störten sie die amüsierten Blicke, die Cordelia ihnen zuwarf.
Viel zu schnell verkündete Jericho. „Wir sind da!“
Seine Ankündigung wurde mit Freudenschreien quittiert, als die Kinder sofort von der Ladefläche sprangen.
„Bleibt in der Nähe, wo ich euch sehen kann“, rief Louisa, als ihre Kinder zu ihren Freunden rannten.
Jericho sprang vom Wagen, um Cordelia beim Aussteigen behilflich zu sein. Dann bot er Hannah seine Hand. Seine Hände ruhten ein wenig zu lang auf ihren Hüften, als er sie heruntergehoben hatte, und eine Gänsehaut überzog ihren Körper. Jericho schenkte ihr eins seiner seltenen Lächeln und begann dann, den Wagen abzuladen.
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