Eine Lady von zweifelhaftem Ruf
Zwischenzeit nicht Ihre Habseligkeiten abholen? Wenn Sie ein unerwartetes Treffen fürchten, seien Sie versichert, dass ich die Stadt verlassen und für einige Tage nicht zu Hause sein werde.
Miss Pennifold
Jonathan faltete den Brief wieder zusammen und roch daran. Sie hatte ihn nicht parfümiert, und doch kam das Lavendelwasser, das sie benutzte, ein wenig durch.
Er hatte über die Direktheit des Briefes schmunzeln müssen und darüber, dass sie es nicht hatte lassen können, ihm sein Versagen unter die Nase zu reiben, da der Beweis doch die ganze Zeit im Haus gewesen war.
Du hast mich hintergangen und es hat sich nicht mal besonders gelohnt.
Der Rest des Briefes war weniger amüsant. Besonders der Teil über die regelmäßigen Zahlungen. Celia mochte annehmen, dass es um ihren Unterhalt ging, aber es waren auch andere Erklärungen möglich.
Sich aus Celias Nähe zu entfernen, hatte seine eigenen kleinen Ermittlungen, wie sie es nannte, neu belebt. Er hatte analysiert, was er über Alessandra in den vergangenen Wochen erfahren hatte. Er war immer noch unschlüssig, ob die Gerüchte stimmten, aber wenn sie regelmäßige Zahlungen von jemandem erhalten hatte, besonders von einem früheren Liebhaber, gab es keine Gewissheit, dass diese Zahlungen dafür gedacht gewesen waren, ein Kind der Liebe zu unterstützen. Es konnte genauso gut sein, dass sich jemand Alessandras Schweigen erkauft hatte. Vielleicht sogar der Agent, für den sie gearbeitet hatte.
Die vielen Möglichkeiten beschäftigten ihn, während er zum Park ritt. Edward hatte ihm eine Nachricht zukommen lassen, in der er auf ein Treffen drängte. Der ungeduldige Ton der Nachricht deutete darauf hin, dass jemand darüber verärgert war, dass Jonathans Auftrag nicht schnell genug erfüllt wurde.
Als er am See auf seinen Onkel traf, stellte er sich vor, wie Celia den Mann kontaktierte, den sie nun für ihren Vater hielt. Sie würde es tun, davon war er überzeugt. Vielleicht unauffällig, aber das würde es auch nicht willkommener machen als das kühnste Vorgehen.
Und wenn dieser Mann doch nicht ihr Vater war, sondern jemand, der Alessandra aus anderen Gründen all die Jahre lang Geld gezahlt hatte, was dann?
Edward grüßte ihn, und er trabte zu ihm hinüber.
»Du bist ja zu Fuß unterwegs, Onkel. Ich habe dich gar nicht gesehen.«
»Der Arzt hat mir geraten, jeden Tag einen Spaziergang zu machen. Binde dein Pferd irgendwo fest und geh mit mir ein Stück. Es ist sonst so langweilig und zeitraubend.«
Jonathan tat es und fiel neben ihm in Schritt. »Bist du krank?«
»Nein, es ist nur das Alter. Es fordert seinen Tribut auf viele verschiedene Weisen, bis man daran stirbt.« Edward ging recht zügig und ließ dabei seinen hübschen Spazierstock im Rhythmus seiner Schritte hin und her schwingen. »Ich habe länger nichts von dir gehört. Also dachte ich mir, ich frage mal nach, wie es so aussieht.«
»Ist jemand ungeduldig?«
»Du bist nur ungewöhnlich langsam. Gibt es einen Grund dafür?«
Einen äußerst guten Grund. Er hatte es bisher vermieden, Edward von den Wappen zu erzählen, teilweise, um Celia zu schützen, und teilweise, um genügend Zeit zu haben, selbst Nachforschungen über ein paar Gönner von vor fünf Jahren anzustellen.
»Wenn ich dir gesagt hätte, dass ich alles erfahren habe und im Besitz einer Liste ihrer Kunden bin, was würdest du tun?«
Edward hielt mitten in der Bewegung inne. Ernst studierte er Jonathans Gesicht.
»Hast du eine solche Liste?«
»Das habe ich nicht. Doch ich frage mich, was du mit dem, was ich herausfinden soll, anstellen wirst. Das Innenministerium hat dich dieses Mal nicht zu mir geschickt. Ich bin neugierig, wer dein Auftraggeber ist.«
Edward ging weiter, schneller diesmal. Unter seiner Hutkrempe funkelten seine Augen wütend. »Wer hat dir das gesagt? Ich werde nicht zulassen, dass irgendein Idiot …«
»Es wurde mir von jemandem erzählt, der für gewöhnlich äußerst exakte Informationen erhält.«
»Und du hast dieser Person, wer immer sie sein mag, von deinem Auftrag erzählt? Hast du den Verstand verloren?«
»Ich habe gar nichts erzählt. Meine Aktivitäten sind über die Jahre hinweg nicht unentdeckt geblieben. Ich bin für andere in der Regierung neben dir nicht vollkommen unsichtbar. Aber meine Frage hat dich aufgebracht, also lass es uns vergessen, dass ich gefragt habe.«
»Verdammt, das will ich meinen.«
Sie gingen weiter, und schließlich gewann er seine Fassung zurück. »Ich
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