Eine Lady von zweifelhaftem Ruf
wie sie Daphne schockieren würde, denke ich. Bei den anderen bin ich mir nicht sicher.«
Celia lachte schwach. »Ich weiß nicht, ob ich beruhigt oder beleidigt sein soll.«
»Nicht beleidigt, hoffe ich. Ich bin nicht schockiert, weil du trotz deiner stets guten Laune und deines Optimismus immer auch eine äußerst praktische Weltsicht hattest.« Verity hakte sich erneut bei Celia unter, sodass sie wieder nebeneinander durch den Garten schlenderten. »Ich nehme an, jede praktisch denkende Frau würde ihre Möglichkeiten genau durchdenken. Das ist alles, was ich über dich gehört habe.«
Celia blieb stehen und sah in Veritys blaue Augen. In ihnen lag kein Tadel. Sie hatten sich in Daphnes Haus ohne Vorurteile liebgewonnen, und das prägte immer noch die Art und Weise, wie sie miteinander umgingen.
»Es sind nur wenige Möglichkeiten, die mir offen stehen, und die meisten davon sind nicht besonders verlockend, Verity. Ich habe nun schon seit fünf Jahren darüber nachgedacht. Ich kann für immer bei Daphne bleiben, verborgen vor den Augen der Welt und ihrer Verachtung, aber auch weit weg von ihrer Lebensfreude. Und ich riskiere, den Ruf jeder Frau zu ruinieren, die mit mir zusammenlebt. Oder ich kann fortgehen, meinen Namen ändern und hoffen, dass mich meine Vergangenheit niemals einholt. Vielleicht könnte ich sogar heiraten, wenn ich bereit wäre, einen anständigen Mann zu täuschen.«
»Oder du lebst das Leben deiner Mutter, was nicht ohne Reiz wäre, wie ich annehme.« Verity lächelte freundlich. »Hast du es als Mädchen abgelehnt, weil du es für falsch gehalten hast?«
»Ich habe es abgelehnt, weil es einen Pragmatismus erfordert hätte, den ich mit siebzehn noch nicht aufbringen konnte. Und weil ich meinem Vater, wer immer er sein mag, nicht noch mehr Gründe geben will, mich abzulehnen.« Eine wehmütige Erinnerung überkam sie. Sie wandte sich ab und betrachtete die Büsche, die Bäume und den Himmel. »Und weil es in jenem Leben keine Liebe geben darf. Zuneigung, ja. Aber alles darüber hinaus würde mir das Herz brechen.«
Verity deutete mit einer ausladenden Geste auf das Haus und den Garten. »Also wählt meine kluge, fröhliche Celia einen anderen Weg. Wie typisch für dich, eine vierte Möglichkeit zu finden.«
Celia lachte. »Das ist wahr. Und ich sollte mich wohl besser damit beeilen, wenn die ersten Pflanzen schon diese Woche eintreffen sollen.« Sie legte ihren Kopf schief. »Das Hämmern hat aufgehört. Vielleicht ist Mr Albrighton fertig.«
Verity verdrehte ihre Augen. »Am besten sehen wir uns das mal an. Dein Mr Albrighton meint es zwar gut, aber ich hätte darauf bestehen sollen, dass er
mir
den Hammer gibt, denn selbst ich hätte die Arbeit besser ausführen können.«
Sie waren fast an der Gartentür angelangt, als Verity plötzlich innehielt. »
Albrighton
. Ich wusste doch, dass mir der Name irgendwie bekannt vorkommt, als du ihn das erste Mal erwähnt hast. Und nun weiß ich auch, warum. Ein Mr Albrighton war am gleichen Tag bei uns, als ihr, Audrianna und du, mich besucht habt. Hawkeswell hat es später erwähnt. Das war der gleiche Albrighton, der Friedensrichter in Staffordshire war, als sie dort vor Kurzem diese Unannehmlichkeit hatten. Ich frage mich, ob er vielleicht mit deinem Mieter verwandt ist.«
»Ich glaube viel eher, dass es sich dabei um ein und denselben Mann handelt.« Jonathan hatte an jenem Tag Lord Hawkeswell besucht? Sie waren zur gleichen Zeit in Veritys Haus gewesen?
War es möglich, dass er ihr gefolgt war? Er hatte doch gar keinen Grund dazu. Und doch schien es ein höchst seltsamer Zufall zu sein.
»Denselben? Oje.« Verity sprach sehr leise, als ob sie fürchtete, jemand im Haus könnte mithören. »Dann ist es kein Wunder, dass er so schöne Stiefel hatte. Er ist nicht nur kein Zimmermann, er ist auch kein Ehrenmann, Celia. Laut meinem Gatten ist Mr Albrighton der uneheliche Sohn des verstorbenen Earl of Thornridge. Das hat er wohl während ihrer gemeinsamen Zeit an der Universität zugegeben.«
Als sie das Haus betraten, war Jonathan nicht zu sehen. Der Hammer lag auf einem der tieferen Regalbretter, die er gerade angebracht hatte. Dass er sich die Mühe gemacht hatte, die Aufgabe zu Ende zu bringen, rührte Celias Herz auf die gleiche Weise, wie es der Wassereimer getan hatte. Doch das hätte er nicht tun sollen. Männer von Stand verrichteten keine Arbeit, die die Hände beschmutzte, nicht wahr? Selbst der uneheliche Sohn eines Earls sollte
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