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Eine lange dunkle Nacht

Eine lange dunkle Nacht

Titel: Eine lange dunkle Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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wie die verkrüppelte.
    ›Marschier irgendwo rein, und bring mir ein bißchen Kohle‹, sagte sein Dealer. ›Dann werde ich sehen, was ich für dich tun kann.‹
    John nickte und verließ das Apartment. Nach wie vor wollte er niemanden verletzen, aber alle anderen verletzten ihn. Alles, was er wollte, war ein Schuß, ein einziger Schuß und er wußte genau, dann würde er wieder klar denken können. Er malte sich aus, wie er nach diesem einen Schuß vielleicht sogar ins Krankenhaus zurückgehen würde. Möglicherweise würde Candy sich um ihn kümmern und ihn wieder gesundpflegen. Er lachte über die Absurdität dieses Gedankens, während er tränenüberströmt durch die stürmische Nacht fuhr. Der Regen prasselte gegen die Windschutzscheibe. Er wußte, sein Weg würde ihn nicht ins Krankenhaus zurückführen. Er wußte, er würde nirgendwo hinführen.
    Er fuhr eine ganze Weile, bis er einen geeigneten Laden entdeckte. Er parkte vor dem Eingang und stieg hinaus in die Nacht. Ihm war gleichzeitig heiß und kalt. Er schleppte sich zur Tür. Bis auf den Verkäufer hinterm Tresen konnte er drinnen niemanden entdecken. Er nahm sich vor, kurz mit der Knarre herumzufuchteln, die Kohle einzusacken und dann ruckzuck zu verschwinden. Als er die Tür aufstieß und den Laden betrat, dachte er bloß an das Heroin und wie gut es sich in seinem Körper anfühlen würde. Die Waffe steckte im Gürtel unter seinem Mantel. Er war so durcheinander, daß er nicht mal nachgesehen hatte, ob die Waffe geladen war.
    Er ging jedoch nicht sofort zur Kasse. Warum, wußte er nicht. Vielleicht weil er so unerfahren war. Er glaubte, daß es vielleicht besser wäre, erst ein bißchen rumzustöbern, ein paar Sachen zu nehmen und dann zur Kasse zu gehen. Wenn der Verkäufer dann die Preise eingab, würde er die Waffe ziehen. Yeah, das hörte sich wie ein guter Plan an, dachte er. Selbst ein Sterbender brauchte einen Plan. Der Verkäufer verfolgte jeden seiner Schritte.
    John nahm ein paar Sachen, die er tatsächlich haben wollte: ein Sechserpack Bier, eine Schachtel Doughnuts, eine Packung Milch. Er wußte nicht, ob er das Zeug im Magen behalten würde, denn in der vergangenen Woche hatte er ununterbrochen gekotzt, aber er glaubte, daß das Zeug allemal besser wäre als der verdammte Krankenhausfraß. Er ging zur Kasse, wo er seine ›Einkäufe‹ abstellte. Der Angestellte musterte ihn prüfend und wollte Johns Ausweis sehen. Darüber konnte John nur lachen.
    ›Ich seh' alt genug aus, um begraben zu werden, und Sie glauben mir. nicht, daß ich volljährig bin?‹ sagte er. ›Sie wollen meinen Ausweis sehen? Hier ist er.‹
    John zog seine Waffe und richtete sie auf den Verkäufer, der sofort die Hände hob. Sonderlich überrascht sah er nicht aus. Es war fast so, als würde er regelmäßig überfallen. John sagte ihm, er wolle das ganze Geld, jeden einzelnen Dollar. Der Verkäufer öffnete die Kasse und begann die Geldscheine auf den Tresen legen. Gar nicht so übel für einen Anfänger, dachte John.
    Dann betrat eine junge Frau den Laden. John sah zu ihr hinüber, und beinahe wäre ihm seine Waffe aus der Hand gefallen. Es war Candy, aber es konnte nicht Candy sein, sagte er sich. Nicht zweimal am selben Tag. Unmöglich. Diese Nacht war ein einziger Alptraum. Candy hatte ihn erkannt, rief seinen Namen und kam auf ihn zugerannt.
    Im gleichen Moment bückte sich der Verkäufer unter den Tresen und griff – John hätte die Klamotten, die er trug, drauf verwettet – nach einer Waffe. John wollte nicht, daß der Kerl hochkam und in der Gegend rumballerte. Also feuerte John eine Kugel ins Flaschenregal an der Wand. Flaschen zerbarsten, alles war mit Seagram 7 besudelt, und die Luft war plötzlich von Whiskydunst geschwängert.
    ›Würde ich schön bleiben lassen, wenn ich Sie wäre‹, sagte John dem Mann. Langsam, mit erhobenen Händen, kam der Kerl wieder hoch. Unterdessen rannte Candy weiter auf John zu, rief immer wieder seinen Namen. Nun, ihr Timing war schon immer beschissen gewesen, dachte John. Er fuchtelte mit seiner Waffe herum und schrie: ›Stehenbleiben!‹
    Candy blieb stehen. Sie starrte ihn aus ihren großen braunen Augen an. ›John, ich bin's‹, sagte sie.
    ›Ich kenne keinen John‹, erwiderte er.
    Sie kam einen Schritt auf ihn zu, hatte nicht einmal den Anstand, ihre Hände zu heben. ›Das wird nicht hinhauen, John‹, sagte sie. ›Ich weiß, wer du bist, und du weißt, wer ich bin.‹ Sie verzog das Gesicht. ›Was machst

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