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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Sie’s gefälligst sofort, Mr. Glasson«, schnauzte Veitch ihn an. »Sonst bleiben Sie für immer Stellvertretender!«
    Bolitho hörte diesen Wortwechsel nicht, er dachte nach. Wie stark auseinandergezogen mochte die feindliche Flotte segeln?
    Hatte sie nur
ei
n

Flaggschiff oder mehrere?
    »Lassen Sie die Barkasse aussetzen, Captain Herrick«, sagte er.
    »Sie soll die Depeschen zur
Harebel
l

bringen… Und Briefe nach England, falls jemand welche hat.«
    Rufe hallten über das Deck, die Bootsmannschaft rannte nach achtern, von Yeo, dem Bootsmann, und seiner mächtigen Stimme angetrieben.
    Nochmals sah Bolitho nach seinem Stander. Es war jetzt heller, doch immer noch ziemlich windstill. Auf dem neuen Kurs und Bug würden sie etwas mehr Fahrt machen, aber es konnte trotzdem noch eine Ewigkeit dauern, bis sie Feindberührung hatten.
    Pascoe, den schweren Depeschenbeutel unterm Arm, kam herbeigerannt. »Boot ist klar, Sir.«
    »Dann ab mit dir, Adam. Halte dich drüben nicht auf und sage Commander Inch, er soll versuchen, die Flotte so schnell wie möglich zu erreichen.«
    »Werden wir uns die Luvposition sichern können?«fragte Herrick.
    »Das läßt sich noch nicht sagen, Thomas.« Bolithos Magen zog sich zusammen. Hunger? Angst? Er war sich nicht darüber klar.
    »Aber wenn der Verband so ist, wie ich ihn mir vorstelle, dann ist er bestimmt so groß, daß wir ihn rechtzeitig sehen.«
    Veitch kam wieder nach achtern. »Boot hat abgelegt, Sir. Die pullen wie die Teufel.«
    »Danke.« Er zog die Uhr. »In fünfzehn Minuten können Sie gefechtsklar machen lassen. Inzwischen geben Sie Signal an Geschwader:
Kurs

Nord.

Und wenn der Befehl ausgeführt ist, neues Signal:
Gefechtslini
e

formiere
n

    Als Bolitho ging, schrillten bereits die Bootsmannsmaatenpfeifen, und die Männer rannten auf ihre Stationen. Alles das und noch mehr konnte er Herrick überlassen. Jetzt.
    Automatisch zog er unter der Kampanje den Kopf ein. Grubb brüllte: »Klar bei Brassen!« Das Ruder schwang herum, die losen Segel knallten und bespritzten die Männer mit großen Tropfen.
    Die Kajüte kam ihm sehr kühl vor; er saß fast reglos in seinem Sessel, während Allday ihn schnell rasierte und Ozzard ihm schwarzen Kaffee servierte. »Das war der letzte, Sir«, sagte er dabei kläglich.
    »Macht nichts«, murmelte Allday, »wir holen uns welchen von den Franzosen.«
    Von oben kam das Stampfen vieler Füße, das Quietschen der Blöcke und Taljen. Dazu Veitchs Stimme, hohl verfremdet durch das Sprachrohr: »Lebhafter dort drüben! Belegt die Brassen, Bootsmann!«
    Im dämmrigen Laternenlicht war die Kajüte besonders dunkel. Im Geiste sah er das Schiff auf Nordkurs vor sich, die anderen in Linie dahinter. Nun mußte es bald soweit sein… Dann war es auf einmal still; aber schon Sekunden später wirbelten die Trommeln scharf, nervenzerreißend. Leroux’ kleine Trommeljungen mußten direkt beim Skylight stehen.
    Das Schiff erzitterte. Jedes Deck reagierte auf seine Weise und mit seinen eigenen Geräuschen; Trennwände wurden niedergelegt, Kisten und nicht benötigtes Schiffsgeschirr nach unten geschafft; jeder Geschützführer lief um seine Mannschaft herum wie die Henne um ihre Küken.
    Allday trat zurück und wischte das Rasiermesser ab. »In acht Minuten gefechtsklar, Sir. Mr. Veitch hat gelernt, wie Sie’s haben wollen.«
    Bolitho stand auf und ließ sich von Ozzard in den Galarock helfen. »Letztes Mal hat Captain Farquhar dem Gegner diese Ehre erwiesen«, sagte er, und ihre Augen trafen sich. »Nun noch den Degen.«
    Ozzard wartete, bis Allday das Koppel geschlossen hatte, stürzte dann wieder herzu und band Bolithos schwarzes Haar mit einer Schleife im Nacken zusammen.
    Bolitho mußte daran denken, wie Farquhar ihm damals vorgekommen war: wie ein Schauspieler.
    Wieder ertönten Rufe an Deck, das Scheuern von Riemen an der Bordwand – ein Boot legte an.
    Er blickte zu Allday hin – ob der wohl dasselbe dachte? Jetzt waren sie alle da: Herrick und Pascoe, Allday und er selbst. »Es wird Zeit«, sagte Bolitho.
    Er ging mit Allday durch die Zwischentür in die Hauptkajüte, wo statt Eßtisch und polierten Stühlen nur noch die nackten Planken, die finster lauernden Kanonen und ihre Bedienungen waren; dann weiter unter der Kampanje hervor in den schon heller werdenden Morge n hinaus.
    Am Fuß des mächtigen Besanmastes stehend, versuchte er, nicht an die Breitseite zu denken, die wie eine blutige Lawine das Heck der
Osiri
s

aufgerissen

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