Eine letzte Breitseite
seinen Kommodorewimpel bekommen hatte, mußte er sich eines solchen Luxus’ ein für allemal entsagen.
Gelassen sprach Allday weiter: »Als ich auf Ihr Schiff gepreßt wurde, hatte ich mir vorgenommen, bei der ersten Gelegenheit abzuhauen. Ich wußte genau, was auf Desertion steht, aber ich war fest entschlossen. Und dann, bei den Saintes, als uns die Kanonenkugeln so dicht um die Ohren flogen, daß man sich nicht einmal mehr auf den lieben Gott verlassen konnte, da habe ich mal nach achtern geschaut und Sie gesehen. Und da wußte ich, es gibt Kommandanten, die ein Herz für unsereinen haben, für uns arme Trottel, die für König und Vaterland auch noch hurra rufen sollen, wenn sie in die feindliche Linie segeln.«
»Ich glaube, Sie haben jetzt genug gesagt«, unterbrach Bolitho leise. Während Alldays Tirade hatte er den Kopf nicht erhoben.
»Nur Sie selber«, fuhr Allday fast verzweifelt fort, »Sie sehen das nie, Sir. Sie machen sich Sorgen um Käpt’n Herrick, oder was für Chancen wir gegen diesen oder jenen Feind haben, aber nie nehmen Sie sich Zeit, an sich zu denken.« Er riß sich zusammen, denn Ozzard, Bolithos Rock und Hut in Händen, kam durch die andere Tür hereingeschlichen. »Aber was vorbei ist, ist vorbei; es wird schon in Ordnung gehen.«
Bolitho stand auf; mit starren Augen, die nichts sahen, ließ er sich in den Rock helfen. Das Degenkoppel gab ihm Halt. Allday hatte von Anfang an, vielleicht schon als Herrick zum Flaggkapitän ernannt worden war, begriffen, wie die Dinge lagen.
»Ich gehe an Deck und begrüße die Kommandanten«, sagte er.
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Wiedersehen
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fügte er in Gedanken hinzu. »Danke, daß Sie –«, er blickte in Alldays vertrautes Gesicht –, »daß Sie mich erinnert haben.« Damit ging er hinaus.
Allday sah ihm nach und legte Ozzard den Arm um die Schulter.
»Bei Gott, nicht für ‘n Dutzend Mädels und einen Ozean voll Rum möchte ich seinen Posten haben!«
Ozzard grinste. »Den wird man dir auch kaum anbieten.«
An Deck war es noch hell. Die abendliche See hatte eine lebhafte Kräuselung bei langer flacher Dünung. Die drei Linienschiffe lagen mit killenden Segeln beigedreht und hatten ihre Boote ausgesetzt. Zu jeder anderen Zeit hätte Bolitho bei diesem Anblick das Herz im Leibe gelacht. Jetzt, als er auf der Kampanje stand und die beiden Boote in raschem Tempo auf die
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zukommen sah, war ihm zumute wie bei einem schweren Verlust.
Den Hut tief ins Gesicht gezogen, stand Herrick an der Leereling. Dicht neben ihm wartete Gilchrist, die Arme verschränkt, die dünnen Beine gespreizt, um die unregelmäßigen Bewegungen des Schiffes abzufangen. Spuren des Gefechtes waren kaum noch zu sehen: ein paar helle Stellen in den Planken, wo der Zimmermann und seine Maaten ihr Werk getan hatten; frische Farbe, wo etwas ersetzt worden war. Die Segel über dem geschäftigen Deck waren sauber geflickt. Nur schwer konnte man sich noch Pulverqualm und Kampfgetöse vorstellen.
Kaum wagte sich Bolitho auszumalen, was Herrick in diesem Moment dachte. Er mußte sehr stolz darauf sein, wie gut seine Mannschaft gekämpft und alles Schlimme hinterher verkraftet hatte. Noch vor ein paar Monaten hatten die meisten dieser tüchtigen Seeleute an Land gearbeitet, auf einer Farm, in der Stadt, mit mehr oder weniger Können und Erfolg, und hatten nicht entfernt daran gedacht, daß sie einmal auf einem Kriegsschiff dienen würden.
Es würde ihnen leid tun, daß ihr Kommandant von Bord ging. Besonders für die neuen Matrosen war Herrick so etwas wie einer von ihnen, in gewisser Hinsicht ein Anfänger wie sie selbst. Empfanden sie Bedauern oder Ärger, so mußte es sich gegen den Kommodore richten. Nun, damit würde er notfalls schon noch fertig werden, dachte er grimmig. Auf keinen Fall durfte das gute Andenken an Herrick durch diese Entscheidung beeinträchtigt werden, mochte sie nun richtig oder falsch gewesen sein.
Das erste Boot machte jetzt an den Rüsten fest. Es war Farquhar. Natürlich. Er stieg so elegant und schick durch die Fallreepspforte, als käme er von seinem Londoner Schneider. Als er grüßend den Hut zum Achterdeck hin lüftete, glitten seine Blicke gelassen über die angetretenen Marine-Infanteristen und ihre blinkenden Bajonette. Sein hellblondes Haar, im Nacken zusammengebunden, glänzte über dem Kragen wie blasses Gold.
Bolitho beobachtete ihn, wie er Herrick die Hand schüttelte. Wie schlecht die beiden zusammenpaßten!
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