Eine Liebe auf Korfu
auch in einem kleineren Boot begleiten?“
„Oh nein, mein Freund, in so einer Nussschale würde mich eine grässliche Seekrankheit heimsuchen. Außerdem bleibe ich lieber hier, in der Hoffnung, dass eine der jungen Damen bald herauskommen und mir die Zeit vertreiben wird. Gehen Sie nur, überlassen Sie mir das Feld.“
In moralischer Entrüstung zuckte der Butler zusammen, und Benedict lächelte. Um belanglosen Konversationen, Picknicks oder Poesielesungen im Schatten der Pinien zu entrinnen, hatte er beschlossen, ein Boot zu mieten. „Tun Sie Ihr Bestes“, bat er den Butler. „Wenn es hilfreich wäre, würde ich für den gesamten Aufenthalt in Paleokastritsa ein Boot mieten.“
„Sehr wohl, Mylord.“ Mit einer steifen Verbeugung entfernte sich der Diener.
Wieder an die Balustrade gelehnt, beobachtete Benedict, wie der würdevolle Butler auf der Sandstraße zu den Fischerhütten ging, gefolgt von einem griechischen Lakaien, der als Dolmetscher fungieren sollte.
„Alter Narr!“ Verächtlich kräuselte Zagrede die Lippen. „Meinen Dienstboten würde ich dieses Getue nicht erlauben. Ihr Engländer behandelt euer Personal viel zu nachgiebig, fast wie Familienmitglieder.“
„Und wie behandeln Sie Ihre Dienerschaft?“
„Als Teil meines …“, der Graf schwenkte eine Hand durch die Luft und suchte nach dem passenden englischen Wort, „… meines Clans. Die Leute dienen mir, kämpfen für mich, halten mir den Rücken frei und würden für mich sterben.“
„Dazu wären ranghöhere englische Dienstboten wohl kaum bereit. Wenn Sie das den jungen Damen erzählen, werden sie vor lauter Schreck in Ohnmacht fallen.“
„Keineswegs, sie würden es in vollen Zügen genießen“, erwiderte der Albaner grinsend. „Sie finden mich exotisch und romantisch. Sicher wären sie bitter enttäuscht, wenn ich sie nicht ein bisschen schockieren würden. Meinen Sie, ich sollte mir einen Schnurrbart wachsen lassen?“
„Da kann ich Ihnen keinen Rat geben.“
Der Butler kehrte zurück, einen Fischer im Schlepptau, der mit dem griechischen Lakaien verhandelte.
„Offenbar bekomme ich mein Boot“, meinte Benedict.
„Und eine offenbar ersehnte Gelegenheit, den jungen Damen zu entrinnen. Das verstehe ich nicht, mein Freund. Fühlen Sie sich etwa zu jungen Burschen hingezogen?“
„Natürlich nicht!“
„Das dachte ich mir. Manchmal beobachte sich Sie, wenn Sie mit den Damen plaudern. Sie mögen Frauen. Aber nicht diese – hübsche Mädchen, wohlerzogen, sittsam.“ Zag rede zwirbelte einen imaginären Schnurrbart. „Werden Sie daheim von einer Ehefrau erwartet, der Sie treu ergeben sind? Nein. Haben Sie ein Herz gebrochen? Ja. Erzählen Sie mir von ihr.“
Benedict starrte ihn an, dann seufzte er belustigt. Der Mann benahm sich völlig ungeniert. Aber er besaß einen entwaffnenden Charme. „Nun ja, es gibt jemanden“, gestand er, eher sich selbst als dem Albaner. „Was immer zwischen uns war – es hatte eben erst begonnen. Dann machte ich eine Dummheit. Und sie verschwand, bevor ich das in Ordnung bringen konnte.“
„Hier? Auf der Insel?“ Ehe Benedict antworten konnte, fuhr Zagrede fort: „Schon gut, Sie sind ein englischer Gentleman. Mehr wollen Sie mir nicht verraten. Und nun segeln Sie in Ihrem stinkenden kleinen Kahn davon. Inzwischen werde ich den jungen Damen erzählen, Sie würden die Einsamkeit suchen, um ein Liebesgedicht zu schreiben, das Sie ihnen am Abend vorlesen möchten.“
„Wenn Sie das tun, werde ich ihnen erzählen, Sie würden ihnen wundervolle albanische Liebeslieder vorsingen.“ Benedict wandte sich zu dem Butler, der zu ihm eilte, außer Atem, das Gesicht leicht gerötet.
„Genau das habe ich vor.“ Der Graf sank in den Liegestuhl zurück und schloss die Augen. „Mit dem größten Vergnügen, denn ich singe schöner als jede Nachtigall.“
8. KAPITEL
Mit nur einem Segel bestückt, glitt das kleine Boot erstaunlich schnell auf den Wellen dahin. Benedict kämpfte mit fremdartigen Tauen und Knoten. Dann lehnte er sich zurück und genoss die Fahrt.
Eine frische Brise zerzauste sein Haar, wehte aber nicht stark genug, um seine Segelkünste in ungewohnten Gewässern auf eine härtere Probe zu stellen. Zuversichtlich begann er die breite Bucht im Süden zu überqueren. Auf der anderen Seite würde er sicher ein kleines Dorf finden, wo er Käse, Brot und Oliven kaufen konnte, vielleicht auch eine Flasche Wein.
Bei dem Gedanken an den Wein erinnerte er sich an den harzigen
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