Eine Liebe auf Korfu
Bord.
„Oh, mein Gott, Alessa!“ Benedicts Atem stockte. Dann tauchte sie auf, schwamm auf die Küste zu, in die Richtung des Forts. Wie ein Fisch kann sie schwimmen, erinnerte er sich verzweifelt, während er aus dem Gehrock und den Schuhen schlüpfte. Aber sie ist angezogen – und all die Rüschen und Unterröcke … „Such ein Boot, Demetri, und sag dem Besitzer, ich zahle jeden Preis.“ Hastig hob er den Jungen auf das Pferd, tätschelte ihm die Kruppe, und es trabte davon. Dann stürzte er sich in die Wellen.
Jetzt sah er Alessa nicht mehr, und so wählte er einen Kurs, der die Strecke zwischen dem Handelsschiff und dem Fort kreuzen würde. Vom Schiff aus wurde ein Boot zu Wasser gelassen, in dem einige Männer saßen. Zweifellos gute, starke Ruderer. Entschlossen beschleunigte Benedict sein Tempo.
Obwohl das Blut in seinen Ohren rauschte, hörte er Schreie. Er hielt inne, trat Wasser und sah sich um. Nun hatte das Boot Alessa erreicht. Trotz ihrer verbissenen Gegenwehr zerrten die Männer sie aus dem Wasser. Wenigstens war sie bei Bewusstsein und konnte sich wehren. Nun schwamm Benedict auf das Schiff zu, das etwa hundert Yards entfernt ankerte. Noch mehr Geschrei, ein polterndes Geräusch … Benedict hob den Kopf und sah, wie die Besatzung den Anker lichtete. Und dann fielen die Segel von den Querstangen herab. Offensichtlich würde das Schiff auslaufen.
Seine Arme und Beine fühlten sich an, als wären sie mit heißen Drähten gefesselt, schmerzhaft presste sich der Atem durch seine Kehle. Wo zum Teufel blieb Demetri mit einem Boot? Zu spät …Während er Wasser trat, um den Kurs zu korrigieren, sah er, dass das Ruderboot, mit Alessa an Bord, das Schiff erreicht hatte. Ein Seemann kletterte die Strickleiter hinauf, etwas Weißes über der Schulter. Noch bevor sie das Boot hochgezogen hatten, gewann das Schiff an Fahrt und glitt aus dem Hafen, in die Richtung der Insel Vidos. Entmutigt ließ Benedict sich im Wasser treiben und hielt nach Alessa Ausschau. Aber man musste sie unter Deck gebracht haben.
„He! Halten Sie sich fest!“ Als er sich umdrehte, schlug ihm eine Welle ins Gesicht, und er spuckte Salzwasser aus. Sobald er wieder klar zu sehen vermochte, erkannte er Voltar Zagredes vertraute Züge. Ein Tau in der Hand, neigte sich der Albaner über den Bug eines Bootes, das zwei kräftiger Männer ruderten. „Glauben Sie etwa, Sie können nach Venedig schwimmen, mein närrischer Freund?“
Benedict packte das Seil und wurde an Bord gezogen. Erschöpft brach er auf den Bodenbrettern zusammen. Wie ein gestrandeter Fisch schnappte er nach Luft. Der Graf erteilte den Ruderern einen Befehl, und sie wendeten das Boot. „In diesem Schiff fährt Alessa davon“, würgte Benedict hervor. „Sie wurde mit einem tückischen Trick an Bord gelockt. Ohne die Kinder …“
„Ja, ich weiß. Der Junge hat es mir erzählt. Wollen Sie die junge Dame zurückholen?“ Der Graf warf ihm eine Plane aus Segeltuch zu. „Da, wickeln Sie das um die Schultern.“
„Natürlich will ich sie zurückhaben, verdammt noch mal!“
„Also gut, wir nehmen meine Schaluppe, die ist viel schneller als dieser plumpe Kahn von der Handelsmarine.“ Zagrede spuckte ins Meer und machte eine Bemerkung auf Albanisch, die seine Ruderer zum Lachen brachte.
„Das würden Sie tun?“ Fröstelnd zog Benedict die Segeltuchplane enger um seine Schultern.
„Gewiss. Eine junge Dame so hereinzulegen – das ist wirklich niederträchtig. Und es wird mich amüsieren, das Schiff zu verfolgen.“ In diesem Moment stieß das Boot gegen die Hafenmauer.
Ungeduldig ging Demetri am Kai auf und ab. Über seine schmutzigen Wangen zogen sich Tränenspuren.
Der Graf sprang an Land und packte den Jungen bei den Schultern. „Jetzt bringt der Earl dich zu der guten Frau zurück, die für dich sorgt, und du erzählst ihr, was geschehen ist. Deine Alessa wurde entführt, und wir werden sie retten. Nein! Schau mich bloß nicht so an! Wer wird deine Schwester beschützen, wenn du uns begleitest? Und Sie, mein Freund“, fuhr er fort, zu Benedict gewandt, „gehen anschließend in die Residenz und ziehen trockene Sachen an. Holen Sie Ihren Koffer, Ihre Waffen und kommen Sie möglichst bald zum venezianischen Hafen. Dann beginnt die Jagd.“ Voller Vorfreude rieb er sich die Hände. Sein Grinsen war geradezu wölfisch.
Obwohl Demetri heftig protestierte, gelang es Benedict, ihn in Kates Obhut zu geben.
„So eine gemeine Bande!“, schimpfte sie.
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