Eine Liebe auf Korfu
Degen.
Nein, um Gottes willen, zu melodramatisch … Sie würden das Handelsschiff einfach einholen, dem Kapitän erklären, Ms. Meredith befände sich gegen ihren Willen an Bord, und sie in zivilisiertem Stil auf die Schaluppe bringen. Bei dem Gedanken, er würde das Schiff wie ein Pirat entern, den Degen zwischen den Zähnen, lächelte er ironisch. Dann legte er die Waffe beiseite und stieg die Kajüttreppe hinauf.
„Ah, Sie haben passende Kleidung für die Reise eingepackt, mein Freund“, bemerkte der Graf.
„Ja, weil ich mich darin ungehindert bewegen kann.“ Benedict musterte die albanische Küste. „Wie nahe Ihre Heimat bei der Insel liegt, Voltar…“ Der Kanal war höchstens eine Meile breit.
„In der Tat, sehr günstig.“
Nach Benedicts Ansicht schien die Schaluppe nicht die Meerenge, sondern Albanien anzusteuern.
Eine Stunde später fand er seine Vermutung bestätigt. Die Schaluppe glitt in einen tiefen Meeresarm, steuerte einen verborgenen Hafen an, und die Besatzung holte das Großsegel ein. Am Kai, wo rege Geschäftigkeit herrschte, reihten sich Hütten und Werkstätten aneinander. Mehrere kleine Schiffe lagen vertäut.
„Einer meiner Häfen“, erklärte Zagrede beiläufig, während die Schaluppe festgemacht wurde.
„Warum halten wir hier an?“, fragte Benedict. „Müssen Sie Proviant an Bord holen?“
„Nicht nur das, mein Freund, wir wechseln das Schiff. Jetzt sind wir keine Kaufleute mehr.“
Nirgends entdeckte Benedict ein größeres Schiff, und es gab gewiss kein schnelleres. Die Männer kletterten in die Takelage und vertauschten die weißen Segel mit grauen, entfernten Planken an den Seiten und legten die bedrohlichen dunklen Öffnungen von Geschützpforten frei.
Als Zagrede mit den Fingern schnippte, hissten die Männer eine Flagge, die im lebhaften Wind flatterte. Benedict schaute nach oben und sah den Kopf eines Silberwolfs mit gefletschten Zähnen auf schwarzem Grund.
Verblüfft starrte er den Albaner an. „Ein Piratenschiff! Also sind Sie ein Pirat!“
„Ja, natürlich. Willkommen an Bord der Ghost .“
In klatschnassen Kleidern, würdelos verkrümmt, landete Alessa auf den Decksplanken und rang mühsam nach Atem. Allmählich ließ das Zittern ihrer Glieder nach, sie hob den Kopf und blickte sich um. Jemand hatte einen Umhang über sie geworfen. Über ihr flatterten die Segel, während das Schiff krängte und den Kurs änderte. Es segelte aufs offene Meer hinaus. Und die Kinder blieben an Land zurück, ohne zu ahnen, was ihr widerfuhr.
Sie versuchte sich zu erheben, eine Hand half ihr auf die Beine. „Arme Alexandra!“, seufzte Frances. „Alles in Ordnung?“
„Gar nichts ist in Ordnung“, erwiderte Alessa. Mit schmalen Augen musterte sie das hübsche, sorgenvolle Gesicht des Mädchens. Es fiel ihr schwer, mit ruhiger Stimme zu sprechen. Am liebsten hätte sie vor lauter Zorn geschrien. „Ich wurde entführt. Und die Kinder sind immer noch auf Korfu.“
„Niemand hat dich entführt. Glaub mir, das alles geschieht zu deinem Besten. Mama hat mich gewarnt und prophezeit, anfangs würdest du dich furchtbar aufregen.“ In sanftem Ton versuchte Frances ihre Cousine zu beschwichtigen. „Die Kinder wollten nicht mitkommen. Mama erzählte mir, sie habe alles getan, um sie dazu zu überreden. Aber sie schrien und weinten …“
„Unsinn“, fiel Alessa ihr ins Wort, „deine Mutter hat sich geweigert, Demetri und Dora mitzunehmen. Bring mich zum Kapitän.“
„Nein, meine Liebe.“ Lady Blackstone trat hinzu, von einem elegant gekleideten Gentleman begleitet, und lächelte verkniffen. „Da sehen Sie es, Dr. Cobb, meine bedauernswerte Nichte ist ganz durcheinander. Hoffentlich wird sie sich erholen, wenn sie etwas Ruhe hat. Keine Ahnung, was das Problem verursacht – vielleicht eine gewisse Labilität, ein Erbe ihrer Mutter … In London will ich sie einem Arzt anvertrauen, der auf hysterische Beschwerden spezialisiert ist. Keine Kosten werde ich scheuen, um dem armen Mädchen zu helfen.“
Alessa sah sich um. Inzwischen waren sie so weit hinausgesegelt, dass sie nicht mehr zurückschwimmen konnte. Wenn sie Widerstand leistete, würde sie die Reise hinter Schloss und Riegel verbringen, vielleicht sogar gefesselt. Anscheinend hatte Lady Blackstone dem Doktor eingeredet, ihre Nichte leide an einer seelischen Störung.
Mit einer bebenden Hand berührte Alessa ihre Stirn. „Ich … ich weiß nicht, was passiert ist …“, stammelte sie. „Bin ich
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