Eine Liebe fürs Leben
Bart’s Grundschule“, meldete sich die Kleine zu Wort. „In Mathe und Englisch bin ich die Klassenbeste“, fügte sie stolz hinzu. „Letzte Woche habe ich eine Eins bekommen!“ Sie schaute zu ihrer Mutter hinüber. „Das stimmt doch, Mum?“
Charlotte beobachtete, wie bei Riccardo allmählich die Erkenntnis dämmerte und er unaufhaltsam auf die richtige Schlussfolgerung zusteuerte. Er versteifte sich und betrachtete ganz genau Ginas Gesicht – das energische Kinn, die dunklen Locken und die braunen Augen. Dann zählte er eins und eins zusammen.
„Acht Jahre alt“, wiederholte er schließlich, wobei seine Stimme ungewohnt brüchig klang. „Und wann genau ist dein Geburtstag, Gina?“
„Gina, du gehst jetzt bitte auf dein Zimmer und räumst es auf … und als Belohnung …“ Charlotte griff nach der Tüte Süßigkeiten und drückte sie ihrer überraschten Tochter in die Hand. „Aber nur dieses eine Mal! Weil ich mich mit Riccardo unter vier Augen unterhalten muss. Also, wenn du mit Aufräumen fertig bist, dann kannst du … du kannst …“ Sie spürte, wie sich Riccardos Blick in ihren Rücken bohrte, und sie musste gar nicht zu ihm hinüberschauen, um zu wissen, was er von ihr dachte. „Du darfst mit dem Computer spielen!“ Dieses Thema war nicht ganz so hart umkämpft wie die Süßigkeitenfrage, dennoch durfte Gina nicht unbegrenzt vor dem Computer sitzen.
Die Kleine konnte ihr Glück kaum fassen und strahlte übers ganze Gesicht. Rasch verschwand sie nach oben, ehe ihre Mutter es sich wieder anders überlegen konnte, was Erwachsene ihrer Erfahrung nach ganz gern taten. Charlotte schloss die Tür hinter ihrer Tochter und lehnte sich kurz dagegen. Sie brauchte einen Augenblick, um sich zu sammeln und Kraft für die vor ihr liegende Auseinandersetzung zu schöpfen.
„Oh, mein Gott, bitte sag mir nicht, dass du schwanger warst … Dios! Sag mir, dass du nicht schwanger warst …“ Riccardo sprach mit flacher, fassungsloser Stimme. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, dass man ihm einen Schlag in die Magengrube verpasst hatte, der ihn regelrecht taumeln ließ. Er sank auf das nächstbeste Sofa und schlug die Hände vors Gesicht.
„Riccardo, hör mir zu“, begann Charlotte unsicher. „Ich wollte nicht, dass du es auf diese Weise erfährst.“ Sie ging ein paar Schritte auf den Sessel zu, doch da hob Riccardo den Kopf und schaute sie voller Verachtung an.
„Was du damit sagen willst, ist, dass ich es überhaupt nie erfahren sollte!“ Das kleine dunkelhaarige Kind, das er lediglich mit schwacher Neugier betrachtet hatte, war sein eigen Fleisch und Blut! Riccardo spürte, wie ihn eine gewaltige Welle des Zorns erfasste. Er musste mehrmals tief durchatmen, weil er sonst vermutlich um sich geschlagen hätte.
Was ihm natürlich auch nicht weiterhalf. Sein Verstand arbeitete bereits auf Hochtouren und suchte fieberhaft nach einer Art und Weise, wie er diese unfassbare Situation handhaben sollte.
Charlotte sagte nichts. Allmählich machte er ihr Angst – nicht weil sie glaubte, er könnte körperliche Gewalt anwenden, sondern weil in seinem Blick eine Kälte lag, die mehr als bedrohlich wirkte. „Du verstehst das nicht!“, verteidigte sie sich.
„Warum klärst du mich dann nicht auf?“
Sie erkannte sofort, dass er es gar nicht verstehen woll te. Er war nicht wirklich bereit, sich ihre Erklärungen anzuhören. Dennoch hatte sie nicht vor, sich stumm seinen Vorwürfen auszusetzen. Vorsichtig setzte sie sich auf den Sessel.
„Als ich Italien verlassen habe, hatte ich keine Ahnung, dass ich schwanger war“, begann sie gepresst. „Wir waren doch so vorsichtig … nur die wenigen Male … Nun ja, das hat gereicht.“
„Aber als du es dann herausgefunden hast, da hast du entschieden, dass ich es nie erfahren sollte“, bemerkte Riccardo kalt.
„Du hattest mehr als deutlich gemacht, dass ich für dich nur eine flüchtige Affäre war. Das Letzte, was du wolltest, war eine klammernde Freundin und lebenslange Verantwortung für ein Kind!“
„Mein eigenes Kind.“ Er versuchte, diese Tatsache zu begreifen, doch es gelang ihm einfach nicht. „Wie kannst du es wagen, dazusitzen und mir zu erzählen, was ich gewollt oder nicht gewollt hätte, wenn es um mein eigenes Fleisch und Blut geht!“
„Und wie kannst du es wagen, dazusitzen und so zu tun, als hätte ich es aus bewusster Grausamkeit heraus getan!“, versetzte Charlotte heftig. Sie warf einen raschen Blick auf die
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